Lisa Schoeps

Poet auf zwei Rädern


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      Lisa Schoeps

      Poet auf zwei Rädern

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Kapitel 13

       Kapitel 14

       Kapitel 15

       Kapitel 16

       Kapitel 17

       Kapitel 18

       Kapitel 19

       Kapitel 20

       Kapitel 21

       Kapitel 22

       Kapitel 23

       Kapitel 24

       Kapitel 25

       Kapitel 26

       Kapitel 27

       Impressum neobooks

      Kapitel 1

      Das erste Geräusch des Tages, das ich wahrnahm, war das unerbittliche Rasseln des Weckers. Es bohrte sich wie aus weiter Ferne in mein Unterbewusstsein. War es schon wieder Zeit zum Aufstehen? Wer hatte dieses Folterinstrument nur erfunden?

      Es war groß, rot, mechanisch, eines der Modelle die ein rundes Gehäuse mit großen Zahlen auf dem Zifferblatt und obendrauf zwei glockenartige Metallhütchen haben. Zwischen denen bewegte sich ein Messingschlägel wie wild hin und her und erzeugte das laute, schrille, durch alle Fasern dringende, unerbittliche Signal, das es Zeit zum Aufstehen war. Eigentlich hatte ich keine Lust, ich war noch müde, wollte die wohlige Wärme des Betts nicht verlassen. Das Klingeln bohrte sich hartnäckig in mein Bewusstsein.

      Ich war ganz nah an Michael geschmiegt, lag wie fast immer in seiner Armbeuge. Seine andere Hand lag auf meiner Hüfte. Ich vergrub mein Gesicht an seiner Schulter, atmete seinen vertrauten Geruch ein, fühlte die von der Nacht noch erwärmte, glatte Haut an meiner Wange. Ich blinzelte. War es hell, wirklich schon Tag? Am liebsten wollte ich gar nicht aufwachen, zurück gleiten in die süße Welt der Träume. Immerhin war es Freitag, zumindest das war gut, der letzte Arbeitstag vor dem Wochenende. Ein zweiter Blick auf den Wecker bestätigte, dass es bereits morgens fünf Uhr dreißig war. Mein Zug fuhr um zehn nach sechs.

      „Guten Morgen, Kleines“, flüsterte mir Micha mit noch schlaftrunkener, samtener Stimme ins Ohr. Er war disziplinierter als ich, er löste die Umarmung, zog seinen Arm unter meinem Kopf hervor und war im nächsten Moment auch schon aufgestanden und in Richtung Badezimmer verschwunden. Ich gönnte mir noch einen Moment in der Geborgenheit unseres Betts, schloss die Augen, zog mir die Decke über den Kopf.

      Kurze Zeit später schallte es ermahnend „Aufstehen Kleines!“ aus dem Bad. Der Mann war gemein. Langsam räkelte ich mich aus den Kissen und Decken. Warum war in unserem Bett morgens immer alles durcheinander?

      Ich streckte mich, schlurfte in die Küche und setzte Wasser für Tee auf. Ganz automatisch schaltete ich das Radio ein, es lief „Ebony & Ivory“, das Paul McCartney und Stevie Wonder im Duett sangen. Ich summte mit. Durch das Küchenfenster schien die Sonne, es versprach ein angenehmer Tag zu werden. In diesem Jahr hatten wir bislang einen eher durchwachsenden Frühsommer gehabt.

      Ich träumte vor mich hin während ich darauf wartete, dass das Wasser zu Kochen anfing. Wir frühstückten Wochentags nicht. Ich wollte meine Ruhe. Am liebsten wäre ich zurück in unser Bett geschlichen, aber die Vernunft siegte. Schlaftrunken nahm ich die blaue Blechdose aus dem Regal, öffnete sie und gab einige Löffel Früchtetee in die naturbraune Filtertüte und steckte sie in die Glaskanne mit dem roten Plastikdeckel. Der Tee roch himmlisch nach Gummibärchen und als das Wasser kochte, schüttete ich es darüber. Sofort verfärbte es sich rot. Ich betrachtete fasziniert das Spiel der Farben wie jeden Morgen. Es bildeten sich dünne Steifen im Wasser, die sich mehr und mehr ausbreiteten, es erinnerte mich an Flugzeuge die am blauen Himmel ihre Kondensstreifen ziehen.

      Nachdem der Tee gezogen hatte, goss ich jedem von uns eine große Tasse ein. Es waren große Kaffeebecher mit Micky Mouse Motiven. Wir hatten sie auf einem Markt gekauft, bei einem unserer Ausflüge mit dem Motorrad. Auf meiner Tasse war Minnie Mouse, rosa mit großen Kulleraugen. Ich saß gedankenverloren mit meiner Teetasse, die ich in beiden Händen hielt, auf der Fensterbank und sah nach draußen.

      Unser Haus war sehr alt, mit dicken, soliden Wänden. Die Mauer war ungefähr einen halben Meter dick. Die Küche lag im zweiten Stock, eigentlich war es nur eine provisorische Küche, nichts passte zusammen, wir waren Mitten in der Renovierung des Hauses. Da wir alles in Eigenarbeit machten, ging es nur in kleinen Schritten voran. Macht nichts, dachte ich. Ich hatte ein blaugestreiftes Kissen auf die tiefe Fensterbank gelegt und somit einen gemütlichen, sonnigen Sitzplatz geschaffen.

      Micha war morgens viel besser drauf als ich, ich fragte mich oft, wie jemand zu dieser Zeit schon so aktiv sein könnte.

      Zweimal die Woche stand er bereits um fünf Uhr morgens auf, um noch vor Dienstbeginn zum Schwimmtraining zu gehen. Mir war