Elric ließ nicht nach. Ich ebenso nicht. Und doch gelang es mir, ihn während unseres Spiels zu betrachten. Seine Augen waren dabei geöffnet, doch er sah mich nicht wirklich an, er schien stattdessen in weiter Ferne entrückt zu sein. Schweiß rann an seiner weißen Haut herab und seine kampferprobten Muskeln lieferten mir ein beschauliches Spiel seiner Kraft und Ausdauer, seiner Wildheit und Leidenschaft.
Wieder wurde ich von einer Welle der Lust überrollt. Sie kamen in immer kürzeren Abständen, bis sie, wie ein Orkan, unerwartet über mich hereinbrachen. Noch während ihres ungewünschten Abgangs, ergoss sich ein warmer Strom in meinem Innern und Elric stöhnte auf. Auch er war - kurz nach mir - zu einem Höhepunkt gekommen. Ich umfing ihn nun völlig und meine innere Gier saugte ihn bis auf den letzten Tropfen aus.
Zufrieden entließ ich ihn aus meinem Schoß.
Ermattet rollte sich Elric von mir und blieb - gezielt Atem holend - neben mir liegen. Auch mein Atem legte sich schnell.
Wir sahen uns an, plötzlich dessen wieder bewusst wer wir waren. Wir sprachen nicht, doch auch so wusste jeder, was der andere empfand. Das Bedürfnis für Zärtlichkeiten und Zuneigungen war verschwunden. Die Pflichten eines Vertragspartners bereits erfüllt.
Elric hüllte sich in eine Seidendecke und schlief ein. Ich lag zitternd da, da der Schweiß auf meiner Haut trocknete und mich fröstelte. Schlaf überkam mich erst sehr viel später.
Unser Beischlaf war sehr intensiv gewesen und hatte nur eine knappe Stunde gedauert. In dieser Zeit waren wir wie zwei Auserwählte gewesen. Getrieben von Lust und Leidenschaft. Doch danach besann sich Elric, dass er dies nur getan hatte, um einen bestimmten Lohn zu erhalten. Und wenn ich mein Ziel einer Empfängnis erreicht hatte, lag mir nichts daran - als Göttin - solchen doch recht menschlichen Gefühlen noch nachkommen zu müssen. Ich war wieder die überlegene und gefühlsarme Chaosschwester Nezvaya geworden.
Ich erwachte früh aus meinem kurzen Schlaf. Meine Hand legte sich tastend auf meinen Unterleib und mit Hilfe meines Geistes ergründete ich dessen Tiefen. Ich wusste und fühlte es mehr, als dass ich es sah, das neu entstandene Leben in mir. Die Befruchtung war geglückt und ich war von Elric schwanger.
Vorsichtig und langsam erhob ich mich. Im anderen Raum legte ich mir ein einfaches Kleid aus schwarzvioletter Seide an. Dann bediente ich mich aus einer Obstschale und der Weinkaraffe.
„Lady Nezvaya!” Elrics Stimme ließ mich umdrehen.
Er stand in seiner Unterkleidung gehüllt im Türviereck. Sein Blick, der starr auf mir ruhte, war schwer zu deuten. „Meine Entlohnung, bitte!”
„Woher wollt ihr wissen, dass ihr euren Teil schon erfüllt habt, Lord Elric?” Ich prüfte ihn.
„Ich weiß es, Chaosschwester!”
„Woher?”
„Sagen wir”, er zögerte, schien das rechte Wort zu suchen, „Instinkt.”
Ich lachte kurz auf. Strich dann aber über meinen Leib und nickte bedächtig. „Ihr bekommt eure Belohnung!”
Ich rief nach einem Diener, der mir aus einem anderen Raum ein schwarzes Ebenholzkästchen holen musste. Dieses überreichte ich Elric.
„Darin befindet sich die Seele der Frau, die ihr einst tötetet: Cymoril.” Und mit dem Kästchen überreichte ich ihm auch den dazugehörenden Schlüssel.
Mit diesem Schlüssel öffnete er sofort das Kästchen und entnahm ihm einen herzförmigen, faustgroßen und blaßrosanen Kristall, der schwach pulsierte. Elric betrachtete den Kristall aufmerksam und legte ihn dann auf den Tisch. Dann holte er sein Schwert Sturmbringer von seinem Bündel Rüstung hervor. Mit der mächtigen, schwarzen Klinge durchbrach er den Kristall. Ich schaute dem Ganzen wortlos zu. Das blasse Licht des Kristalls erlosch, eine schlanke Rauchsäule fuhr heraus und festigte sich in eine Frauengestalt. In eine zierliche und wunderschöne, Frau mit schwarzen Haaren, die jedoch nicht körperlich konstant war, sondern durchscheinend wie ein Geist.
Und sie sprach nicht, da sie es gar nicht vermochte.
Elric betrachtete sie. Schmerz und Trauer zeichneten flüchtig sein Gesicht.
Die angebliche Cymoril schwebte mit flehend ausgestreckten Armen auf ihn zu. Sie wollte ihn begrüßen, empfangen …umfangen.
Doch dieser Moment währte nicht lange, dann bemerkte der Krieger, dass der Frauengeist nur ein Trugbild war und ich ihn somit hereingelegt hatte.
Aber diesen Betrug bemerkte er zu spät. Die Geisterfrau hatte ihn bereits erreicht und ich hatte derweil einen Transportzauber eröffnet, den ich nun geschwind auf Elric schleuderte. Der Zauber traf ihn hart und unerwartet. Er riss den Albinokönig aus meiner Dimension heraus und ließ ihn halbbetäubt am Strand unseres ersten Treffens landen.
Er kam schnell wieder zu sich. Blickte sich um und entdeckte all seine Sachen - Rüstung, Schwertscheide und Umhang - verstreut im Sand neben sich liegen. Sturmbringer, den er noch in der Hand hielt, steckte er in die Scheide zurück. Er legte sich die Rüstung und den Umhang an und wartete auf den Abend. Es war erst Mittag.
All dies beobachtete mein nicht sichtbarer, aber wohl existierender Geist aus ausreichend sicherer Entfernung.
Auch als Elric sich bückte und einen blitzenden Gegenstand aufhob - sah ich dies. Es war eine Hälfte des Kristalls und darin entdeckte er immer noch ein Abbild von ihr - Cymoril.
„Ihr Geist existiert nicht mehr. Selbst mein Bruder konnte ihn nicht Sturmbringer entreißen. Es tut mir leid. Ich kann nur eines noch für euch tun, Elric. Euch eure Erinnerungen an sie zurückgeben, damit sie nie verblassen. Lebt wohl mein weißhäutiger Held.” Ich verließ ihn - für immer.
Und wahrlich, jedes Mal wenn Elric in den Kristallsplitter sah, sah er ein Stück von Cymorils Leben darin vorbeiziehen. Dinge, die er mit ihr erlebt hatte. Und Dinge, die sie ohne ihn erlebt hatte. Somit hatte ich ihn doch entlohnt und meinen Teil des Vertrages erfüllt. Und zufrieden stieg Elric von Melniboné, der einstige Albinokönig des Rubinthrons, am Abend auf das Schwarze Schiff zurück, wo ihn der blinde Kapitän bereits erwartete und flog in neue Abenteuer.
Ende
Erstellt 1986, überarbeitet 1998
Elric, der Albinokönig von Melniborné, ein Wanderer durch Raum und Zeit ist ein Charakter von Michael Moorcock.
Verfluchte Unsterblichkeit
Als er aus seinem ersten Tod erwachte, hatte er seine Vergangenheit vergessen. Aber eine neue Erinnerung rückte an ihre Stelle. Eine Erinnerung von einer Welt, wie er sie sich hatte immer gewünscht - für sich und gegen die Menschheit.
Ohne jeden Zweifel war Kurgan grausam und brutal. Schändlich war sein Weg, den er ging und auch blutig. Nichts und niemand stellte sich ihm in den Weg, das wusste er und das kostete er nun zu genüge aus.
Und seine Aufgabe? - denn jeder der lebte, diente auch einem Zweck.
Für was war eine Bestie gut? Doch nur, um einem Helden zu seinem verdienten Ruhm zu verhelfen!
So war denn Kurgan die Bestie in Menschengestalt, wie man sie sich kaum grausamer vorzustellen vermochte. Doch wer mag sich ihm entgegenstellen und den Helden spielen?
Sicher haben es viele schon versucht. Aber ich weiß von jemand der es tatsächlich versucht und der mit dem Leben davongekommen war. Dieser Jemand war ganz besonders, da es sich hierbei um eine wagemutige Heldin handelte. Diese Heldin hieß Elaine und sie barg ein schauriges Geheimnis. Doch über sie erzähle ich etwas später. Wenden wir uns unserer Hauptperson Kurgan zu.
Von seiner Kindheit zu erzählen, ist wie der Akt eines Alptraums - unwirklich und unmenschlich. Und doch wuchs er heran. Kurgan war Kirgise. Und die Kirgisen waren seit jeher ein finsteres Volk gewesen. Sie gehörten