Gerhard Ebert

Katastrophen im Gartenteich


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angenehme Hohlräume finden. Und wenn sie gar auf die Idee kämen, das Plastbecken anzuknabbern, hätten wir uns damit abfinden müssen. Was sie übrigens nie getan haben. Nur einmal im Verlaufe der Zeit sah ich, dass sich ein Mäuschen da unten irgendwie häuslich niedergelassen hatte. Aber es machte uns keinen Ärger.

      Jetzt beim Bau konzentrierten wir uns darauf, das Becken waagerecht zu platzieren. Obwohl wir x-mal mit der Wasserwaage hantierten, stellte sich, als wir schließlich Wasser einließen, heraus, dass wir doch nicht präzis genug gewesen waren. So eilig man es hat, solch kleines Werk zu vollenden – von jeder Hast ist abzuraten.

      Noch bevor es "Wasser Marsch!" heißen konnte, musste eine Schicht Teichgrund eingebracht werden. Nackt und bloß sollte unser Teich nicht sein. Und da es die passende Teicherde in ansehnlichen Säcken zu kaufen gibt, sorgten wir denn für die unseres Erachtens gemäße Menge, fügten auch noch ein bisschen Sand aus unserem Grundstück hinzu. Sand brauchen die Fische zum Gründeln. Und bei uns sollten sie auf nichts verzichten.

      Welche Überraschung nun aber, als wir endlich begannen, Wasser einzulassen. Obwohl wir ganz vorsichtig vorgingen, also jeden festen Strahl vermieden, schien es fast, als hätten wir nicht Teichgrund gekauft, sondern schwimmenden Holzmulch. Ratlos standen wir um unsere neue Errungenschaft herum. So hatten wir uns das nicht vorgestellt. Hatten wir zu hohe Ansprüche? Hatten wir etwas falsch gemacht? Je mehr Wasser hineinlief, desto mulmiger wurde die Brühe. Wir trösteten uns mit der Hoffnung, dass die Teicherde sich voll Wasser saugen und also schließlich absinken würde. Was nach zwei, drei Tagen bangen Wartens wirklich geschah.

      Wie auch immer - die undurchsichtige Lorke enttäuschte uns erst einmal maßlos. Dennoch war ein Zustand erreicht, der unerwartet neue Überlegungen provozierte. Schließlich hatten wir noch keine Fische gekauft. Denn zuerst hatte der Mini-Teich gebaut werden müssen. Aber nun war er fertig, und kein Lebewesen darin. Abgesehen vielleicht von ein paar Mückenlarven.

      Der Sohn kam auf die rettende Idee. Seine neue Folie war verlegt, eine schmucke kleine Pfütze entstanden, aber ein Frosch noch nicht eingetroffen. Jetzt sprach er aus, was ihn offenbar schon lange bewegte. Er schlug vor, von einem nahen Tümpel im Wald ein paar Kaulquappen zu holen. Das sollte man zwar nicht tun, gewiss doch, aber da dieser Tümpel im Sommer immer austrocknete, waren die Kaulquappen dort sowieso reine Todeskandidaten. In unseren Pfützen hingegen, für deren Wasser wir sorgen würden, hätten sie das reine Paradies! So zog Sohnemann denn los.

      Als er mit einem halbvollen Eimer trüben Teichwassers zurückkehrte, wollten wir ihm nicht glauben, dass da Kaulquappen drin schwammen. Vorsichtig kippte er den Eimer aus, und just in dem Moment erblickte ich für Sekunden-Bruchteile etwas Silbriges, das mit dem Schwupp Brühe im Teich verschwand. Ich äußerte meine spontane Vermutung, dass ein Fisch dabei gewesen sein könnte. Unser Sohn hielt das für unmöglich. Er hatte, wie er berichtete, den Eimer einfach in ein Wasserloch gestülpt, dem letzten Rest Wasser im Tümpel, in dem sich Kaulquappen quälten. Einen Fisch aber hatte er nicht gesehen.

      Nun stand und saß die ganze Familie den lieben langen Tag um unseren Teich herum, starrte hinein und hoffte, einen Fisch zu sehen. Aber da war nichts zu sehen. Jedenfalls kein Fisch. Kaulquappen hingegen tauchten ab und zu aus dem Modderwasser am Rande auf, zogen sich aber stets sofort wieder in die schützende Tiefe zurück. Womit sie uns im Grunde klar machten, wie sehr sie hier neugierigen Katzen ausgeliefert waren.

      Es half alles nichts - es musste ein Schutz her. Noch bevor wir am Wochenende wieder stadtwärts zogen, musste der Teich gründlich abgeschirmt werden. Zwei Dutzend Glasfaser-Stäbe, eigentlich als Halt für Pflanzen gedacht, wurde in gebührendem Abstand ringsum gesteckt und die Zwischenräume mit Schnuren und Drähten verbunden. Das sah am Ende zwar nicht unbedingt schön aus, versprach aber Schutz.

      Ziemlich abgekämpft versammelte sich die Familie noch einmal vor der Neuerung, wartete und wartete, aber ein Fisch war nicht zu sehen. Meine Beobachtung wurde in Frage gestellt, Anlass für mich, zum Aufbruch zu bitten.

      Nach einer Woche voller Wenn und Aber, das schon fast lächerlich war wegen maßloser Übertreibung in Sachen Fisch, fanden wir uns denn wieder im Garten ein. Klar war, dass man den Fisch, so es ihn wirklich gab, nicht verschrecken durfte. Möglicherweise hatte er sich inzwischen wohl gefühlt, weil sicher und geborgen, und hielt sich an der Oberfläche in der Sonne auf. Also wurde entschieden, dass der Sohn zunächst allein und vor allem vorsichtig an den Teich herantreten sollte. Wir verharrten in gebotener Entfernung.

      Kaum konnte er aufs Wasser schauen, erstarrte er zur Salzsäule, und zwar mit einer Miene, die purer Triumph war. Strahlend über alle Backen nickte er uns vorsichtig zu und zeigte mit einem Finger der fest an den Körper gepressten rechten Hand zum Teich. Kein Zweifel, er sah einen Fisch! Langsam rückten wir nun auch vor. Doch als wir am Ziel waren, ließ sich niemand blicken.

      Eben war er da, meinte der Sohn, und zwar ein silberner Fisch von so etwa 15 Zentimeter Länge. Donnerwetter! Wie war das zugegangen? Wir rätselten und kamen zu der Überzeugung, dass wahrscheinlich ein Angler überflüssige Beute in dem Tümpel abgekippt hatte, und der Fisch hatte sich in das Wasserloch retten können. Im Moment und vorläufig war er wieder unsichtbar. Wieder stand die Familie und starrte.

      Als wir dann beim Kaffee saßen und uns möglichst still verhielten, geschah die Sensation. Ein prächtiger silbriger Kerl von wirklich etwa 15 Zentimeter Länge schwamm geruhsam kreuz und quer und schnappte unablässig nach irgendwelcher Nahrung, die wir nicht erkennen konnten. Welchen Fisch hatten wir da "an Land" gezogen?

      Es war gar nicht so einfach, die Art zu bestimmen. Da man anders als in einem Aquarium solch Fisch immer nur von oben und so gut wie gar nicht von der Seite sehen kann, fehlten wichtige Merkmale. Von der Größe her, fanden wir, sofern er nicht noch weiter wachsen würde, schien es zunächst einmal kein Karpfen zu sein. Als Hecht ließ er sich auch nicht einordnen. Möglich war eine sogenannte Rotfeder. Für Momente, wenn man die Flossen zu Gesicht bekam, schien es nämlich, als seien die rötlich gefärbt. Auf alle Fälle, das stand irgendwie fest, war es kein Zierfisch.

      Damit war eine knifflige Situation entstanden. Futter, das man für Teichfische kaufen kann, konnte man wahrscheinlich an diesen "Naturburschen“ nicht verfüttern. Also musste er selber sehen, wie er in unserer für ihn gewiss zu kleinen Pfütze zurechtkommen würde. Auf alle Fälle verbot es sich, ihm noch andere Fische zuzumuten. Wie sonst sollte die natürliche Nahrung ausreichen, die mit der Zeit entstand, vielleicht Mückenlarven oder so etwas Ähnliches!

      Wahrscheinlich hatten wir richtig entschieden; denn der muntere Geselle sah auch nach zwei, drei Wochen nicht etwa abgemagert aus. Auch war er nicht mehr ganz so scheu wie anfangs. Allerdings zog er sich gern zwischen die Pflanze zurück, wo er für unsere Begriffe ewig stecken konnte. Mit den Kaulquappen vertrug er sich, wie uns schien, ganz gut. Zum Glück konnten sie ihm nicht als Nahrung dienen, weil sie dafür einfach schon zu groß waren.

      So begnügten wir uns denn mit einem Fisch und erfreuten uns ansonsten am Gedeihen der Kaulquappen. Viel Aufregung selbstverständlich, als wir bei einigen von ihnen kleine Beinchen entdeckten. Warum sie unterschiedlich schnell wuchsen, wussten wir uns nicht zu beantworten. Neue Aufregung dann, als sich eines Tages ein kapitaler Frosch eingefunden hatte. Er hopste vom Uferrand ins Wasser und verkroch sich misstrauisch unter die Pflanze. Würde er sich mit den Kaulquappen vertragen? Immerhin war der Teich nun sozusagen komplett von der Natur anerkannt. Wir waren richtig stolz auf unseren Pool.

      Welch echte Freude, als eines Tages so etwa daumengroße Frosch-Winzlinge am Ufer saßen und in hohem Bogen ins Wasser hüpften, sobald wir näher traten. Da nebenan im Wald der Tümpel, den die Gemeinde verrotten ließ, inzwischen vollkommen ausgetrocknet war, hatten wir ganz ohne Zweifel ein wirklich gutes Werk getan. Durch unsere Hilfe hatten sich so etwa zehn bis zwölf quicklebendige Teichfrösche entwickelt. Gar nicht auszudenken, wenn die im nächsten Jahr alle am Ufer unseres Teiches