Martin J. J. Stark

Zodiac


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blickte auf die Speisen vor mir und konnte allerlei Köstlichkeiten entdecken. Von Steak über Burger bis hin zu frischem Salat. Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Mit einem Mal wurde mir bewusst, dass die letzte Mahlzeit schon eine halbe Ewigkeit zurück lag. Die anderen beiden hatten wahrscheinlich ähnliche Gefühle, wenngleich ich mich mit der Küche der Adalaari und Dracks nicht sonderlich gut auskenne. Ich kann mir aber vorstellen, dass ihre Speisen ebenfalls jede erdenkliche Lust befriedigen konnten.

      Es schmeckte uns über alle Masse. Noch nie hatte ich ein so gutes Gericht auf einem Schiff gekostet. Normalerweise gab es einfache Gerichte, die sich gut und lange lagern ließen und dabei möglichst wenig Platz beanspruchten. Diese hier schmeckten jedoch frisch und knackig, als wären die Zutaten nicht schon monatelang in Metalltanks gelagert worden.

      Nach dem Essen und mit vollen Bäuchen ergriff uns eine übermächtige Müdigkeit. Die Strapazen der letzten Stunden forderten ihren Tribut. Meine beiden Gefährten sanken nebeneinander auf den Boden nieder und schliefen bald darauf aneinander gelehnt ein. Ein seltsames Bild, wenn man die unterschiedlichen Körper der beiden betrachtete. Kurz hatte ich die Befürchtung, dass mein Assistent unter dem massigen Körper des Dracks erdrückt werden könnte.

      In meinem Kopf schwirrten noch die ungelösten Fragen herum. Wo waren wir? Welche Macht hatte uns entführt? Woher stammte das Schiff und wer war dieser Mann? Ich schaffte es noch knapp auf das Bett, dann übermannte auch mich die Müdigkeit und ich fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

      Slate und Zodiac

      Wie lange wir geschlafen hatten wusste ich nicht. Ich erwachte ausgeruht, jedoch mit einem Gefühl, als könne ich kaum atmen. Offenbar war der Sauerstoff in unserer Kabine nahezu verbraucht. So tief ich auch einatmete, meine Lungen wurden nicht ausreichend versorgt. Als wir schon Erstickungs- und Angstgefühle bekamen, überschwemmte uns plötzlich ein Strom reiner, frischer Atemluft. Völlig berauscht füllten wir unsere Lungen.

      Ich war noch einige Augenblicke benommen, während sich der Dracks praktisch sofort davon erholte. Sein Körper musste wesentlich besser mit dem niedrigen Sauerstoffgehalt ausgekommen sein als meiner.

      Als ich wieder klar denken konnte, sah ich mich nach meinem Assistenten um. Alix lag noch schwer atmend und kaum bei Bewusstsein am Boden. Ich eilte zu ihm und benetzte seine Stirn mit etwas Wasser. Die Kühle holte ihn in die Realität zurück und mit einem tiefen Atemzug war er wieder ansprechbar.

      "Jetzt fehlt nur noch eine ordentliche Mahlzeit!" sagte Tharen.

      "Aber wahrscheinlich lassen die uns in diesem Loch jämmerlich krepieren."

      "Aber Tharen, deine Einstellung ist zu negativ. Du musst das Positive in unserer Lage sehen. Alles andere bringt sonst nur Ärger."

      "Im Gegenteil. Es muss sofort gehandelt werden. Ich werde uns aus diesem Gefängnis befreien. Wir werden das Kommando hier übernehmen und wieder nachhause fahren."

      "Du willst das Schiff kapern? Warte damit noch ab. Wir wissen nicht, was man mit uns vorhat. Außerdem müssen wir uns erst einmal einen Plan zurechtlegen. Dafür müssen wir die Gewohnheiten an Bord auskundschaften. Du musst mir versprechen nichts Unbedachtes zu tun Tharen."

      "Einverstanden" sagte der Dracks brummig.

      Wie ich es nicht anders erwartet hatte, hielt er sich nicht an unsere Abmachung. Ganz im Gegenteil. In Selbstgesprächen steigerte er sich derart in seinen Zorn, dass er die Beherrschung verlor und mit den Fäusten gegen die Wände trommelte.

      Allmählich verflüchtigte sich auch bei mir das Gefühl von Sicherheit, welches ich bei der Begegnung mit dem Mann empfunden hatte. Meine Nervosität ließ mich ungeduldig auf und ab gehen, während meine Fantasie erschreckende Bilder von einem Mann malte, der sich von der Menschheit abgewandt hatte und fähig war, uns verhungern zu lassen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

      Alix hingegen hielt sich zurück. Er hatte sich noch immer nicht ganz vom Sauerstoffmangel erholt und kauerte erschöpft in der Ecke. Lediglich das Heben und Senken seiner Brust verriet, dass er noch am Leben war.

      Da hörte ich draußen ein Geräusch. Ein Zischen verriet die Entriegelung der Tür und der Qwerk trat ein. War es derselbe wie am Vortag, oder gehörten alle Qwerk auf dem Schiff zum gleichen Stamm? Er war noch nicht ganz eigetreten, als sich Tharen auf ihn stürzte und ihm die Kehle würgte. Alix und ich gingen dazwischen, um das schlimmste zu verhindern. Plötzlich ertönten Worte, die sich von unseren Implantaten korrekt übersetzen ließen.

      "Beruhigen sie sich, Tharen. Und bitte, hören sie mich an."

      Der Mensch hatte gesprochen. Tharen ließ von seinem Opfer ab und der Qwerk verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.

      Der Mann lehnte sich an die Tischkante und beobachtete uns mit seinen stechenden, künstlichen Augen. Nach einer Weile begann er gelassen und doch eindringlich zu sprechen.

      "Meine Herren, ich habe ebenfalls ein entsprechendes Implantat, welches mir ihre Geschichte übersetzte. Ich hätte ihnen also schon längst antworten können. Nachdem ich nach ihrer dreifachen Erzählung wusste, dass ich es mit Noah Davies, einem Ingenieur von der Erde, Alixiandar Kah’helos Y’Arda von den Adalaari und dem Abenteurer Tharen von den Dracks zu tun habe, musste ich nachdenken, was ich mit ihnen anfangen soll. Vor allem, da sie alle drei von der Fregatte Avalon stammen, die offensichtlich im Namen des Bundes Jagd auf mich macht."

      Wir standen regungslos da und hörten zu. Nicht einmal Tharen wagte es etwas zu sagen.

      "Mit ihrer Expedition sind sie in meine Nähe gekommen. Ich habe mich vor Jahren von den verschiedenen Zivilisationen, insbesondere vom Bund abgewandt und keiner Weiß von meiner Existenz. Durch ihre Jagd ist mein Dasein nun in Gefahr."

      Ich versuchte mich zu rechtfertigen, dass wir nur hinter ihm her waren, weil der freie Verkehr beeinträchtigt wurde. Wir hatten noch nicht einmal eine Ahnung, womit wir es eigentlich zu tun hatten. Diese Begründungen ließ er jedoch nicht gelten.

      "Eigentlich müsste ich sie wie einen Feind behandeln. Ich hätte sie im Weltall lassen können. Sie wären erfroren oder erstickt und niemand hätte eine Frage gestellt."

      "Zu so etwas grausamen können sie doch nicht in der Lage sein. Immerhin haben sie uns aufgenommen und gut versorgt" erwiderte ich.

      "Mein Herr Davies, ich bin noch zu viel mehr fähig. Ich habe meine Gründe, weshalb ich die Abgeschiedenheit suche. Das Schicksal hat sie an Bord meines Schiffes gebracht. Sie werden hierbleiben und können ihr Leben in Freiheit genießen. Aber dafür verlange ich ein Versprechen."

      "Was für ein Versprechen wäre das?"

      "Auf diesem Schiff gibt es nur wenige Regeln, die aber um jeden Preis eingehalten werden müssen. Die wichtigste davon ist: Ich bin der Kapitän. Wenn ich ihnen einen Befehl erteile, soll er ausgeführt werden. Dabei möchte ich keine Gewalt anwenden und erwarte Gehorsam. Es geschieht zu ihrem eigenen Schutz. Sind sie damit einverstanden?"

      Wir waren keine Matrosen und konnten auf einem Schiff nicht viel anstellen. Was wollte er uns also für Aufträge erteilen? Wenn es darum gehen soll, einige Leitungen oder Getriebe zu reparieren, könnte ich sicherlich aushelfen.

      "Einverstanden" sagte ich.

      "Aber was verstehen sie unter Freiheit?"

      "Es sind dieselben Möglichkeiten, die meine Mannschaft und ich haben. Sie dürfen sich an Bord frei bewegen."

      "Sie sagen also, dass wir nie wieder von diesem Schiff herunterkommen. Ist das ihr Ernst?"

      "Allerdings. Sie vergessen, dass sie mich angegriffen haben. Da ich ihr Leben verschont habe, stehen sie in meiner Schuld. Zudem wurde mir nur zu deutlich gezeigt, was der Bund mit mir vorhat, sollten sie mich jemals zu fassen bekommen. Ich kann dieses Risiko nicht eingehen."

      "Also die Wahl zwischen Leben und Tod."

      "Richtig"

      "Dieses Versprechen werden meine Begleiter und ich niemals geben."

      "Erlauben