Christine Bortenlänger

Aktien für Dummies


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keine Insiderinformationen vorliegen, Aktien kaufen und verkaufen. Gerade der Vorstand und die Führungsebene werden oftmals auch in Form von Aktien entlohnt und bauen so ihre Bestände aus. Schon um ihr Vermögen nicht zu sehr in einem Unternehmen gebunden zu haben und damit der wichtigsten Anlegerregel, einer möglichst breiten Streuung des Vermögens, nicht zuwiderzuhandeln, müssen sie hin und wieder Verkäufe tätigen. Aber im Gegensatz zu anderen Anlegern müssen sie ihre Käufe und Verkäufe an die große Glocke hängen, das heißt öffentlich bekannt machen. Inzwischen, muss man sagen, denn in Deutschland gibt es diese Verpflichtung erst seit dem 1. Juli 2002, als sie mit § 15 des Wertpapierhandelsgesetzes eingeführt wurde. In den USA ist dies hingegen seit den 1930er-Jahren gängige Praxis und Verpflichtung. Und weil sie aus den USA kommt, hat sie bisher keinen deutschen Namen: Diese Veröffentlichungspflicht von Insidergeschäften nennt sich Directors’ Dealings.

      

Melden müssen den Handel, egal ob Kauf, Verkauf, Schenkung oder Vererbung, die Insider ab einer Freigrenze von 5.000 Euro pro Jahr. Die vorsätzliche oder leichtfertige Verletzung der Mitteilungspflicht ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro belegt werden kann.

      Der Zwang zur Quartalsberichterstattung mit der Sorge vor einem möglichen »Abwatschen« des Kapitalmarkts führe zu einer nur auf kurzfristigen Erfolg ausgerichteten Unternehmenspolitik, so die Kritik an der Quartalsberichterstattung. Allerdings – manchmal sind die Firmenlenker (Manager) noch viel mehr auf kurzfristigen Erfolg (Karrieresprung, Boni) aus als die Aktionäre! Besonders schwierig sind Quartalsberichte für Unternehmen, die sehr abhängig von saisonalen Schwankungen sind. Erfahrene Anleger können das aber gut einschätzen.

       Gut sein und gut anlegen

      Nach so viel Müssen müssen zum Wohle und Interesse der Anleger schaffen Unternehmen auch zunehmend freiwillig Transparenz. Eine – gerne auch marketinggerecht in großen Anzeigen propagierte – Hinwendung gerade zu ökologischen Themen ist unverkennbar. Natürlich nicht aus Altruismus, sondern weil sie im harten Konkurrenzkampf zu anderen Anlageformen und interessanten Aktiengesellschaften Anleger von sich überzeugen wollen. Denn es wandeln sich nicht nur Unternehmen, Produkte und Managementphilosophien, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes. Die Anforderungen der Verbraucher steigen. Wer sich genauestens informiert, wo und mit welchen Mitteln seine Lebensmittel hergestellt wurden, und bereit ist, für Güte, Qualität und möglichst wenig unnatürliche Zusatzstoffe einen höheren Preis zu entrichten, der will auch ganz genau wissen, was das Unternehmen und dessen Lieferanten so treiben, in das er sein Geld investiert. Viele Unternehmen haben diesen Trend erkannt und veröffentlichen nicht nur einen Geschäftsbericht mit den harten Fakten und einem seit 2017 verpflichtend vorgeschriebenen Nachhaltigkeitsbericht als separatem Bestandteil. Außerdem muss die »Nichtfinanzielle Erklärung« in den Lagebericht und kann Teil des Nachhaltigkeitsberichtes sein. Zusätzlich veröffentlichen sie eigene Nachhaltigkeitsberichte und/oder Corporate-Social-Responsibility-Reports – der Unterschied der beiden Reports ist fließend.

      Da es gerade unter den kleineren professionellen Anlegern viele gibt, die auch nach sozialen Gesichtspunkten investieren (müssen), wie etwa Stiftungen, Kirchen oder Vereine, spielen diese Veröffentlichungen eine durchaus zentrale Rolle. Diese professionellen oder institutionellen Anleger unterscheiden sich von Privatanlegern in der Regel durch die Höhe ihres Anlagevolumens, das eher im mehrstelligen Millionenbereich angesiedelt ist, und dadurch, dass sie für Dritte anlegen, also gegenüber ihren Auftraggebern jederzeit Rechenschaft ablegen müssen. Nach einer Untersuchung von PricewaterhouseCoopers (PwC) legen inzwischen 87 Prozent der Dax-Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte vor. Ob und inwieweit diese tatsächlich gelesen werden und einen signifikanten Beitrag zur Kaufentscheidung von Aktien leisten, ist allerdings umstritten. Der Aufwand ist auf jeden Fall hoch – und der Papierverbrauch leider auch.

       Einfach nur Aktien – das ist nicht so einfach

      Jetzt haben Sie über Aktiengattungen und Kapitalerhöhungen, Fusionen und feindliche Übernahmen und Anlegen mit gutem Gewissen und viele andere Dinge gelesen und denken vielleicht: Was soll das alles? Ich wollte doch einfach nur wissen, was es mit Aktien auf sich hat! Eine durchaus berechtigte Reaktion. Aber das ist genau das Problem, obwohl uns das Wort »Problem« in diesem Zusammenhang nicht gefällt: Wer Aktien kauft, beteiligt sich direkt an Unternehmen und damit aktiv am Wirtschaftsleben.

      Während Sie vormals völlig gelassen über gigantische Übernahmeschlachten – verzeihen Sie die militaristische Wortwahl, es wird nicht wieder vorkommen – in Ihrer Zeitung lasen, fiebern Sie jetzt mit, weil Sie die Aktien des einen Konzerns im Depot liegen haben. Eine kleine Notiz, dass ein Unternehmen der Börse Adieu sagte, ließ Sie bisher völlig kalt, lieber lasen Sie im Feuilleton über eine missglückte Theateraufführung in einer 500 Kilometer entfernten Stadt. Ganz anders wird es sein, wenn Sie erst einmal Aktien eines solchen Unternehmens besitzen. Wer Aktien kauft, muss sich informieren – und es sollte ihm wenigstens einigermaßen Freude bereiten. Das Interesse kommt mit dem Wissen, heißt es. Es gibt Fachleute, die behaupten, dass es viel zu teuer sei, eine breite Bevölkerung mit dem notwendigen Finanzwissen vollzupumpen, sodass diese sich selbst um ihre Finanzen und Altersvorsorge kümmern können. Wozu gäbe es schließlich Spezialisten; wer krank sei, gehe schließlich auch zum Arzt und bilde sich nicht selbst zum Chirurgen aus.

      Der Vergleich hinkt, nicht nur weil er aus der Medizin stammt. Erstens schadet es nicht, sich vor und nach einem Arztbesuch zu informieren, um besser zu verstehen, was einem eigentlich fehlt und was warum gemacht wird. Zweitens sollen Sie Aktien kaufen und kein Unternehmen lenken, Sie brauchen also kein Diplom in Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft, in Controlling und Investmentbanking. Aber ein paar grundlegende Dinge, wie Wirtschaft funktioniert, sollten Sie wissen und vor allem eines nie verlieren: Ihren gesunden Menschenverstand. Solchermaßen gerüstet könnten Sie überlegen, wo Sie Aktien kaufen können – nachdem Sie jetzt einen ungefähren Überblick haben, was sich damit verbindet. Und damit zum nächsten Kapitel gehen.