Miss Claires sinnliche Versuchung
PATRICIA SVEDEN
Copyright © 2020 Julia Lorenzi
Alle Rechte vorbehalten.
ISBN:
Historischer Liebesroman
Diese Geschichte, sowie alle darin vorkommenden Charaktere, sind frei erfunden und meiner Fantasie entsprungen. Erstaunlicherweise erwachten sie, während des Schreibens dieses Buches, zu eigenem Leben in meinem Kopf, sodass ich mit unter selbst überrascht war, was als Nächstes geschah.
Dieser Roman ist an keinerlei geschichtliche Ereignisse gebunden und spielt irgendwann zu Beginn des 19. Jahrhunderts in England.
DANKSAGUNG
Vielen Dank an alle LeserInnen!
Ich freue mich, Ihnen diesen historischen Liebesroman, der mir selbst beim Schreiben große Freude bereitet hat, präsentieren zu dürfen.
Ich möchte mich auch bei meiner Familie bedanken, die mich dafür für viele Stunden entbehrt hat.
Nun wünsche ich Ihnen viel Vergnügen!
1. kapitel
Claire Fortescue war reich, schön und wohlgeboren. Das einzige lebende Kind des angesehenen Duke of Ramesford. Claire war dazu erzogen worden, einmal reich und überaus vorteilhaft vermählt zu werden. Sie war das Goldstück und Heiligtum ihres überbehütenden Vaters. Es waren stets nur die besten und renommiertesten Lehrerinnen Londons für Claires Ausbildung eingestellt worden. Viele Köpfe hatten rollen müssen, wenn das Personal in Lord Fortescues Augen nicht den hohen Ansprüchen für seine Tochter genügt hatte.
Claire war von Männern stets ferngehalten worden, und war schon immer nur von weiblichem Personal umgeben. Bis vor Kurzem war Claire dieser Umstand nicht im Besonderen aufgefallen, doch allmählich fand sie es etwas merkwürdig, dass das männliche Personal stets einen großen Bogen um sie machte. Claire hatte aber beschlossen, nicht weiter darüber nachzudenken.
Nun war es endlich Sommer und die gesamte Familie reiste, wie in jedem Jahr, zu ihrem sommerlichen Landsitz nordwestlich von London.
Claire genoss diese Monate auf dem Lande sehr, denn da konnte sie ihrer ganz besonderen Leidenschaft, dem Reiten, nachgehen. Außerdem liebte sie es, in dem nahe gelegenen Teich zu baden, und wusste auch die klare, herrliche Waldluft zu schätzen. Es waren Monate, in denen sie das Gefühl hatte, ein wenig ihre Seele baumeln lassen zu können und einfach das Leben zu genießen. Ihre Lehrerin kam zwar stets mit, dennoch hatte Claire im Sommer wesentlich mehr Freizeit, als den Rest des Jahres in der Stadt.
Claire schlichtete gerade ihre mitgebrachten Lehrbücher in das Regal neben ihrem kleinen Schreibtisch, als sie durch einen zufälligen Blick aus dem Fenster in den Garten, ihn entdeckte. Er war ein dunkelblonder Jüngling in weißem Hemd und braunen Hosen, der gerade einen Schubkarren über den Gartenweg hinüber in die Richtung der Reitställe schob. Was machte er so nahe am Haupthaus? Lord Fortescues Personal war stets weiter entfernt in einem eigenen Gebäude untergebracht. Normalerweise sah man hier im Garten niemanden, außer einige wenige Mitglieder des Gartenpersonals. Seltsam. Claire konnte ihn nicht genau ausmachen, da er ihr nun den Rücken zukehrte und bereits relativ weit weg war. Irgendwie konnte sie aber nicht aufhören, ihn durch das geschlossene Fenster hindurch anzustarren. Dann war er verschwunden. Wer war das?
Claire rief sich zu innerer Ordnung und beschloss, sich nun weiter auf das Einräumen ihrer Bücher und Unterlagen zu konzentrieren.
2. Kapitel
Am nächsten Vormittag beschloss Claire einen kleinen Spaziergang durch den schönen, blühenden Garten direkt neben dem großen Haupthaus zu machen. Das Wunderbare an ihren Aufenthalten auf dem Lande war, dass es ihr stets möglich war, sich komplett alleine und frei rund um das Haus bewegen zu dürfen. Zuhause in London war es ihr strengstens untersagt, das Haus alleine und ohne angemessene Begleitung einer Anstandsdame oder Zofe zu verlassen. Aber hier konnte sie durchatmen und endlich wieder einmal mit ihren Gedanken, inmitten der grünen Natur, alleine sein.
Claire schlug den kleinen Kieselweg zum Rosengarten ein, den ihre Mutter vor Jahren so sorgfältig und bemüht geplant und umgesetzt hatte. Natürlich hatte ihre Mutter nicht selbst Hand an die Beete gelegt, das wäre undenkbar. Ihre Mutter war ein Abbild einer hochgeborenen, vornehmen Dame der gehobenen und erhabensten Gesellschaft. Die perfekte Adelige, mit vornehmer und porzellanartiger, weißer Haut und einem stets makellosen, eleganten Auftreten. Claire fühlte sich ihrer Mutter in keiner Weise ähnlich, bekam allerdings des Öfteren zu hören, dass sie ganz nach ihr geraten wäre. Claire war allerdings etwas kleiner als ihre Mutter, die sehr hochgewachsen war. Vielleicht hatte sie diese Eigenschaft von ihrem Vater, der für einen Mann doch relativ klein war.
Claire trat durch den wunderschön geschmiedeten Rosenbogen in den kleinen, aber prachtvollen Rosengarten ein und setzte sich auf eine der kleinen, weißen Sitzbänke, die zum Verweilen bereitstanden. Diese waren stets feinsäuberlich geputzt und poliert, sodass sich niemand die Kleider daran verschmutzen konnte. Diesen ausgezeichneten Service im Hause ihres Vaters, wusste Claire sehr wohl zu schätzen, allerdings fand sie es manches Mal auch etwas übertrieben.
Andererseits war sie durch ihre Eltern dazu angehalten, stets die feinsten und teuersten Kleider zu tragen, auch tagsüber, dass es tatsächlich schade um die teure Seide gewesen wäre, hätte sie sich damit womöglich in Vogeldreck gesetzt.
Manchmal hätte Claire lieber ein schlichtes und praktischeres Tageskleid aus einfacher Wolle getragen, um nicht immer derart vorsichtig sein zu müssen. Sie wusste aber, dass keine Ausnahme geduldet werden würde, nicht einmal hier auf dem Lande.
Langsam erhob sich Claire und überlegte, wo sie nun hingehen könnte. Zurück ins Haus wollte sie noch nicht, denn dort würde sie womöglich nur lernen und studieren müssen. Claire beschloss, ihren Spaziergang durch den hauseigenen Garten noch etwas auszudehnen, auch wenn Vater damit nicht gerade glücklich wäre. Im Grunde war sie aber nur dazu aufgefordert, im Garten und in der Nähe des Hauptgebäudes zu bleiben. Und diese Nähe war doch in gewisser Weise Definitionssache. Claire raffte euphorisch ihre Röcke und verließ den Rosengarten ausnahmsweise durch den zweiten Rosenbogen in die andere Richtung. Dorthin hatte sie sich in den vergangenen Jahren noch nie im Zuge eines vormittäglichen Spazierganges gewagt. Sie wusste sehr wohl, wie man die Pferdeställe, die irgendwo dahinter liegen mussten, über den Hauptweg vor dem Haus erreichen konnte. Doch hier durch den Garten mit all seinen vielen Bäumen und Sträuchern, war sie noch nie weiter gegangen, als bis zum Rosengarten. Claire musste vor Aufregung schmunzeln, sie hatte das Gefühl ein kleines Abenteuer zu begehen. Es würde schon nichts Schlimmes passieren. Immerhin war sie inzwischen siebzehn Jahre alt und nach dem Sommer würde sie bald achtzehn werden. Sie war also nicht mehr permanent auf eine Kinderfrau oder eine Aufpasserin angewiesen. Und was sollte schon passieren, hier im privaten Garten ihrer Eltern?
Claire ging durch das Gras und hob vorsichtig ihre Füße, da der Rasen an dieser Stelle doch recht hoch und mit vielen schönen Blümchen versehen war. Plötzlich blieb Claire mit einem Ärmel an dem Ast eines Obstbaumes hängen und riss sich ein kleines Loch in die gelbe Seide. Sie gab einen verärgerten Laut von sich. Wie sollte sie das ihren Eltern erklären? Andererseits besaß ihr Vater wirklich genügend Geld, um ihr noch an diesem Tag ein Dutzend neue Kleider anfertigen zu lassen. Sie würde einfach sagen, dass sie versehentlich an den Dornen der Rosen gestreift wäre, das müsste funktionieren.
Mit neuem Mut stieg Claire weiter durch das hohe Gras, dann hielt sie inne. Sie hörte Stimmen aus einiger Entfernung, männliche Stimmen. In Claire erwachten Schuldbewusstsein und Neugierde zur selben Zeit. Sie sollte schleunigst umdrehen und zurück zum Haus eilen, bevor sie noch jemand entdecken konnte. Andererseits war sie zu neugierig darauf, was dort hinten gerade geschah.
Der eine Mann, der etwas älter klang, rief einem anderen zu, er solle sich gefälligst beeilen, die Heuballen in den Stall zu befördern, bevor es zu regnen beginnen würde.
Claire warf einen Blick zum Himmel. Tatsächlich, dunkle Wolken verdichteten sich allmählich über dem Gut ihres Vaters und bald würde auch die Sonne dahinter verschwinden.