Manuel Rieger

Maßnahmen zur Steigerung des Bekanntheitsgrades und der Akzeptanz von Mediation


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      Interviewleitfaden 93

      Vorwort zur Nutzung der weiblichen und männlichen Form in wissenschaftlichen Arbeiten

      Über die Genderthematik wird in Österreich häufig diskutiert. Von Punkteabzügen für nicht gegenderte Bachelor- und Master-Arbeiten, über Millionen von weggeworfenen Strafzetteln, bis hin zu Strafanzeigen wegen vermeintlichem Sexismus für nicht ausreichendes Gendern, ist in Österreich schon alles vorgekommen. Da es keine gesetzlichen Regelungen zum Thema Gendern in wissenschaftlichen Arbeiten gibt und auch an Hochschulen unterschiedliche Richtlinien gelten, teilweise sogar zwischen den einzelnen Fakultäten, wählt der Autor die rein weibliche Form für diese wissenschaftliche Arbeit.

      Im Studienfach Pädagogik ist es an der Karl-Franzens-Universität Graz bereits üblich, die rein weibliche Form zu verwenden. Dies bringt Vorteile beim Verfassen und Lesen von wissenschaftlichen Arbeiten. Das Verfassen und das Lesen gestalten sich flüssiger und einfacher. Den Genderregeln wird mit der rein weiblichen Form ausreichend entsprochen.

      1 Einleitung

      Mediation ist in der Gesetzgebung der Republik Österreich fest verankert. Seit dem Jahr 2003 gilt das Zivilrechtsmediationsgesetz und es beinhaltet eine Vielzahl von gesetzlich geregelten Anwendungsbereichen. Ob bei Scheidungen, Nachbarschaftsstreitigkeiten, dem außergerichtlichen Tatausgleich oder Lehrlingskündigungen, in vielen Bereichen ist die Methode der Mediation möglich oder vorgeschrieben.1 Dennoch scheint Mediation als Möglichkeit der Konfliktbehandlung nicht wahrgenommen zu werden. Auf die fehlende Bekanntheit der Mediation lässt auch ein Bericht des Ö1 Mittagsjournal aus dem Jahre 2011 schließen.2

      Mediation zielt darauf ab, für alle Konfliktparteien eine befriedigende Lösung zu erarbeiten. Ein weiterer Vorteil für die Parteien liegt darin, dass sich durch eine Mediation die Kommunikationsfähigkeiten und die Fähigkeiten im Konfliktmanagement verbessern können.3 Auch Zeitersparnis ist für viele Parteien, die sich für die Methode der Mediation als Konfliktregelung entschließen, ein wichtiger Faktor. Die Kostenersparnis ist zwar nicht immer ausschlaggebend, wird aber dennoch auch als positiv wahrgenommen.4

      Aus der 2014 erschienenen EU-Studie „Neustart“ ist ersichtlich, dass Mediation in Europa noch selten in Zivilrechtsstreitigkeiten genutzt wird. Die Studie zeigt auf, dass in nur etwa 1% aller Gerichtsfälle in Europa Mediation als Methode der Konfliktbearbeitung genutzt wird. Österreich ist hierbei, trotz einer Vielzahl von gesetzlichen Regelungen und Initiativen, keine Ausnahme. Jährlich werden in Österreich 500 bis 2000 Mediationen im gerichtlichen Umfeld durchgeführt.5 Die Ergebnisse der Studie von Ferz, Lison und Wolfart zeigen, dass die meisten Konfliktteilnehmer in Österreich dann Mediation in Anspruch nehmen, wenn es von Richterinnen empfohlen wird.6

      Die Ressourcen der Gerichte in der Steiermark werden laufend mit Fällen ausgelastet, welche in die Anwendungsbereiche der Mediation fallen würden. Trotzdem wird diese Methode selten in Betracht gezogen. Dabei würde Mediation auch für die Gerichte Vorteile bringen. Die Präsidenten der Oberlandesgerichte beklagen, dass die Personaldecke „zu dünn“ sei.7 Würden mehr Streitfälle, insbesondere jene mit geringem Streitwert oder langjährige Streitigkeiten, außergerichtlich über die Methode der Mediation bearbeitet werden, könnte eine Entlastung der Justiz, insbesondere der Richterinnen und Staatsanwältinnen, die Folge sein. Diese Auffassung wird auch von Dr. Bernhard Deu, Richter des Oberlandesgerichtes Graz und eingetragener Mediator, vertreten.8

      Gerade bei Nachbarschaftsstreitigkeiten könnte Mediation vermitteln, da in derartigen Fällen die Streitparteien weiterhin nebeneinander leben und miteinander auskommen müssen. Ein Gerichtsprozess kann den sozialen Konflikt der Kontrahenten nicht lösen. Laut Herrn Mag. Haider vom Bezirksgericht Bruck an der Mur liegt der geringe Bekanntheitsgrad von Mediation in der Steiermark daran, dass Informationen über Angebote von Mediation zwar zur Verfügung stehen, allerdings kein aktiver Informationsfluss von den Anbieterinnen zu den Richterinnen stattfindet. Weiter ist es laut Herrn Mag. Haider auch nicht einfach, geeignete Mediatorinnen im ländlichen Raum zu finden.9

      Laut Aussage von Frau Mag. Weiß, Richterin des Landesgerichtes in Graz, ist Mediation zwar vielen Richterinnen bekannt, aber die Möglichkeiten zur Anwendung der Methode den Richterinnen nicht gänzlich klar. Ihren Aussagen zufolge stellt Mediation nicht für alle Verfahren eine sinnvolle Methode zur Konfliktregelung dar. Bei Fällen von Nachbarschaftsstreitigkeiten könnte ihrer Auffassung nach allerdings Mediation als sinnvolle Alternative zu klassischen Gerichtsprozessen gesehen werden.10 Konfliktparteien hätten neben einer etwaigen Kosten- und Zeitersparnis auch die Möglichkeit, zukünftig mit Konflikten auf konstruktive Weise umzugehen. Auch die Studie von Ferz, Lison und Wolfart weist auf dieselben Vorteile der Mediation hin.11

      Trotz einer Vielzahl von Initiativen, Mediation an Gerichten bekannt zu machen und als sinnvolle Alternative zu Gerichtsverfahren darzustellen, scheinen diese wenig erfolgreich zu sein und die Zahnräder zwischen den Anwendungsbereichen der Mediation und den Gerichten noch nicht ineinander zu greifen.

      1.1 Ziel der Arbeit

      Ziel der Arbeit ist es, durch die Anwendung von wissenschaftlichen Methoden Antworten darauf zu finden, warum Mediation von Richterinnen als Mittel zur Konfliktbearbeitung anstelle von klassischen Zivilrechtsprozessen noch zu wenig genutzt wird. Es soll erforscht werden, welche Maßnahmen gesetzt werden müssten, um Mediation als Alternative zu Gerichtsprozessen zu mehr Bekanntheit zu verhelfen. Der Fokus liegt hierbei auf den Richterinnen, da diese auf die Bekanntheit von Mediation als Streitschlichtungsmittel maßgeblichen Einfluss haben, sind sie doch die ersten, die den Streitparteien Mediation empfehlen könnten.

      Es soll im Zuge der Forschung erhoben werden, über welchen Informationsstand Richterinnen hinsichtlich der Mediation verfügen und welche Maßnahmen dabei unterstützen könnten, damit Mediation durch Richterinnen häufiger angeboten wird. Dabei werden mögliche Vor- und Nachteile der Mediation untersucht bzw. Hinderungsgründe auf Seiten der Richterinnen und der Streitparteien aus Studien bzw. der aktuellen Theorie erarbeitet und im Anschluss empirisch mittels strukturierten Interviews mit Richterinnen des Landesgerichts für Zivilrechtssachen in Graz (LGZ) überprüft.

      1.2 Forschungsfragen

      a) Welche Maßnahmen können dabei unterstützen den Bekanntheitsgrad von Mediation bei Richterinnen am LGZ zu steigern und

      b) welche Maßnahmen wären erforderlich, damit Richterinnen am LGZ Mediation den Streitparteien häufiger aktiv anbieten?

      1.3 Hypothesen

      Hierzu wurden folgende Hypothesen aufgestellt:

      Hypothese 1:

      Es liegen objektive Gründe bei den Richterinnen vor, die sie daran hindern, Mediation anzubieten, z.B. mangelnde Information, mangelndes Wissen hinsichtlich Nutzen der Mediation etc.

      Hypothese 2:

      Es liegen subjektive Gründe bei den Richterinnen vor, die sie daran hindern, Mediation anzubieten.

      1.4 Methodisches Vorgehen im Zuge der Arbeit

      Im ersten Schritt wird die Methode der Mediation zur Konfliktbearbeitung vorgestellt. Danach werden die gesetzlichen Regelungen und Verankerungen der Mediation in Österreich und Teilen Europas aufgezeigt. Darauf aufbauend werden bereits durchgeführte Untersuchungen vorgestellt. Es sollen auf Basis des Literaturstudiums auch etwaige Vorbehalte hinsichtlich Mediation aufgezeigt und in Folge empirisch untersucht werden. Die Darstellung der Vorteile und möglicher Nachteile von Mediationsverfahren für Richterinnen, Justiz und Konfliktparteien schließen den Teil des Literaturteiles ab.

      Im zweiten Schritt wird eine empirische Erhebung durchgeführt die der qualitativen Forschung entspricht. Zur Beantwortung