Walter Brendel

Skandale beim Fußball in Deutschland


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gefordert. So hat sich nun auch Franz Becken-bauer in den Kreis der Befürworter für die Öffnung des Sportwettenmarktes für private Anbieter eingereiht: „Man sollte den Markt für seriöse, lizenzierte Anbieter öffnen", sagte er in einem Interview. „Legale Anbieter setzen Limits für Einsätze und Höchstgewinne. Um mitzuspielen, muss man sich ausweisen. So herrscht mehr Transparenz."

      Betrug ist allerdings nicht die einzige Schattenseite des Wettens. Wo gezockt wird, ist auch die Sucht nicht weit, bis zu 300 000 Betroffene soll es nach Schätzung des Fachverbands Glücksspielsucht bundesweitgeben. Noch sind es die Automaten, denen die meisten Spielsüchtigen verfallen. Doch auch Sportwetten stehen weit oben.

      Die klassischen Zocker sind dabei junge Männer. „Das Mitfiebern macht Sport wetten so reizvoll", weiß Diplompädagogin Lena Zielke, die im Cafe „Beispiellos“ in Berlin Kreuzberg, einer Einrichtung der Caritas, Spielsüchtige berät, „Zudem handelt es sich hier um Spiele mit relativem Kompetenzanteil, das heißt, die Spieler glauben, durch ihr Fachwissen, zum Beispiel über Fußball, die Wetten einschätzen zu können."

      Bei einer Sportwette wird auf das Eintreffen eines bestimmten Sportergebnisses gesetzt. Wie viel man gewinnen kann, bestimmt die Quote. Sie ist der Faktor, mit dem der Einsatz des Wett-Teilnehmers bei Gewinn multipliziert wird. Ist die Quote zum Beispiel 2,3 und hat der Spieler 10 Euro gesetzt, hat er 23 Euro gewonnen. Festgelegt wird die Quote vom Buchmacher, wofür er viele Umstände abwägt. Bei einer Fußball-Wette sind das etwa die Motivation der Mannschaft, in welcher Form die Spieler sind, die Ergebnisse bisheriger Spiele und Ähnliches. Danach legt er die Wahrscheinlichkeit jedes möglichen Spielausgangs fest, also beispielsweise Sieg: 40 Prozent, Unentschieden: 35 Prozent, Niederlage: 25 Prozent. Nach diesen Prozentwerten berechnet er dann nach einer speziellen Formel die Quote.

      Eine international arbeitende Bande soll nun in insgesamt neun europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, Fußballspiele manipuliert haben, um auf diese Weise Wettgewinne in zweistelliger Millionenhöhe zu erzielen. Wie die Ermittler bekannt gaben, wird den Tätern zur Last gelegt, „sich zumindest seit Beginn des Jahres 2009 zusammengeschlossen zu haben, um auf Sportler, Trainer, Schiedsrichter, und Offizielle aus hochrangigen europäischen Ligen dahingehend einzuwirken, gegen unterschiedlich hohe Entgelte Ausgänge von Fußballspielen im Interesse der Täter zu beeinflussen“. Der Schwerpunkt der Ermittlungen verfolge den Vorwurf gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, sagte Staatsanwalt Andreas Bachmann, der die Ermittlungen leitet. „Teilweise geht es auch um Verabredung zum Verbrechen.“

      Der Staatsanwaltschaft sind bisher etwa zweihundert Begegnungen im In- und Ausland aufgefallen, bei denen konkret der Verdacht besteht, dass es zu versuchten und vollendeten Manipulations- oder Betrugshandlungen gekommen ist. Der Arm des Verbrechens reicht offenbar bis in die bedeutendsten Klubwettbewerbe des europäischen Fußballs. So sollen mindestens drei Spiele der Champions League betroffen sein und sogar zwölf Partien der in dieser Saison neu eingeführten Europa League.

      Peter Limacher, Leiter der Disziplinarabteilung der Europäischen Fußball-Union (Uefa), sprach in Bochum vom „bisher größten Skandal dieser Art im europäischen Fußball“. Darüber, ob Spiele der aktuellen Wettbewerbe wiederholt werden müssen, wollte Limacher „nicht spekulieren“. Der Uefa-Funktionär zeigte sich zufrieden über den Verlauf der Ermittlungen und über die Zusammenarbeit mit den Behörden, aber auch „zutiefst betroffen über das Ausmaß abgesprochener Spielmanipulationen internationaler Banden“.

      Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte am 19. November 2009 mitgeteilt, das Frühwarnsystem des DFB und der Uefa für die Überwachung des Wettmarktes habe keine Beweise für etwaige Spielmanipulationen geliefert. Die Uefa hatte die Nationalverbände vor dem Termin in Bochum nicht informiert. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind auch vier Partien der zweiten Bundesliga, drei Spiele der dritten Liga und achtzehn Begegnungen der Regionalliga betroffen. Außerdem sind Profispiele aus der Türkei, der Schweiz, Belgien, Kroatien, Slowenien Ungarn, Bosnien und Österreich Gegenstand der Ermittlungen. Näheres wollte die Staatsanwaltschaft nicht sagen, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden.

      Gegen zwei deutsche Klubs liegen nach Medienberichten konkrete Verdachtsmomente vor, gegen den VfL Osnabrück und den SSV Ulm. Nach Informationen der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sollen Profis des Zweitliga-Absteigers VfL Osnabrück in die Affäre verstrickt sein. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt demnach einen 34-jährigen Mann aus Lohne, zwei Begegnungen des VfL in der vergangenen Zweitliga-Saison mit Hilfe von Osnabrücker Spielern manipuliert zu haben. Der Mann soll bereits verhaftet worden sein - wie mehr als ein Dutzend weiterer Verdächtiger, gegen die nach Angaben der Behörde Haftbefehle vollstreckt wurden.

      Angeblich geht es um die beiden Auswärtsspiele der Niedersachsen beim FC Augsburg (0:3) am 17. April 2009 und beim 1. FC Nürnberg (0:2) am 13. Mai. Der 34-Jährige hatte, so die Staatsanwaltschaft, hohe Summen auf die beiden Partien gesetzt und sich dabei auf eine Tordifferenz festgelegt, die dann tatsächlich eintrat. Aus abgehörten Telefonaten der Polizei Bochum gehe hervor, dass der Verdächtige Kontakt zu mindestens einem VfL-Spieler aufgenommen habe. „Wenn das stimmt, wäre das eine Katastrophe - das könnte dann ein Grund für den Abstieg gewesen sein“, sagte der Osnabrücker Vereinspräsident Dirk Rasch. Die Ulmer sollen über ein Privatspiel gegen Fenerbahce Istanbul verwickelt sein. Im Zuge der mutmaßlichen Betrügereien seien zehn Millionen Euro ausgezahlt worden, „aber das ist wohl nur die Spitze des Eisbergs“.

      In der Pressemitteilung heißt es: „Seit etwa einem Jahr wird unter der Leitung der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität durch das KK 21 - Dienst-stelle zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität - des Polizeipräsidiums Bochum gegen eine international agierende Bande wegen des Verdachts der fortgesetzten gewerbsmäßigen Begehung von Betrugsstraftaten ermittelt. Der Tätergruppierung wird zur Last gelegt, sich zumindest seit Beginn des Jahres 2009 zusammengeschlossen zu haben, um auf Sportler, Trainer, Schiedsrichter und Offizielle aus hochrangigen europäischen Fußballligen gegen unterschiedlich hohe Entgelte dahingehend einzuwirken, Ausgänge von Fußballspielen im Interesse der Täter zu beeinflussen. Für den Fall der Bereitschaft zu Spielmanipulationen setzten die Führungspersonen auf verschiedenen Wegen hohe Bargeldbeträge auf entsprechende Spielaus-gänge bei europäischen und asiatischen Wettanbietern. In Unkenntnis der vorher verabredeten Manipulationen zahlten die jeweiligen Wettveranstalter neben dem Einsatz auch die betrügerisch erlangten Gewinnsummen an die Mitglieder der Bande aus. Auf diese Weise erlangte die Täterorganisation Wettgewinne in Höhe von mehreren Millionen Euro.“

      In Deutschland wären davon 4 Spiele der 2. Bundesliga, 3 Spiele der 3. Liga, 18 Spiele der Regionalligen, 5 Spiele der Oberligen und 2 Spiele U19 betroffen. Am 19.11.2009 wurden auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bochum 15 Haftbefehle im Inland vollstreckt und mehr als 50 Durchsuchungsbeschlüsse in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, 5 der Schweiz, Österreich und Großbritannien vollzogen. Zudem erfolgten zwei weitere Festnahmen in der Schweiz durch die dortigen Behörden. In Deutschland lagen die Schwerpunkte der Festnahmen in Berlin, Nürnberg und dem Ruhrgebiet.

      Bei den durchgeführten Maßnahmen wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt, dass einer detaillierten Auswertung bedarf, die noch geraume Zeit in Anspruch nehmen wird. Daneben wurden Bargeld und Vermögenswerte in Höhe von mehr als einer Million Euro gesichert. Auch ein Spieler des Fußball-Sechstligisten Würzburger Kickers wurde von der Polizei vorläufig festgenommen. Der Verein erklärte auf seiner Homepage, dass man mit Bestürzung auf die Information aus dem privaten Umfeld des Spielers reagiert habe. Der umgehend suspendierte Akteur sei bereits in einen früheren Wettskandal verwickelt gewesen, erklärte Pressesprecher Peter Neuberger.

      Der Spieler habe damals auf Bitten eines asiatischen Wettbetrügers einen anderen Spieler gebeten, bewusst schlecht zu spielen, was dieser aber abgelehnt habe. Er sei zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Diese sei bei seiner Verpflichtung offen diskutiert worden, man habe ihm als Fußballer eine zweite Chance geben wollen. Nach weiteren Informationen sollen zudem Haftbefehle für zwei involvierte Spieler zunächst überprüft, dann aber nicht erlassen worden sein.

      Die mutmaßliche Tätergruppe um die festgenommen Drahtzieher aus dem Hoyzer-Skandal (siege dazu unser nächstes Kapitel), Ante und Milan