Anton Tschechow

Von Frauen und Kindern


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meine grinsende Fratze das Gefühl ihrer ersten reinen und poetischen Liebe profanieren; Sie können sich daher ihre Gemütsstimmung wohl vorstellen! Dank mir schlief sie die ganze Nacht nicht und kam zum Morgentee mit blauen Ringen unter den Augen … Als ich nach dem Tee Sascha begegnete, hielt ich es nicht aus und prahlte schmunzelnd:

      »Ich weiß! Ich habe gesehen, wie du gestern Fräulein Zina geküßt hast.«

      Sascha sah mich an und sagte:

      »Du bist dumm.«

      Er war nicht so kleinmütig wie Zinotschka, und der Effekt gelang mir daher nicht. Das reizte mich aber noch mehr. Wenn Sascha nicht erschrak, so glaubte er augenscheinlich nicht daran, daß ich alles gesehen hatte: Warte! dachte ich, ich werde es dir schon beweisen …

      Während der Vormittagsstunden sah Zinotschka mich nicht an und stotterte. Anstatt mich kurzerhand zu bestrafen und einzuschüchtern, suchte sie sich bei mir auf jede Weise einzuschmeicheln, stellte mir die besten Noten und klagte dem Vater nicht meine Unarten. Da ich eben klüger war, als ich aussah, so beutete ich das Geheimnis auf jede Weise aus: ich machte meine Aufgaben nicht, schlug im Klassenzimmer Rad und sagte ihr Frechheiten. Mit einem Wort, wäre das damals noch lange so weitergegangen, so hätte ich mich zu einem ganz brauchbaren Erpresser ausgebildet. Es verging also eine Woche. Das fremde Geheimnis reizte und quälte mich wie ein Splitter in der Seele. Ich wollte es, koste es was es wolle, ausplaudern und mich an den Effekt ergötzen. Und endlich, eines schönen Mittags, wo wir recht viel Besuch hatten, schmunzelte ich blödsinnig, blickte Zinotschka hinterlistig an und sagte:

      »Ich weiß … O – o – o! Ich habe gesehen …«

      »Was weißt du?« fragte die Mutter.

      Ich blickte Zinotschka und Sascha noch hinterlistiger an. Man hätte es sehen müssen, wie das Mädchen aufflammte, und was Sascha für wütende Augen machte! Ich biß mich auf die Zunge und fuhr nicht fort. Zinotschka erbleichte allmählich, preßte die Lippen zusammen und aß nichts mehr. Am selben Tag, während der Abendstunden, erblickte ich in Zinotschkas Gesicht eine eigentümliche Veränderung. Es schien strenger, kälter, wie aus Marmor, und die Augen sahen so seltsam mir geradeaus ins Gesicht. Ich versichere Sie, solche vernichtende, tötende Augen habe ich nicht einmal bei Windhunden, die den Wolf verfolgen, gesehen! Ihren Ausdruck begriff ich sehr wohl, als Zinotschka plötzlich, mitten in der Stunde, die Zähne zusammenbiß und stammelte:

      »Ich hasse Sie! Oh, wenn Sie Abscheulicher, Gemeiner, wüßten, wie ich Sie hasse, wie widerwärtig mir Ihr geschorener Kopf, Ihre gemeinen, abstehenden Obren sind!«

      Aber im selben Augenblick erschrak sie und sagte:

      »Ich spreche das nicht zu Ihnen, ich lerne eine Rolle …«

      Dann, meine Herren, sah ich des Nachts, wie sie an mein Bett herantrat und mir lange ins Gesicht blickte. Sie haßte mich leidenschaftlich und konnte ohne mich nicht mehr leben. Das Anschauen meiner verhaßten Fratze wurde ihr zur Notwendigkeit. Dann entsinne ich mich eines schönen Sommerabends. Es duftete nach Heu, alles war still und so weiter. Der Mond schien. Ich spazierte in der Allee und dachte an Schokolade. Plötzlich tritt an mich die schöne und bleiche Zinotschka heran, faßt mich bei der Hand und beginnt ein ganzes Geständnis.

      »Oh, wie ich dich hasse! Niemand habe ich so viel Böses gewünscht, wie dir. Begreifst du das? Ich möchte, daß du es begreifst …!«

      Verstehen Sie – der Mond, das bleiche Gesicht, von Leidenschaft durchleuchtet, die Stille … sogar ich junges Kalb empfand ein gewisses Wohlgefühl. Ich hörte ihr zu und sah ihr in die Augen … Anfangs war es mir angenehm und neu, dann aber wurde mir bange, ich schrie auf und lief spornstreichs nach Hause.

      Ich beschloss, daß es am besten sei, Mama zu klagen. Ich klagte und erzählte bei dieser Gelegenheit auch, daß Sascha und Zinotschka sich geküßt hatten. Ich war dumm und dachte nicht an die Folgen, sonst hätte ich wohl geschwiegen … Mama war von meiner Mitteilung ganz entrüstet und sagte:

      »Das geht dich nichts an. Du bist noch zu jung, um darüber zu sprechen … Übrigens ein gutes Beispiel für die Kinder!«

      Meine Mutter war nicht nur tugendhaft, sondern auch taktvoll. Um keinen Skandal zu machen, kündigte sie Zinotschka nicht sogleich, sondern drängte sie langsam und allmählich aus dem Hause. Ich erinnere mich, als Zinotschka von uns fortfuhr, war der letzte Blick, den sie auf unser Haus warf, nach dem Fenster, an dem ich stand, gerichtet. Und ich versichere Sie, ich entsinne mich dieses Blickes bis zur heutigen Stunde.

      Zinotschka wurde bald darauf die Frau meines Bruders. Es ist Zinaida Nikolajewna, die Sie ja alle kennen. Hernach traf ich mit ihr zusammen, als ich schon Fähnrich war. Trotz aller Anstrengungen konnte sie in dem bärtigen Fähnrich den gehaßten Petja nicht mehr erkennen, behandelte mich aber doch nicht sehr verwandtschaftlich … Und auch jetzt noch, trotz meines gutmütigen Bäuchleins und der demütig schimmernden Glatze, sieht sie mich immer noch schief an und fühlt sich nicht recht behaglich, wenn ich meinen Bruder besuche. Augenscheinlich rostet alter Haß ebensowenig, wie alte Liebe … Oho! Ich höre schon den Hahn krähen. Gute Nacht, meine Herren! Mylord, kusch dich!«

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