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Hermann Christen
Shoppingalarm
warum Männer Shoppen hassen
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Shoppingalarm - Grundsätzliches
Shoppingalarm - Grundsätzliches
Shoppingalarm
Warum Männer shoppen hassen
Eine Feldstudie
von
Hermann Christen
Impressum
Texte: © Copyright by Hermann Christen
Umschlag: © Copyright by
Es geht das Gerücht, dass Männer, wenn es ums Einkaufen geht, eine äußerst geringe Frusttoleranz haben.
Das Gerücht ist wahr.
'Shopping und Mann' sind wie Windows auf Apple.
Verharmlosende Bezeichnungen wie 'Konsumerlebnis', 'genüsslich flanieren' oder 'nur mal gucken' schleudert sein Alarmsystem in den Modus panikerfüllter Hektik. Irreleitende Adjektive wie 'schnell', 'kurz', 'notwendig' oder gar 'spaßig' entlarvt er als hinterhältigen Sirenengesang, dem es sich zu entziehen gilt.
Ich bin keine Ausnahme.
Nicht dass ich nicht wollte, ehrlich. Ich habe Bäume umarmt, mir handwarme Kraftsteine aus dem Alpstein auf Brust und Bauch gelegt, schnüffelte an psychoaktiven, wild gewachsenen Heilpflanzen, ordnete meine inneren Schwingungen mit Bioresonanzsitzungen, optimierte meine innere Widerstandskraft mit Akkupunktur und Ayurweda und las mich durch die gängigsten Werke zum Thema Dämonenaustreibung.
All das, um eine, wie meine Frau meint, gesündere Einstellung zum Shoppen zu erlangen.
Ergebnislos!
Noch heute springen bei mir bei Shoppingalarm Abwehrreflexe an, gegen die ich nicht ankomme. Ich müsste es, geläutert und lebenserfahren wie ich bin, mittlerweile besser wissen. Aber es ist wie beim Kugelbahnspiel, bei dem die Kugel unbeirrt stets dieselbe Bahn durchläuft. Es bringt nichts, sich dagegen zu sträuben. Eher gelingt es, beim Niesen die Augen offen zu lassen.
Meine fadenscheinigen Ausflüchte weiß sie stets trefflich zu kontern und erweist sich mein Abwehrverhalten mal als besonders hartnäckig knackt sie dieses Bollwerk mit der erfolgreichsten aller Killeraussagen: "Aber du hast es mir versprochen..."
An diesem Punkt nicht einzulenken ist dumm. Ich weiß mittlerweile, dass mein Auflehnen, und sei es noch so wohlfeil begründet, nicht fruchtet, weil Aufforderungen dieser Art die Aussetzung von völkerrechtlich verbürgten Menschenrechten beinhalten.
Was bleibt ist, sich zähneknirschend aufwühlenden inneren Dialogen auszusetzen und sich zum Aufbruch bereit zu machen.
Während ich die Schuhe schnüre tröste ich mich mit meinem fetter werdenden 'Selig-seid-ihr-wenn-man-euch-schmäht-und-verfolgt'-Punktekonto, welches, wenn ich dereinst an der Himmelpforte Einlass begehrend anklopfe, Petrus schwer beeindrucken und mein Zulassungsprozedere beschleunigen wird.
Lange dachte ich, es liegt an mir, irgendeinem Gendefekt, der sich durch die Linie meiner männlichen Vorfahren gemogelt hat. Doch Gespräche mit verehelichten Altersgenossen belegten, dass ich kein Einzelfall, sondern biederer Durchschnitt bin. Es würde große Fußballstadien füllen, wenn sich die Leidtragenden meiner Region zu einem Selbsthilfeseminar zusammenrotteten.
Diese Tatsache befeuerte meinen wissenschaftlichen Eifer. Ich prüfte, analysierte und verwarf eine Vielzahl möglicher Ursachen. Doch wie ich es auch drehte und wendete, ich landete stets bei Actio (ihre Aufforderung) gleich Reactio (sein Widerstreben).
In der Physik ist Reactio dank messbarer Kenngrößen punktgenau kalkulierbar und steht in nachvollziehbarem Zusammenhang zu Actio.
Im Einkaufserlebnisfall sind die Kenngrößen zur Berechnung von Reactio im sogenannten Empörungsfaktor (Ef) zusammengefasst, welcher naturgemäß grösser als 1 ist, womit bereits die entscheidende Unschärfe zur Formel aus der Physik zu Tage tritt.
Bei der Berechnung 'Actio multipliziert mit Ef gleich Reactio' müsste der Wert von Reactio gemäß Adam Riese grösser als Actio sein, doch wirft das Shopping-Unschärfe-Paradoxon der Kalkulation ungeahnte Knüppel zwischen die Beine, weil aller mathematischen Logik zum Trotz Reactio stets von Actio übertroffen wird.
Wenngleich unwirksam werfe ich einen vertiefenden Blick auf den Empörungsfaktor. Dieser ergibt sich aus den Kenngrößen Dringlichkeit, Branche, Verkäuferverhalten, Blamierungsquotient, Belästigungsmaß und Ursache-Wirkungs-Wechselverhältnis.
Was steckt hinter diesen Kenngrößen?
Die Dringlichkeit benennt die Notwendigkeit des Einkaufvorhabens. Aus seiner Sicht ist Notwendigkeit stets überbewertet und dümpelt um Null herum. Mit Ausnahme des Wocheneinkaufs vielleicht, wo er eine theoretische Restbefugnis zu haben glaubt, die er in Bier, Chips und was-für-auf-den-Grill umsetzen könnte.
Je nach Branche reagiert der Ehemann zwischen Totalverweigerung und zähneknirschender Zustimmung.
Oft, aber nicht zwingend verknüpft mit der Branche ist das Verkäuferverhalten. Dieses kommt in den Qualitäten Kundenverachtung, Kundenwahrnehmung über Kundenkontakt bis hin zur totalen Kundenbeflissenheit vor.
Der Blamierungsquotient beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass er öffentlicher Schande ausgesetzt wird. Hohe Blamierungsquotienten erreichen Kleiderkäufe aller Art, wobei Hosenkauf in seiner Rangliste des Grauens nur knapp vor der Verschleppung in die Dessous-Abteilung steht.
Das Belästigungsmaß bewertet, wie unendlich-unpassend ihm die angekündigte Tour gerade ist, verhindert sie doch beispielsweise die seit dem letztjährigen Spätsommer geplante Fahrt in die Autowaschanlage oder vermasselt den erfolgreichen Abschluss der eben stattfindenden auf-die-Straße-runterschauen-und-einfach-nur-gucken Performance. Belästigungsmasse im kritischen Bereich können durchaus zu ernstem Zerwürfnis von langjährigen Partnerschaften führen.
Während das Ursache-Wirkungs-Wechselverhältnis beim Wocheneinkauf dem Mann noch einigermaßen plausibel dargestellt werden kann – 'Kühlschrank leer – muss gefüllt werden' – sieht er zur Neubestückung seiner Kleiderschrankhälfte keinen Anlass. Dass seine Hosen nur noch gewaltsam, oft in schweißtreibender Teamarbeit, geschlossen werden können, kontert er mit dem Hinweis auf die Diät, die er montags oder so starten wird. Irgendwo zwischen diesen beiden Extremen bewegt sich zum Beispiel die Beschaffung neuer Schuhe. Aber schon hier braucht es ihre ausgefeilte Überredungskunst