Jo Seki

Von grauen Staren und anderen Zugvögeln


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um auf Nachfrage um zwanzig Uhr zu erfahren, dass noch kein Rückruf von der Werkstatt erfolgt ist. Inzwischen sind wir auch verunsichert, ob wir nicht den Kaufvertrag, den wir natürlich nicht dabei haben, womöglich doch benötigen und mir fällt der Name des Händlers irgendwo in Nordrhein-Westfalen, bei dem wir das Fahrzeug gekauft haben, auch nicht mehr ein. Ich kann mich aber erinnern, dass er mehrere Angebote auf den einschlägigen Internetportalen eingestellt hatte und so finden wir ihn dann auch auf diesem Weg. Kurz entschlossen buche ich noch einmal das sieben-Tage-EU-Sprachpaket für fünf Euro mit fünfzig Minuten Gesprächszeit, erkläre dem Händler die Situation und bitte um eine Kopie des Kaufvertrages per Mail, die auch prompt am nächsten Morgen eintrifft. Auch die 2 Monteure treffen irgendwann gegen Mittag ein und es vergeht eine gute Stunde, bis das sehr schwer zugängliche Thermoelement ausgetauscht ist. Mit der Kopie des Kaufvertrages und einer Unterschrift sowie zehn Euro Trinkgeld ist die Sache erledigt und einer Weiterreise steht nichts mehr im Weg.

      3. Anfänger und Fortgeschrittene

      Unser nächstes Etappenziel ist ein Platz bei Cartagena. Und obwohl wir erkennbar blutige Anfänger sind, werden wir dort sofort in die große Campergemeinschaft aufgenommen.

      Unsere französischen Nachbarn auf der Parzelle rechts von uns, Denise und Gérard, kommen schon seit 12 Jahren auf den gleichen Platz. Die Holztafel mit Blumendekor und Aufschrift „Denise et Gérard“ sowie der Gong, der im Vorzelt ihres Wohnwagens ertönt, sobald jemand die Parzelle betritt, sind ihr ganzer Stolz. Eine Steigerung gibt es nur noch am ersten Advent, wenn in dem dem Weg zugewandten Fenster ihres Wohnwagens ein beleuchtetes Krippenszenario aufgebaut wird, selbstverständlich mit durch Batterieantrieb sich bewegenden Figuren. Gérard opfert dann sogar seinen kleinen grünen Plastikschemel, der, direkt unter dem Fenster platziert, den Vorbeigehenden einen Blick in Augenhöhe auf seine Krippe erlauben soll. Zu unsrer großen Freude ist auch das Küchenzelt von Denise und Gérard nach 12 Jahren perfekt ausgebaut, so dass wir am nächsten Tag 2 riesige Stücke von Denises frischgebackenem Kuchen probieren dürfen.

      Die Nachbarn auf der Parzelle links von uns heißen Walter und Helga und kommen aus Hessen. Sie kommen erst seit 8 Jahren hierher, sind aber nicht weniger perfekt eingerichtet und, wie alle hier, bereit, den Newbees mit guten Ratschlägen zur Seite zu stehen. Als Fred z.B. beinahe das Geschirr anstatt im Abspülbecken im danebenstehenden Becken für die Wäsche abgespült hätte, war es Walter, der mit einem diskreten Hinweis unter Männern diesen schwerwiegenden Fauxpas gerade noch verhinderte.

      Auf diesem Platz sollen wir auch die ersten Einblicke in das komplizierte Sozialgefüge eines Campingplatzes bekommen. So ist, neben dem Bouleplatz, der Geschirrspülbereich der wichtigste Männertreffpunkt. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass auf dem Campingplatz die Männer das Geschirr abspülen, und wir haben uns hier schon intuitiv richtig verhalten. Hier werden die wichtigsten Neuigkeiten ausgetauscht und die Menge sowie die Art und der Grad der Verschmutzung des Geschirrs lassen wahrscheinlich Rückschlüsse zu auf die Herkunft sowie den sozialen und finanziellen Staus des Nebenspülers, soweit man dies nicht schon an Marke und Baujahr des Wohnmobils festmachen konnte.

      Der Treffpunkt für die Frauen ist die Handarbeitsgruppe, einmal wöchentlich selbst organisiert zwischen Parzelle 82 und 83, sowie die Gymnastikgruppe. Außer Handarbeit und Gymnastik gibt es hier natürlich ebenfalls Neuigkeiten und wer den letzten Lidl-Prospekt aus Versehen bereits entsorgt hat, erfährt hier noch einmal, was es nächste Woche alles im Angebot gibt.

      Aufgehoben ist die Geschlechtertrennung im Pool und man erfährt auch als zu keiner Peergroup Zugehöriger freiwillig oder unfreiwillig alles über die Höhe und den Inhalt der Werkstattrechnung von Dieter und den Friseurbesuch von Helga. Und die Tatsache, dass Rosi und Albert so plötzlich abgereist sind, wird sowohl von den Männern als auch von den Frauen eingehend erörtert.

      4. Im Pool

      Auf unserem Platz gibt es 2 Pools, die mit Thermalwasser aus den Bergen gespeist werden, welches jeden Abend abgelassen und morgens wieder neu aufgefüllt wird. Die Temperatur des Wassers liegt bei 34 Grad, wenn es aus dem Berg austritt und wenn der Pool gefüllt ist, dürfte es immer noch ca. 26 Grad warm sein. Da mir auch der Wettergott noch hold ist und selbst das Thermometer außerhalb des Pools bis zum Abend nicht unter die 20-Grad-Marke sinkt, komme ich mir vor wie im Paradies. Ich liege auf dem Rücken, lasse mich von dem Solewasser tragen und schaue dabei in den strahlend blauen Himmel und die schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada. Dabei denke ich an meine Kolleginnen und daran, dass ich ja offiziell immer noch bei meinem Arbeitgeber angestellt bin und, hätte ich nicht vor dem Arbeitsgericht mein Sabbatical erkämpft, jetzt noch in meinem Büro sitzen würde und unsinnige Formulare ausfüllen müsste. Ich fühle mich wahnsinnig privilegiert und wenn ich meine Mitcamper, alle 60 plus, mindestens 50 Prozent sogar 70 plus, ansehe und anhöre, muss ich an meine letzten Berufsjahre denken: Welches Bild hatte ich und haben meine Kollegen und Kolleginnen zum Teil jetzt noch vom Alter (per Definition meines Arbeitgebers Menschen ab 63 Jahren)?

      Wir haben sie nur als Hilfsbedürftige, Verarmte, Einsame kennengelernt und wahrgenommen – hier ist der andere Teil, und es sind nicht Wenige. Natürlich brauchen die, die hier sind, keine professionelle Hilfe, aber nimmt man sie nicht trotzdem zu wenig wahr? Rüstige Alte fürs Ehrenamt, als Einsparmöglichkeit für hauptberufliches Personal – o.k., in dem Zusammenhang vielleicht schon. Aber die hier pfeifen aufs Ehrenamt, tun das, wozu sie Lust haben, finden, sie haben ein Recht, jetzt auch endlich ihr Leben zu genießen und tun es auch. Aber vielleicht will man sie gerade deshalb ja gar nicht wahrnehmen.

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