Autismus-Der ständige Versuch der Selbstberuhigung. Sandra Mularczyk

waren anderen Menschen total egal. Dinge, von denen ich begeistert war, nahmen Andere kaum zur Kenntnis. Sie zuckten meist nur gleichgültig mit den Schultern und ich dachte mir: Was ist denn hier los? Bin ich im falschen Film gelandet? Wieso reagiert denn niemand? Ich nahm die Menschen als gleichgültig wahr. Sie waren wie tot, zeigten kaum Regungen, kein tiefes Interesse für etwas. Sie brannten für nichts. Sie taten einfach nur das, was alle tun. Macht man halt so. Ich konnte dieses "macht man halt so" noch nie. Sogar, wenn etwas richtig Schlimmes passiert ist, wenn etwas schief ging, wenn etwas nicht klappte, zuckten die Menschen mit den Schultern und sahen einfach drüber hinweg. Passiert halt. Ist nicht so schlimm. IST NICHT SO SCHLIMM? Wie können sie so etwas nur behaupten?! Natürlich ist es schlimm. Es tut doch weh. Im Herzen tut es weh, im Kopf tut es weh, am ganzen Körper tut es weh. Doch den anderen Menschen schien es nicht wehzutun. Es kamen Sprüche wie "Augen zu und durch" oder "Ist doch normal". Was soll daran bitteschön normal sein? Das ergibt doch keinen Sinn. Das ist absolut unlogisch. Du musst doch erst verstehen, worum es geht, bevor du handelst. Nö, es sei ok nicht zu wissen...Wie es ist ok? Menschen dürfen also blind durch die Welt laufen? Aber dann laufen sie doch gegen Wände... Sie bringen sich und andere in Gefahr, wenn sie blind durch die Gegend laufen.

      Menschen, die alles wichtig nehmen

      "Ach, das sind nur Vorurteile. Ist doch nicht wo schlimm. Jeder hat Vorurteile!" "Wie, das ist nicht so schlimm? Und wenn diese Vorurteile anderen Menschen das Genick brechen?" "Wird schon nichts passieren!" "Aber es passiert doch bereits!" "So ein Quatsch!" Es interessiert sie nicht. Es interessiert sie einfach nicht, was sie anrichten. Ich glaube, sie merken es nicht einmal. Sie könnten genauer hinsehen, sie könnten es zumindest versuchen, aber es scheint ihnen nicht von großer Bedeutung zu sein, zu erfassen, was gerade los ist. Wollen sie die Wahrheit etwa nicht wissen? Ist die Wahrheit ihnen egal? Korrigieren sie ihre Fehler deswegen nicht, weil sie sich nicht für sie interessieren? Oh mein Gott.

      Alles muss "stimmen"

      Also ich gehöre zu den Menschen, denen alles wichtig ist. Fast schon zu wichtig. Ich gehöre zu den Menschen, die sich für etwas interessieren. Die Feuer und Flamme für etwas sind. Die brennen. Die Fehler nicht aushalten können. Alles muss korrekt sein. Alles muss am richtigen Ort sein. Alles muss stimmen. Hat das auch mit Autismus zu tun? Dieses "Nicht-Aushalten-Können", wenn etwas nicht stimmt? Wenn etwas kratzt, ziept, drückt oder sonst wie unangenehm erscheint? Ist Autisten vielleicht nicht alles egal, sondern alles besonders wichtig? Alles muss an der richtigen Stelle sein. Nichts darf sich verändern. Alles muss seinen Sinn haben. Logisch sein. Ansonsten explodiert der Kopf. Der Körper gerät völlig aus den Fugen. Das gesamte System kollabiert. Ja, endlich fällt wieder das Wort Autismus, denkt ihr euch vielleicht. Ja, ich frage mich tatsächlich mehr und mehr, ob auch ich im Autismus Spektrum bin. Meine andere Art der Wahrnehmung, ist auf jeden Fall schon Mal ein großes Indiz dafür, aber schön der Reihe nach.