Roy O'Finnigan

Computerdiktatur


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Anlässe scheinen nicht ihr Ding zu sein. Der Talkmaster stellt sie als Anna Schmidt vor.

      »Eigentlich hätte ich Werner Hofer erwartet«, kommt Sam ohne Umschweife zum Punkt.

      »Herr Hofer ist verhindert«, antwortet die Agentin. Dabei macht sie ein Gesicht, als hätte man sie gezwungen, einen halben Liter Lebertran zu trinken. »Er hat mich gebeten, ihn zu vertreten. Er wird so bald wie möglich nachkommen.«

      Sam will gerade etwas erwidern, als ihm Vilca die Hand auf den Arm legt und den Kopf schüttelt. »Nicht jetzt, Sam. Dafür ist später noch Zeit. Ich habe einen Bärenhunger und freue mich auf die Show. Mal sehen, was sie zu bieten haben.

      Schmidt nützt die Ablenkung und verdrückt sich an das andere Ende des Tisches. Sie überlässt die Bühne den Profis vom Showgeschäft.

      Mario und Marita versuchen überdreht, Stimmung zu machen. Sam riecht die faule Absicht dahinter tausend Meilen gegen den Wind. Im Gegensatz zu ihm scheinen seine Freunde die Aufmerksamkeit zu genießen. Er wirft einen kurzen Blick auf Paul, aber der hat nur Augen für Marita. Im Grunde hat Sam nichts gegen die Show, welche die Entertainer abziehen. Je mehr sie sich ins Zeug legen, umso misstrauischer wird er jedoch.

      Schließlich entschließt sich Vilca, ihren Freund aufzumuntern. »Jetzt mach nicht so ein Gesicht«, flüstert sie ihm ins Ohr. »Genieß die Show und das Essen. Wer weiß, wann wir so etwas noch einmal geboten bekommen. Egal wie das hier ausgeht. Nimm, was du kriegen kannst.«

      Sam weiß, dass seine Freundin recht hat, kann sich aber trotzdem nicht von seinen düsteren Gedanken lösen. In Kürze wird er eine Entscheidung treffen müssen, von der ihr Schicksal abhängt. Das verdirbt ihm den Appetit. Obwohl vor ihm ein Galadinner aufgefahren wird, das selbst vor dem EMP seinesgleichen gesucht hätte, kann er nichts davon genießen.

      Schmidt sitzt steif am Tisch und spricht fast gar nichts. Was letztendlich dazu führt, dass sie in Vergessenheit gerät. Sam entgeht aber nicht, dass sie ihn und seine Freunde aufmerksam beobachtet.

      Nach dem Essen beteiligt sich Vilca mit ein paar Liedern an dem Programm. Auf ihre unnachahmliche Art bringt sie schnell die Stimmung zum Kochen. Selbst Sam reißt sie damit aus seiner Trübsal. Je mehr Vilca die Aufmerksamkeit auf sich zieht, umso mehr verhärteten sich die Züge von Schmidt.

      Auf dem Höhepunkt öffnet sich plötzlich die Tür und Werner Hofer tritt ein. Es wird still. Sam erkennt ihn in dem Anzug erst auf dem zweiten Blick. »Ah, der Herr Hofer. Wie es scheint, haben Ihnen die Computer auszugehen erlaubt. Wie lange dürfen Sie wegbleiben? Bis elf? Oder hat Mama Computer sie für den Verrat an uns großzügig belohnt und Sie dürfen bis Mitternacht bleiben?«

      »Herr Lee, bitte. Ich habe für Sie und Ihre Freunde mehr getan, als sie sich vorstellen können.«

      »Stimmt«, erwidert Sam zynisch. »Nachdem wir euren Arsch gerettet haben, hätte ich mir nie vorstellen können, dass Sie das Militär beauftragen, uns den Bunker wegzunehmen.«

      Herr Lee, bevor Sie uns verurteilen, sollten sie sich unser Angebot anhören. Ich bin mir sicher, dass es Ihnen zusagt.«

      »Was haben Sie schon anzubieten?«, provoziert Sam.

      »Wenn ich mich nicht irre, haben Sie uns Ihre Zusammenarbeit angeboten.«

      »Das war, bevor unser Bunker beschlagnahmt wurde.«

      »Den Bunker hätten Sie sowieso nicht behalten können. Das muss Ihnen doch klar sein, Herr Lee. Allein der Besitz der Lebensmittel dort verstößt gegen das Gesetz. Außerdem, Ihr Talent und das Ihres Teams wären in einer so abgelegenen Gegend verschwendet. Hier in Berlin haben wir ganz andere Möglichkeiten.

      Denken sie doch auch einmal an ihre Freunde. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Vilca abgeschieden in der hintersten Provinz versauern möchte. Sie braucht Öffentlichkeit und Anerkennung. Das kann ihr nur Berlin bieten.«

      »Laut Gesetz kann jeder frei entscheiden, wo er leben möchte.«

      Die Dinge haben sich geändert. Solchen Luxus können wir uns nicht mehr leisten. Jetzt zählen Handlungsfähigkeit und Durchsetzungsvermögen. Dafür brauchen wir ein System, das durchgehend effizient und zielorientiert arbeitet. Anders ist die Situation unter den gegebenen Umständen nicht zu kontrollieren.

      Wie dem auch sei, es hat keinen Sinn, noch länger darum herumzureden. Sie sind hier, weil wir die Symbots brauchen.«

      »Ihr habt doch schon alle Symbots in euren Gehirnen«, entgegnet Sam. »Noch mehr Symbots werden euch auch nicht schlauer machen.«

      »Sie wissen genau, was wir wollen. Viele Symbots wurden durch den EMP zerstört. Wir haben keine Möglichkeit die Symbots zu ersetzen, da wir sie nicht herstellen oder vermehren können.

      Ich gestehe, alle Welt bewundert, wie Sie das gemacht haben. Niemandem ist es gelungen, hinter das Geheimnis zu kommen. Wir brauchen diese Technologie für die direkte Verbindung zwischen dem Gehirn und Computern - mehr denn je.«

      »Wozu? Für die meisten Menschen sind die Symbots jetzt nutzlos, weil sie keinen Computer haben.«

      »Den werden wir ihnen verschaffen. Die ANEBs haben das bereits simuliert. Innerhalb weniger Monate können wir so viel Rechenleistung in Betrieb nehmen, dass wieder alle Menschen Zugang zu einem Computer haben. Das muss Sie doch freuen. Ich weiß genau, dass Sie das schon immer wollten.«

      Urs knallt die Faust auf den Tisch, dass die Gläser klirren. »Ah, so läuft das also. Und zufällig habt ihr das Monopol, könnt immer und zu jeder Zeit kontrollieren, was die Menschen so treiben, und welche Informationen sie bekommen: der totale Überwachungsstaat.«

      Hofer schaut ihn belustigt an. »Das konnten wir doch schon immer.«

      Urs funkelt giftig zurück. »Wirklich? Dann hat es ja funktioniert, euch in dem Glauben zu lassen«, triumphiert er.

      Hofer ignoriert die Spitze. »Glauben Sie mir. Es ist zum Wohle aller Menschen.«

      »Oder zu deren Horror.«

      »Alle Menschen werden glücklich und zufrieden in der virtuellen Welt leben. Ihre körperlichen Bedürfnisse werden sich auf ein Minimum reduzieren. Die ANEBs haben das genau ausgerechnet. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen reichen in diesem Fall für etwa sechs Milliarden Menschen.«

      »Und was ist mit den anderen vier Milliarden?«, fragt Sam misstrauisch.

      »Für mehr reicht es leider nicht.«

      Sam studiert das Gesicht von Hofer. Es ist ihm unmöglich, eine emotionale Reaktion dort zu lesen. »Und wer trifft die Auswahl?«

      Der Agent starrt ihn aus eisgrauen Augen wortlos an.

      Vilca begreift es als Erste. »Die Computer werden nur Menschen vom Typ B auswählen. Nur solche, bei denen die linke Gehirnhälfte dominiert und die wie ein Computer denken, werden überleben.« Sie ist blass geworden und schlägt sich die Hände vor den Mund, als ihr klar wird, dass außer Aya keiner ihrer Freunde diese Bedingung erfüllt. Auch sie nicht.«

      Langsam steht sie auf. »Niemals werdet ihr die Symbots bekommen. Niemals!«, schreit sie.

      Hofer ignoriert Vilca und fixiert weiterhin Sam. Ein Blick auf seine Freunde macht es diesem leicht, eine Entscheidung zu treffen. »Niemals«, sagt der Erfinder der Symbots bestimmt.

      Das scheint der Moment zu sein, auf den Schmidt den ganzen Abend gewartet hat. Zufrieden steht sie auf, und brüllt. »Wachen!« Krachend schlägt die Tür auf und ein Dutzend schwer bewaffnete Polizisten stürmt herein.

      »Abführen!«

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