Stefan Lange

Suicide


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Stefan Lange

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      Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

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      Alexander Kopainski

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      Layout:

      Hanspeter Ludwig

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      Librarti SA

      Stefan Lange

      via della Stazione 2

      6600 Muralto

      © 2014 Stefan Lange

      www.stefan-lange.ch

      ISBN

      Vorwort und Danksagung

      Das vorliegende Buch ist ehemals unter dem Titel »Drei Monate und ein Tag« erschienen. Obwohl es das Werk schon seit vielen Jahren gibt, hätte ich es nie für möglich gehalten, daß ein gesellschaftlicher Diskurs über die Themen Depression und Suizid erst begonnen hat und wir am Anfang stehen, diese aus dem Dunstkreis des Tabus zu befreien.

      Das Schreiben war für mich ein wesentlicher Baustein, aus einer schweren Lebenskrise herauszukommen, und es ist Freunden zu verdanken, daß dieses Buch überhaupt entstanden ist. Die Liste der Menschen, denen ich zu tiefem Dank verpflichtet bin, ist derart lang, daß ich auf eine Namensnennung bewußt verzichte, auch aus Sorge davor, jemanden versehentlich nicht gewürdigt zu haben. Diese Menschen wissen um meine Dankbarkeit.

      Ich danke auch den Menschen, denen ich im Laufe der Jahre begegnet bin, seien es Redakteure vom Fernsehen und Radiostationen, Betroffene und Hinterbliebene oder interessierte Zuhörer. Die Begegnungen und die bewegenden Gespräche haben mein Leben bereichert.

      Für die Erlaubnis zum Abdruck von Texten anderer Künstler und Schriftsteller danke ich dem Suhrkamp Verlag für den Textauszug aus: Hermann Hesse, Lektüre für Minuten. Gedanken aus seinen Büchern und Briefen. Ausgewählt und zusammengestellt von Volker Michels. © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1971. Alle Rechte bei und vorbehalten durch Suhrkamp Verlag Berlin.

      Ein weiterer Dank geht an die EMI Music Publishing Germany GmbH und der Sony/ATV Music Publishing (Germany) GmbH für Auszüge aus dem Titel »Ohne Dich« der Gruppe Selig, Musik & Text: Christian Neander und Jan Plewka (© 1994), mit freundlicher Genehmigung der EMI Music Publishing Germany GmbH, und der Universal Music Publishing Germany für Auszüge aus dem Titel »Streets of Philadelphia« von Bruce Springsteen (© 1994).

      Ein besonderer Dank gilt Bernhard Roters und den Mitarbeitern der Sprachschule CLIC in Sevilla für die wertvolle Unterstützung bei der Recherche.

      Für die Gestaltung des Coverbildes danke ich Alexander Kopainski und für das Layout bedanke ich mich bei Hanspeter Ludwig. Die Worte für das Backcover hat Bara Rabe beigesteuert. Merci.

      Der Text ist nach den alten Rechtschreiberegeln verfaßt – ich liebe das scharfe ß – was dem Leseerlebnis hoffentlich nicht abträglich ist.

      Muralto, September 2014

      für Andrea

      »ein Platz in meinem Herzen wird dir immer sicher sein«

      ¿Sentías que te quería

      que sin ti

      todo lo perdería …?

      I. Teil

      Sterben

      Ist eine Kunst, wie alles

      Ich kann es besonders schön.

      Sylvia Plath (aus Madame Lazarus)

      Ich spürte Kälte. Als ich meine Augen aufschlug, befand ich mich in einem düsteren, grenzenlosen Raum. Ich war allein. Eine innere Stimme befahl mir aufzustehen und vorwärtszugehen, mich auf die Suche nach etwas zu begeben, das mir Wärme und innere Ruhe geben sollte.

      Nachdem sich meine Augen ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte ich Gänge, die von diesem Ort wegführten. Ich machte mich auf den Weg und stapfte in das Dunkel hinein. Ich hatte Angst. In diesem Labyrinth aus Korridoren und Öffnungen, die in andere Räume führten, begegnete ich niemandem. Ich hatte keine rechte Vorstellung, wonach ich eigentlich suchen sollte. Ich wußte nur, daß es etwas Großes und Tiefes sein mußte. Ich passierte Kreuzungen, von denen sich weitere Gänge verzweigten. Welchen Weg sollte ich nehmen? Ich ließ mich von meinem Gefühl leiten.

      Nach einer Weile des Umherirrens in einem Gang gelangte ich an eine Öffnung. Ich blieb stehen und schaute in einen dunklen Raum. Ein Sog, genährt aus einem süßen Verlangen, saugte mich in die Finsternis. Die anfängliche Gelassenheit wich einem aufsteigenden Gefühl der Beklemmung.

      Ich wollte fliehen. Es gelang mir nicht, den Ausgang zu erreichen, so sehr ich mich auch bemühte; es war so, als würde ich unter Wasser laufen. Verzweifelt strampelte ich und wurde fast ohnmächtig vor Angst. Mit letzter Kraft erreichte ich den rettenden Gang und konnte dem Strudel entkommen.

      Auf der Suche nach Wärme betrat ich weitere Räume, in denen ich jedoch nicht das fand, wonach ich mich sehnte. Ich wurde von verschiedenen Emotionen übermannt. Manchmal fühlte ich mich gedemütigt, dann war ich starr vor Schreck, empfand Schuld oder verfiel in Selbstzweifel.

      Nach einiger Zeit begegnete ich anderen Menschen. Sie schienen nervös, unruhig und liefen seltsam gehetzt. Waren auch sie auf der Suche? Ich wollte sie fragen, doch niemand schenkte mir Beachtung, so sehr ich auch versuchte, mich bemerkbar zu machen. Ich konnte nicht glauben, daß Menschen, die mir so nah waren, mich nicht sahen.

      Sie kamen mir irgendwie bekannt vor, wie Bezugspersonen aus meiner Vorzeit. Sie würdigten mich nicht eines Blickes, so als wollten sie mit ihrer Gleichgültigkeit zum Ausdruck bringen, daß ich nichts zählte und wertlos war.

      Später entdeckte ich eine Frau, die eine Zuneigung in mir weckte, doch auch sie schaute mich nur stumpf und starr an. Aus ihren Augen sprach tiefe Verachtung.

      Mir wurde bewußt, daß mich niemand liebte. Von allen Menschen war ich unweigerlich getrennt. Ein zerstörerischer Schmerz über längst Vergangenes nagte an mir. Mein Verlangen, an das imaginäre Ziel zu kommen, wurde immer verzweifelter. Gefühle von Scham und Wut stiegen in mir auf, die mich vorwärts trieben.

      Nach einer Spanne, die ich nicht in Stunden oder Tagen ausdrücken konnte, da ich keinerlei Zeitgefühl hatte, nach langem Gehen in dunklen Gängen, kam ich an eine Öffnung, aus der ein starkes Licht drang. Es war ein glühender Schein, der in mir eine verlangende Neugierde weckte. Interessiert näherte ich mich diesem Gluthaufen. Wohlbehagen stieg in mir auf, und ich glaubte, gefunden zu haben, wonach ich suchte.

      Die Glut hatte menschliche Züge, und ich konnte auf unerklärliche Weise mit ihr kommunizieren. Von dieser sonderbaren Erscheinung ging ein Gefühl des Vertrauens aus. Sie lächelte und verlegen lächelte ich zurück. In mir regte sich der Wunsch, mich niederzulassen. Von der langen Suche war ich müde und erschöpft, zweifelte aber. Die Glut lud dazu ein, mich ihr hinzugeben. So, als habe sie meine Zweifel erraten, fragte sie mich, wovor ich