Aufstand der Kinder: "Papa, Mama, jetzt rebelliere ich! Lasst mich einfach Kind sein!"
ist zu viel für euch, wir helfen euch doch. Wir sind doch da für euch. Wir haben euch lieb, ihr habt liebe Eltern, die euch nicht allein im Tisch lassen.“ Sie packten zu und halfen und erwarteten nichts von uns. Wir wiederum fühlten uns in unserer Haltung bestätigt und zogen noch mehr Register, um noch mehr Hilfe zu bekommen. So blieben wir Kinder in erwachsenem Körper. Jetzt verstehe ich die Zusammenhänge.
Coach Camara: So bestätigten Ihre Eltern Ihre Schwächen und fühlten sich dadurch wiederum gleichzeitig kompetent und stark, erteilten noch mehr Ratschläge, waren noch präsenter. Sie als Kind ließen sie es zu, weil Sie sich sagten, die Eltern sind lieb und wollen doch nur helfen. Aber so vertuschten Ihre Eltern auch ihre eigene Fehler und Schwächen. Den Eltern und Kindern ist es nicht bewusst, was schief läuft. Sie werden sogar irritiert, gar wütend, wenn man eine Bemerkung in diese Richtung macht.
Johnny: Wir bekamen wirklich alles, was wir wollten. Aber das machte uns immer unselbständiger und uneigenständiger. Wir wurden immer leerer und meine Schwester suchte schon sehr früh esoterische und psychologische Hilfe. Ich glaube mit ein bisschen Selbstkritik hätten die Eltern uns helfen können. Jetzt sah es mein Vater ein und wollte mir helfen. Das tat er neulich, als er es ablehnte, mir das blöde Haus zu kaufen. Dieses Haus hätte mich wieder gefangen gehalten. Wegen des Hauses wäre ich sicher diese verdammte Ehe nicht losgeworden. Das ist die einzige gute große Tat, die mein Vater, meine Familie für mich getan hat, die nicht mit Geld zu tun hatte. Die strikte Ablehnung mir zu helfen, hat auf einmal alles in Bewegung gesetzt und ich möchte nun erwachsen sein. Ich will die Hilfe meines Vaters nicht mehr. Ich habe alles, was ich brauche, um allein im Leben durchzukommen
Coach Camara: Sehen Sie, was ich gemeint habe? Allein hätten Sie diesen Sprung nicht geschafft. Ihr Vater, der eine große Rolle in Ihrer Kindheit gespielt hatte, noch lebt und der Ihre Familie repräsentierte, war das fehlende Puzzleteil. Er hat Sie befreit. Er hat Ihnen die Freiheit gegeben und Sie in die Freiheit geschickt. Er hat Sie losgelassen, jetzt werden Sie erwachsen. Viele glauben vielleicht, dass es einen Vorwurf bedeutet, die Eltern in die Verantwortung zu ziehen. Nein! Schauen Sie bei Ihnen. Haben Sie Ihrem Vater Vorwürfe gemacht? Nein. Es gab keine Vorwürfe. Es gab nur Einsichtigkeit und den Willen, dass es jedem gut geht. Ihr Vater liebt Sie jetzt. Ich meine die Art von Liebe, die befreit und stark macht. Vorher hat er Sie auch geliebt. Es war aber keine Liebe in diesem Sinn. Geld zahlen, Geschenke geben, usw. ist eine Liebe für sich selbst, für denjenigen der gibt. Das ist eine reine auf sich bezogene Liebe. In diesem Moment, wo er gibt fühlt er sich wohl. Er sieht sich als Wohltäter und genießt es, dass das Kind ihn auch so sieht. Das ist eine narzisstische Liebe. Er fragt nicht, ob das, was er tut, dem Kind tiefgreifend hilft und es nach vorne bringt. Er stellt sich diese Frage nicht. Er sieht nur, dass das Kind in diesem Moment glücklich ist und er wieder der gute Mensch ist, der das Kind gerettet hat und ihm Freude gemacht hat. Das nenne ich nicht Liebe. Liebe nenne ich (das klingt vielleicht sehr afrikanisch) Liebe ist, wenn man mir durch Liebe zeigt, wie ich alleine das bekommen kann, was mir gut tut. Liebe ist für mich, wenn ich die Person, die mich liebt, nicht mehr brauche, um zu leben . Ich freue mich, dass es sie gibt. Liebe macht glücklich, gibt Energie, eröffnet und erweitert den Horizont und die Möglichkeiten. Liebe lässt mich wachsen und gibt mir ein Gefühl von Sicherheit. Liebe macht nicht abhängig. Liebe verkettet nicht, sie ketten nicht an. Sie löst Ketten. Liebe macht frei und gibt Freiheit. Es gibt keine Liebe da wo Menschen unglücklich sind, wo Menschen zweifeln, wo Menschen nicht an sich selbst glauben. Wahre und echte Liebe gibt Zuversicht, Glück, Freude, ein Gefühl der Sicherheit, Vertrauen. Wenn alles das in einem Kind fehlt, sollten sich die Eltern intensiv mit sich selbst auseinandersetzen.
Johnny: Leider tun das viele Eltern nicht. Ich frage mich, warum. Meinen Sie, dass Geschenke und Geben im Allgemeinen schädlich sind?
Coach Camara: Geschenke und Geben sind im Allgemeinen gut. Das ist auch eine Art, Zuneigung zu zeigen. Man will dem anderen zeigen, wie wichtig er ist. Das ist doch toll und niemand kann dagegen sein. Aber alles muss im Rahmen bleiben. Ja, viele Eltern übertreiben und sie lösen alles nur noch mit Geschenken und Geld. Beim kleinsten Husten des Kindes ist schon der Sirup da. Je weniger das Kind psychisch stabil ist, desto mehr geben sie. Sie wollen sich nicht mit der Kindheit ihrer Kinder auseinandersetzen, weil es eine Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrer eigenen Kindheit und ihren Eltern bedeuten würde. Manche tun es aus reiner Bequemlichkeit und Faulheit nicht.
Wir reden hier von Liebe und von der Beziehung zwischen Eltern und Kindern, ich spreche hier nicht von Geschenken und Geben in einem normalen Rahmen. Das schadet nicht. Freude haben ist gesund. Ich spreche von Geschenken und dem Geben in überproportionalem Rahmen. Auf jeden Fall müssen Eltern sehr vorsichtig damit umgehen. Sie müssen ihren Kindern in schwierigen seelischen Krisen nicht nur materiell helfen. Sie müssen sich zur Verfügung stellen, um den Kindern zu helfen. Eine gemeinsame Therapie ist in vielen Fällen ein Muss, wenn man dem Kind helfen will. Leider, leider….
Johnny: Das heißt viele Eltern sind Versager. Sie haben versagt, ich habe versagt als Vater? Wir haben versagt?
Coach Camara: Die Eltern miteinzubeziehen beim Lösen bestimmter psychischer Probleme ist enorm wichtig für Kinder und Eltern. Erst wenn wir uns stur dagegen stellen, oder es nicht sehen wollen, obwohl wir jeden Tag sehen, wie es unseren Kindern geht, ja, erst dann sind wir meiner Meinung nach Versager. Wir sind es nicht von vorneherein. Wir hatten nur das Gute tun wollen, das trifft zumindest auf die Mehrheit zu. Es gibt allerdings auch Eltern, die nur aus reiner Bequemlichkeit sich ihrer Verantwortung entziehen, indem sie die Kinder sehr schnell sich allein überlassen. Um dem dann einen Sinn zu geben, meinen Sie, dass sie den Kindern früh Verantwortung und Selbständigkeit beibringen möchten. Ja, aber BEIBRINGEN bedeutet nicht Interessenlosigkeit. Sie ziehen es vor, auf der Couch zu liegen, Fernseher zu schauen, auszugehen, mit dem neuen Freund zusammen zu sein, anstatt auf die Kinder aufzupassen. Und nennen das dann Verantwortung beibringen....
Ja, für die Mehrheit der Eltern, ist es keine bewusste Entscheidung. Sie wollen wirklich etwas Gutes tun, nur das Beste für die Kinder. Sie wissen nicht, dass es so kommen wird. Dass unsere Kinder durch unsere Erziehungsart schwach, labil, innerlich instabil, ängstlich (beste Weg zum Burnout) usw. werden. Wir wollen ganz bestimmt das Gegenteil erreichen. Nun da wir sehen, dass es leider anders angeschlagen hat, jetzt können wir nicht mehr sagen wir wussten es nicht.
Die Behauptung, dass die Kindheit egal sei, hat eine große Wirkung auf uns, aber, und das ist erfreulich, wir können, wenn uns die Falschheit dieser Aussage bewusst wird, diesen Einfluss zum Guten beeinflussen und alles ändern.
Johnny: Das ist wohl wahr. Leider erst wenn man so gelitten hat und Mist gebaut hat, wie ich. Ich hoffe, mein Vater verzeiht mir.
Coach Camara: Er hat Ihnen schon verziehen. Sie sehen bzw. Sie spüren es noch nicht, weil Sie ihm und vor allem sich selbst noch nicht verziehen haben.
Nur wer von seinem eigenen Elternhaus gelernt hat glücklich zu sein, kann dies erfolgreich seinen Kindern beibringen und seine eigenen Kinder glücklich erziehen. Wer das nicht hatte oder immer noch nicht hat, muss sich umerziehen und lernen, sich von seiner unglücklichen Kindheit zu distanzieren.
Meine eigene Erfahrung ist ein Beispiel dafür, wie alte Kindheitsgewohnheiten weitergegeben werden.
Ich erinnere mich immer noch daran, wie mein Vater – obwohl er als Politiker in der Aufbauphase Kameruns nach der Befreiung und dem Sieg über Frankreich mehr als 16 Stunden am Tag arbeitete – doch immer Zeit fand, uns mehr als 20 Kindern wertevolle Geschichten zu erzählen, Lieder zu singen, mit uns zu spielen, usw. Ja, das hat meine Kindheit geprägt.
Als ich dann selber Vater war, habe ich das gleiche mit meinen Kindern gemacht, weil es mir gut getan hatte.
Obwohl ich sehr beschäftigt bin, tue ich alles, um bei meinen Kinder präsent zu sein, ihnen Geschichte zu erzählen, zu spielen, usw. genauso, wie mein Vater es damals mit mir gemacht hat. Wir