Christoph Hoenings

Djihad


Скачать книгу

Computersysteme sind fast die gleichen wie an Bord der großen Boote, lediglich Reichweite und Seeausdauer sind eingeschränkt. Und die Anzahl der Waffen. Seine Gefahr liegt darin, dass niemand weiß, wo es ist!“

      Faisal hatte nach den logistischen Problemen gefragt, die durch die Beschaffung von U-Booten, selbst so kleiner Einheiten, entstehen mochten. Müssten die Marinebasen in Jeddah und Dhahran ausgebaut oder verändert werden? Was war mit der Ersatzteilhaltung? Waren hierzu große zusätzliche Investitionen notwendig?

      Zaif hatte auf alle Fragen passende Antworten.

      Schließlich fragte Faisal:

      „Was kosten derartige Boote?“

      „Zweihundert fünfzig bis dreihundert Millionen Dollar das Stück,“ antwortete Zaif. „Ich habe mich bei anderen Marinen vorsichtig erkundigt.“

      „Und die großen Boote, die Sie vorhin erwähnt haben?“

      „Weit mehr als das Dreifache. Da wären allerdings auch umfangreiche Ausbauarbeiten an unseren Marinebasen notwendig. Große Boote haben einen so großen Tiefgang, dass wir tiefere Hafenbecken bräuchten, und die Fahrrinnen ebenfalls müssten ausgebaggert werden.“

      Zaif behielt tunlichst für sich, dass er den marktüblichen Preis für U-Boote soeben vervielfacht hatte. Zaif schlug sich zu diesem Zeitpunkt lieber auf die sichere Seite.

      General Faisal wiegte den Kopf.

      Das war viel Geld.

      Vor wenigen Jahren noch wären die von Zaif genannten Beträge ein besseres Taschengeld für das Königreich gewesen. Aber der erste Golfkrieg hatte eine Menge Geld gekostet. Achtzig Milliarden Dollar waren von Saudi Arabien an die Amerikaner bezahlt worden dafür, dass die USA das Land beschützt hatten. Dabei hatte das Königreich den Schutz nicht einmal gewollt! Dem Königshaus und der einheimischen Bevölkerung wäre eine arabische, auf dem Verhandlungswege mit Saddam Hussein erzielte Lösung lieber gewesen!

      „Ich werde mit Nummer Zwei darüber sprechen, Zaif. Wenn Sie mir jetzt meinen Wagen rufen lassen wollten!“

      Hakeem wusste, Nummer Zwei war die im Lande übliche Bezeichnung für Prinz Sultan bin Abdul Aziz, den Verteidigungsminister.

      Als General Faisal aufstand, sprang Hakeem auf die Füße. Auch Zaif und Abdallah standen auf.

      Faisal wickelte seinen Burnus enger, als sie in den Patio traten. Es war um diese Nachtstunde empfindlich kühl im Freien. Der General dankte ausgiebig für die erwiesene Gastfreundschaft und lobte das Essen mit so lauter Stimme, dass Hakeems Mutter dies nicht überhören konnte, auch wenn sie sich bereits ein Stockwerk über ihnen in ihren Gemächern befand. Zum Schluss fragte Faisal:

      „Zaif, wie ich festgestellt habe, haben Sie sich eingehend mit der Materie befasst. Wer liefert die besten dieser Produkte?“

      „Deutschland, General. Eindeutig Deutschland!“

      Rupert Graf hatte nach dem Telefonat mit Mahmut die verschiedenen Nummern von Norbert Schmehling angerufen.

      Schmehling war ihm seit vielen Jahren bekannt. Sie hatten einige Geschäfte zusammen durchgezogen.

      Norbert Schmehling lebte davon, seine Kontakte zur deutschen Politik und seine Auslandskontakte gewinnbringend einzusetzen. Hierbei half ihm seine enge Freundschaft zu einem Mitglied des deutschen Regierungskabinetts, über das er bei der Parteienfinanzierung hilfreich eingriff. Dies wiederum konnte er dank seines Wohnsitzes in Monaco tun, ohne dass dies bei den deutschen Steuerbehörden auffällig geworden wäre. Schmehling hatte Graf niemals verraten, wie ein Teil der an ihn gezahlten Provisionen nach Deutschland zurückfloss, und Graf hatte es tunlichst unterlassen, ihn zu fragen.

      Trotz mancher harter Verhandlungen und bis an die Grenzen der Fairness geführten Diskussionen waren sie so etwas wie Freunde.

      Graf erreichte Schmehling schließlich auf einem von dessen Handies. Wie Schmehling sagte, befand er sich in einer Bar in Nizza.

      „Ich hatte vorhin ein Telefonat mit einem Menschen namens Mahmut. Haben Sie mir den auf den Hals geschickt?“

      „Oh, hat der schon angerufen? Ich hätte mich morgen bei Ihnen gemeldet.“

      Schmehling klang regelrecht begeistert.

      Graf fragte:

      „Was ist das für ein Geist?“

      „Ein interessanter Mann! Sie müssen sich unbedingt treffen! Ein lohnendes Geschäft!“

      „Ich treffe mich überhaupt nicht mit Leuten, die schon am Telefon versuchen, mich zu erpressen.“

      Schmehling lachte.

      „Typisch Mahmut! Sie wissen doch, wie die Araber sind! Aber Mahmut hat seine Kontakte bis hinauf in die absolute Spitze!“

      „Was will er?“

      „Es geht um ein paar Ihrer wasserdichten Konservenbüchsen. Ich habe viel Mühe aufgewandt, Mahmut zu überzeugen, dass er nirgends besser aufgehoben ist als bei Ihnen!“

      Graf glaubte Schmehling kein Wort. Wahrscheinlich hatte der durch Zufall von einem möglichen Bedarfsfall erfahren, und jetzt hatte er diesen unangenehmen Typen am Hals!

      „Aber wenn Sie nicht wollen, Herr Graf,“ sagte Schmehling gerade, „dann lassen Sie es! Ihre Wettbewerber werden sich die Finger lecken! Das ist dann aber das letzte Mal gewesen, dass ich Sie jemandem empfohlen habe. Im Übrigen habe ich auch Freunde hier in Frankreich.“

      Norbert Schmehling hörte sich ausgesprochen beleidigt an.

      „Welches Land?“ fragte Graf.

      „Das größte.“

      „Genehmigung?“

      „Das überlassen Sie mir!“

      „Gut. Rufen Sie Ihren Freund an und sagen Sie ihm, ich würde meinen Terminkalender überprüfen. Im Laufe des morgigen Tages werde ich ihn wissen lassen, wann ein Treffen möglich ist.“

      Ahmed Falouf beobachtete im Rückspiegel den im Fond sitzenden General Faisal bin Salman. Wieder war es spät geworden. Jetzt, um drei Uhr früh, waren die Straßen Riads leer, und Ahmed dachte nicht daran, sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten. Um sieben Uhr, direkt nach dem Morgengebet, würde er den General zu seinem Büro im Verteidigungsministerium fahren müssen, und bis dahin wollte Ahmed noch etwas schlafen.

      Ahmed Falouf war Palästinenser. Für die Erledigung niederer Arbeiten hielten sich die Saudis Ausländer. Diese Ausländer, so hatte Ahmed einmal gelesen, machten inzwischen einen größeren Anteil an der Bevölkerung des Königreiches Saudi Arabien aus als die Saudis selbst. Gut, manche der Ausländer hatten die Chance, als Kaufleute oder als Anwälte bedeutende Positionen zu erreichen, aber immer würde, egal was sie taten, über ihnen noch ein Saudi stehen.

      Offiziell war Ahmed Falouf Mitglied der Streitkräfte Saudi Arabiens.

      Saudischer Soldat.

      Das stimmte aber ganz so nicht.

      Kein Einheimischer in Uniform hätte sich dazu herabgelassen, den Chauffeur zu spielen. Also wurden für diese Aufgaben, ebenso wie für Ordonnanzen, Diener, Reinigungskräfte oder Gärtner Ausländer aus den ärmeren arabischsprachigen muslimischen Ländern rekrutiert. Die bekamen eine Uniform, die sie in ihrer Dienstzeit trugen, egal ob sie hinter dem Steuer des Dienstwagens ihres Vorsetzten hockten oder in dessen Haus Essen servierten oder sauber machten. Hierbei handelte es sich vornehmlich um Palästinenser, Libanesen, Pakistani oder Bangladeshi, aber auch Ägypter und Jemeniten.

      Als Angestellte der Streitkräfte erhielten diese Männer keineswegs den großzügigen Sold der saudischen Soldaten, sondern das für ihre Tätigkeiten landesübliche Gehalt.

      Ahmed Falouf war nicht in einer Kaserne oder einem militärischen Komplex untergebracht. Er wohnte in einem kleinen Zimmerchen in einem Komplex für militärische Hilfskräfte, nur wenige Kilometer entfernt von dem geschlossenen Wohnviertel, in dem sich die