Ich habe bereits 2017 während meines Masterstudiums „Interkulturelle Personalentwicklung und Kommunikationsmanagement“ am Fraunhofer IOF als wissenschaftliche Hilfskraft im Bereich Personalentwicklung angefangen. Im Anschluss an meine Masterandinnentätigkeit in der Strategieabteilung trieb ich hauptberuflich innovative Projekte voran, forschte gleichzeitig empirisch und gehörte, wie Reinhold und Mareike, zum Stab des wissenschaftlichen Direktoriums. Im Juli 2020 brach ich dann zu neuen Ufern ins Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung (MIL) des Landes Brandenburg auf. Dort arbeite ich als Referentin für Personalentwicklung an Konzepten, aber auch an konkreten Instrumenten und Maßnahmen für eine wertschätzende Betreuung der Beschäftigten. Diese beginnt bereits im Bewerbungsprozess und endet ... eigentlich nie. Selbst für unsere Alumni organisieren wir noch Weihnachtsfeiern.
Sowohl die Zeit beim Fraunhofer IOF als auch meine neue Stelle im MIL haben meinen Blick auf die zentralen Aspekte in diesem Buch geprägt: Teamarbeit, Wertschätzung, Interesse und Respekt vor Menschen und Interesse an ihrer Perspektive. Selbst beim Bearbeiten von Personalstatistiken in Einrichtungen mit mehreren hundert Beschäftigten sollte immer klar sein: Hier handelt es sich um Menschen und keine Arbeitskapazitäten. Menschen haben Bedürfnisse und Beweggründe, die wir herausfinden und transparent machen müssen. Nur so können wir verstehen, was die Menschen um uns herum wirklich anund umtreibt und wie wir dementsprechend handeln sollten. Diesen empirisch geprägten, auf echtem Interesse an Menschen fußenden Ansatz aus meinen Forschungsaktivitäten mit Reinhold und Mareike habe ich verinnerlicht und wende ihn in verschiedensten beruflichen und privaten Kontexten an.
Meine Empfehlung als Teamentwicklerin ist daher klar: Fragt, hört zu und fragt weiter nach! Jedes Team ist individuell, jedes Teammitglied ist individuell und jede Situation ist es auch. Daher nehmt nichts einfach so als gegeben hin, sondern versucht, die Situation und vor allem die Menschen darin zu verstehen. Statt einfach stur Konzepte und Tools anzuwenden, hilft es oft mehr, durch Fragen und intensives Interesse mit bestimmten Konzepten und Ideen im Hinterkopf das Zusammenspiel und die Dynamiken im Zusammenleben und in der Zusammenarbeit ersichtlich zu machen und daran zu arbeiten.
Einleitung
# Motivation
Wir möchten Teams dabei unterstützen, Räume für bewusste Zusammenarbeit zu schaffen. Diese Räume sollen den Teammitgliedern die Möglichkeit geben zu reflektieren, sich weiterzuentwickeln und gemeinsam zu wachsen.
Das Herzstück unseres Buchs bildet das Team – und das in all seiner Vielfalt. Wir richten uns demnach nicht nur an Teamleitungen, sondern auch an die einzelnen Teammitglieder. Die Teamentwicklung liegt in der Hand des ganzen Teams, denn alle sitzen in einem Boot. Die Führungskraft hat jedoch besonders die Möglichkeit, Entwicklungsprozesse im Team voranzutreiben: Über ein aktiv gelebtes Vertrauen in die Mitarbeitenden, das bewusste Übernehmen und auch Abgeben von Verantwortung sowie das Einnehmen einer Vorbildfunktion können wertvolle Grundsteine für die wertschätzende Teamentwicklung gelegt werden. Unser Führungsverständnis findet sich an verschiedenen Stellen in den einzelnen Kapiteln wieder.
Auch wir als Verfasser:innen sind ein eingespieltes Team. Im Rahmen unseres gemeinsamen Arbeitskontextes bei Fraunhofer sowie durch Überschneidungen beim Masterstudium kennen wir uns schon einige Jahre. Gemeinsam haben wir Projekte in den Bereichen Innovationszusammenarbeit, Feedback-Communities und New Work betreut und uns der praxisnahen Forschung verschrieben. In all unseren Projekten gehen wir werteorientiert vor. Zu unseren wichtigsten Werten gehören Empathie, Wertschätzung, eine menschen- und anwendungsorientierte Handlungsweise, Kreativität, Anerkennung von Vielfalt sowie die Offenheit für Neues. Daher nutzen wir den wertschätzenden, auf positiver Psychologie basierenden Ansatz der Appreciative Inquiry (AI), um die Vielfalt an Ressourcen für eine bewusste Zusammenarbeit im Team transparent und nutzbar zu machen.
Wichtig ist uns, dass jedem Team und jedem Teammitglied bewusst ist, welche Ziele aktuell verfolgt werden: Sind diese inhaltlicher Art, also arbeitet das Team in der Organisation? Sind diese aktuell eher organisatorischer Art, also arbeitet das Team an der Organisation? Allen Teammitgliedern beziehungsweise Teilnehmenden an Teambesprechungen sollte das Ziel dieser Zusammenkunft sowie ihre Rolle darin transparent sein. Daran arbeiten wir mit unserem Buch. Wir wollen Brücken bauen, um uns selbst und die Menschen um uns herum in unserem Zusammenwirken besser zu verstehen.
Dieses Buch bietet theoretisch fundierte und zugleich praxisnahe Einblicke in verschiedene Konzepte, mithilfe derer wir die Zusammenarbeit im Team menschlicher und effektiver gestalten können. Jedes Konzept wird von einem Interview begleitet, das wir zum jeweiligen Thema mit einer ausgewählten Expertin oder einem Experten aus unserem persönlichen Netzwerk geführt haben. Unser Anspruch ist es, abstrakte Konzepte verständlich darzustellen und diese in die Anwendung zu bringen. So wird das „Wie?“ in jedem Kapitel stets mitgedacht: von der abstrakten Ebene hin zur Umsetzung. Wir bieten eine Sammlung leicht zugänglicher Werkzeuge, um den Teamalltag wertschätzender zu gestalten. Dabei berücksichtigen wir sowohl analoge als auch digitale Formate und bewegen uns in vielen verschiedenen Arbeitskontexten, behalten jedoch stets den Fokus auf der Teamebene. So erhält jede:r Einzelne sowie jedes Team eine Hilfestellung, um die Herausforderungen der komplexen Gegenwart und Zukunft meistern zu können. Der aktuell großen Herausforderung einer weltweiten Corona-Pandemie wird dabei ebenso Rechnung getragen wie den Megatrends unserer Zeit.
Wir verstehen dieses Buch als zeitlosen und gleichzeitig zeitbewussten Impulsgeber. Das heißt, wir sind uns dem Entstehungskontext des Buches mitten in der Corona-Pandemie bewusst. Gleichzeitig sind die Konzepte und Werkzeuge nicht an einen (zeitlichen) Kontext gebunden und können von verschiedensten Personen zu jedem Zeitpunkt genutzt werden.
# Digitalisierung
Einem Megathema widmen wir besondere Aufmerksamkeit: der Digitalisierung. Die Corona-Pandemie wurde zum Treiber der Digitalisierung von Arbeitsprozessen und in der Teamzusammenarbeit. Unter der Maßgabe, Kontakte zu reduzieren, lernten wir mobiles Arbeiten in unserem Organisationsalltag kennen. Die Anwendung digitaler Werkzeuge wurde zur Notwendigkeit für eine gelingende Zusammenarbeit. Gleichzeitig führte diese neue Arbeitsweise auch zu mehr Flexibilität und Selbstbestimmung in der Arbeitserbringung. Die Möglichkeiten einer digitalen Zusammenarbeit werden auch nach der Corona-Krise weiter gefestigt werden. Mit der diesbezüglichen Veränderung der Arbeitskultur spielt sich die Teamarbeit auch zukünftig in einer Hybris zwischen digitalen und analogen Formaten ab. Diesem Umstand tragen wir Rechnung mit praktischen Anwendungshinweisen für sowohl digitale als auch analoge Formate. Beide Umsetzungsarten bieten Vor- und Nachteile, sodass wir in diesem Buch versuchen, das Beste aus beiden Welten zu vermitteln. Ein wichtiger Aspekt digitaler Zusammenarbeit betrifft die zunehmende Flexibilität, welche sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben kann. Daher thematisieren wir bewusst Konzepte, die die Entgrenzung von Arbeit und Freizeit im Team geringhalten, und thematisieren die für das gesamte Team notwendigen Kompetenzen für eine erfolgreiche hybride Zusammenarbeit.
Mit diesem Buch möchten wir vor allem eins: positive Energie freisetzen und neue Impulse geben für eine Teamentwicklung, die Individuen gerecht wird und Wunder der Zusammenarbeit ermöglicht. Viel Freude beim Lesen!
# Drei Einflussfaktoren einer wertschätzenden Teamentwicklung
Die wertschätzende Teamentwicklung ist ein äußerst vielfältiges Phänomen. Wir möchten für dieses Buch zumindest drei zentrale Einflussfaktoren verorten, die wir als Gestaltungsparameter verstehen.
(1) Positive Kraft (Haltung)
Wertschätzung heißt auf das zu blicken, was an Positivem da ist, und nicht auf das, was fehlt. In einer Teamentwicklung liegt der Fokus auf Talenten, positiven Charaktereigenschaften oder Interessen, die wir ins Team als Ressourcen mitbringen. Teamgestalter:innen fördern diese Ressourcen, um Teampotenziale zu heben. Das Vorgehen unseres Ansatzes ist grundsätzlich wertschätzend, weil es bereits vorhandene Schätze