Allie Kinsley

Fire&Ice 11 - Matthew Fox


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Sie zeigte es nie jemandem, so war sie niemals angreifbar.

      Um sich Zeit zu verschaffen, nahm sie scheinbar genüsslich noch einen Schluck Wein.

      Dann legte sie den Kopf schief und musterte ihn noch einmal eindringlich.

      Äußerlich so lecker … Schade, dass er so ein Arsch ist!, dachte sie und freute sich auf ihre Antwort.

      "Wenn man den Rest deines Körpers so ansieht, sollte man nicht meinen, dass du Angst hast."

      Er zog eine Augenbraue nach oben und machte mit dem Ausdruck auf seinem Gesicht ihrer Mutter beinahe Konkurrenz.

      "Angst?"

      "Dass dein Schwanz mit seinem nicht mithalten könnte."

      Seine Augen weiteten sich, und bevor er ihren Triumph mit irgendeiner Antwort zunichte machen konnte, stand sie auf und ging mit ihrem Wein zurück in das Lager der Setarips.

      Sie würde sich für heute lieber in ihr Zelt zurückziehen und ein wenig früher schlafen.

      Das waren eindeutig zu viele Tiefschläge für einen Abend. Es würde ein wenig dauern, bis sie die Abscheu in seinem Blick verarbeitet hatte, aber sie würde weiter lächeln.

      Wie immer.

      2 Doppelhochzeit

      Drei Jahre später

       ZOEY

      Zoey stand vor dem großen, bodentiefen Spiegel in ihrem Hotelzimmer und betrachtete ihr Werk.

      Sie sah gut aus. Zumindest in ihren eigenen Augen. Sowohl ihre Mutter als auch ihr Coach und vermutlich John hätten bestimmt etwas auszusetzen.

      Aber dennoch. Ich sehe gut aus!, versicherte sie ihrem Spiegelbild lächelnd.

      Sie war groß, beinahe einen Meter achtzig und schlank. Eben genau so, wie sie es für ihre Laufstegkarriere brauchte.

      Sie trug Kleidergröße Zero, und doch gab es die ein oder andere Stelle, an der es weniger sein könnte, wenn man ihren Designern glauben durfte. Die jammerten regelmäßig über ihre Oberweite und ihren Hintern.

      Sie schüttelte den Kopf und widmete sich wieder ihrer eingehenden Musterung.

      Es ging nur um heute. Es ging nur darum, ob sie so auf die Doppelhochzeit von Maya, Shane, Sky und Ryan gehen konnte, nicht darum, ob sie für gewöhnlich dem Standard genügte.

      Das tat sie sowieso nicht, also lohnte es sich nicht, sich deshalb den Abend versauen zu lassen.

      Sie zupfte am oberen Rand ihres roten, bodenlangen Kleides, um das Dekolleté gerade zu richten.

      Das Kleid war wunderschön. Schmal geschnitten, figurbetont, mit freien Schultern und aus weicher, angenehm kühler Seide.

      Ihre langen, blonden Haare hatte sie kunstvoll hochgesteckt. Das dezente Makeup genau so aufgelegt, wie sie es schon tausend Mal bei ihren Visagisten beobachtet hatte.

      Ihren langen, schmalen Hals zierte eine feine Platinkette mit kleinen Diamanten, die sie von John zum Geburtstag bekommen hatte.

      John. Sie waren seit beinahe zwei Jahren wieder ein Paar. Sie hatten es auch früher schon immer wieder miteinander versucht. Bei ihrer letzten Trennung vor knapp drei Jahren dachte sie, dass es endgültig aus sei.

      Aber ihre Mutter hatte sie immer und immer wieder bedrängt, bis sie schließlich nachgegeben hatte und es noch einmal mit ihm versuchte.

      Für ihre Mutter war John schon immer der ideale Schwiegersohn gewesen.

      Erfolgreich und aus einer guten Familie. Genau das, was Zoey, ihrer Meinung nach, nach ihrer Modelkarriere brauchte.

      Dieses Mal war es leichter und schwerer zugleich, mit ihm zusammen zu sein.

      Leichter, weil sie gelernt hatte, weniger von John zu fordern, weniger zu erwarten und weniger vorauszusetzen. Und schwerer, weil John mehr Erwartungen in sie hegte, mehr von ihr forderte und wollte.

      Er hatte einen Job bei einer großen Investmentfirma angenommen. Er war Key-Account-Manager für Großinvestoren auf der ganzen Welt. Ein Job, der es verlangte, ständig on Tour zu sein. Von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent.

      Eigentlich genau wie ihr eigener Job als Model, aber das machte es nicht zwangsläufig leichter, eine Beziehung mit John zu führen. Vor allem, weil er erwartete, dass sie ihn auf seinen Reisen begleitete.

      An seiner Seite sollte sie immer repräsentativ und nett sein. Hübsch aussehen und immerzu lächeln. Die perfekte Frau neben ihm eben.

      Das war ein Job, den sie von Kindesbeinen an gelernt hatte. Einfach nur da zu sein, hübsch auszusehen und den Erwartungen anderer zu entsprechen. Den Erwartungen ihrer Eltern, ihrer Verwandten, ihrer Lehrer. Ja, sogar den ihrer Freunde und Kollegen.

      Manchmal kam sie sich vor wie ein Chamäleon. Sie konnte sich jeder Situation anpassen, überall dazugehören und immer exakt das sein, was die anderen von ihr erwarteten.

      Es war ermüdend, aber es beschrieb ihr Leben ziemlich exakt. Es gab nur wenige Menschen, bei denen sie einfach sie selbst sein konnte, hauptsächlich bei ihrem besten Freund Taylor.

      Es klopfte an der Tür zu ihrem Schlafzimmer. Sie wusste, dass es nur John sein konnte. Obwohl sie ein Paar waren, klopfte er jedes Mal an wie ein Fremder, wenn er einen Raum betrat.

      Aber daran würde sie sich wohl gewöhnen müssen. Wirkliche Nähe gab es in ihrer Beziehung sowieso nicht mehr.

      Das war bei ihren ersten Versuchen, als sie noch Teenager gewesen waren, vielleicht so gewesen. Doch mit den vielen Auseinandersetzungen und Trennungen war alles Echte, das zwischen ihnen einst gewesen war, verflogen.

      Sie beide hatten dieses Spiel und diese Maske perfektioniert. Sie waren Profis darin geworden, sich nichts anmerken zu lassen.

      Niemals eine Emotion zu zeigen, die einem anderen Angriffsfläche bieten könnte.

      Keine Liebe, kein Hass, keine Enttäuschung, keine Wut, keinen Schmerz. Nichts. Leben und leben lassen, immer lächeln, egal wie es in einem aussah.

      Oh, sie konnten sich sehr gut streiten, aber selbst das kam ihr manchmal oberflächlich vor und oft auch wie eine Szene aus Täglich grüßt das Murmeltier.

      "Herein!", rief sie und die Tür öffnete sich. John trat ein. Schön und makellos gestylt, wie immer.

      "Bist du soweit?", fragte er gelangweilt ohne sie überhaupt anzusehen, da er mit seinem Handy beschäftigt war.

      "Ich brauche noch meine Stola", sagte sie, weil sie mit nackten Schultern nicht in die Kirche gehen wollte.

      Dass Sky nach ihren Erfahrungen mit Robert tatsächlich heiraten würde, hätte sie nicht für möglich gehalten.

      Zoey freute sich für die beiden, auch wenn es ihr immer noch unbegreiflich war, wie das hatte funktionieren können. Aber naja, sogar Nina hatte ihr Gegenstück gefunden, da sollte es für Sky kaum schwieriger sein.

      Zoey beobachtete im Spiegelbild, wie John sich wieder zu ihr umdrehte.

      "Mein Gott, Zoey, wie siehst du denn aus!" Unter dem anklagenden Ton zuckte sie beinahe zusammen.

      Beinahe, denn sie würde ihm niemals einen wunden Punkt zeigen.

      Sie wusste, was jetzt kam, und doch hatte sie gehofft, dass er nur ein einziges Mal ins Zimmer kam und ihr sagte, dass sie schön aussah.

      "Kannst du dich nicht einmal anziehen, als seist du keine Schlampe?"

      Innerlich zuckte sie erneut zusammen, äußerlich ließ sie sich nichts anmerken.

      Sie sagte nichts, was hätte sie auch sagen sollen? Diese Art von Diskussion hatte sie vor langer Zeit aufgegeben. Und schließlich war es nicht das erste Mal, dass er so