Marianne Brugger

Weihnachtliche Begegnungen


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Er hatte auch die Kinder mit fester Hand geführt. Wie immer, wenn sie in letzter Zeit an Max dachte, schnürte es ihr den Hals zu, kroch ihr die Angst den Rücken hinauf. Zu lange schon hatte sie nichts mehr von ihm gehört, und sie wusste nicht, ob er überhaupt noch am Leben war. Zwar war durch den harten Alltag die große Liebe, die sie einst füreinander empfunden hatten, längst aufgezehrt. Aber das Bewusstsein, ihn an ihrer Seite zu haben, hatte ihr Sicherheit gegeben – seltsamerweise auch während der Wirren der Kriegsjahre, als er längst schon an der Ostfront kämpfte.

      Jetzt, da sie allein war, gestattete sie sich das Weinen, fiel die bleierne Starre, die sie den ganzen Tag auf den Beinen gehalten hatte, von ihr ab. Von Weinkrämpfen geschüttelt, hörte sie nicht, wie die Stalltür leise geöffnet wurde. Als sich die schwere Hand des Bauern auf ihre Schulter legte, schrak sie auf. Berührt von ihren offenbarten Gefühlen, vermied er es trotz der schützenden Dunkelheit, sie anzusehen und brachte unbeholfen, mit ungewöhnlich hoher Stimme, sein Anliegen vor.

      „Meine Frau hat mich geschickt. Ich soll Sie mit den Kindern zu uns in die Stube holen. Essen ist heut’ genug für alle da.“

      Stumm, lediglich zustimmend nickend, war Hanne der Einladung gefolgt. Sie hatte ihre Kinder an die Hand genommen und in die warme, matt beleuchtete Stube geführt. Ohne dazu aufgefordert worden zu sein, rückten die Bauernkinder zusammen, schafften für Hannes Kinder Platz auf der Holzbank. Hanne wurde ein Stuhl zugewiesen. Um den Tag angemessen zu würdigen, hatte man ein weißes, besticktes Tischtuch aufgelegt und mit dem guten Geschirr gedeckt. Ein kleiner Tannenbaum, geschmückt mit wenigen Glaskugeln und bereits abgegriffenem Lametta, zierte die Ecke bei der Ofenbank.

      „Heuer langt’s nicht zum richtigen Weihnachtsessen, wir müssen zufrieden sein mit dem Fleischeintopf“,

      gab die Bauersfrau den Gästen lächelnd zu verstehen und teilte reihum die dampfenden, randvoll gefüllten Teller aus. So wohl wie an diesem Abend in der warmen Stube bei den Quartiersleuten hatte sich Hanne schon lange nicht mehr gefühlt. Auch die Kinder genossen das gute Essen und die entspannte Atmosphäre bei Tisch. Nur die Ähne, die unverheiratete Schwester des Bauern, lauschte unbeteiligt den Gesprächen, wo viel von „früher“ und „bei uns“ die Rede war. Doch trotz all der Erinnerungen – Hanne war gern der Aufforderung nachgekommen, von ihrer Heimat zu erzählen – kam keine Schwere und Wehmut auf. Die liebevolle Aufmerksamkeit der Bäuerin ließ sie einen Abend lang ihre schlimmen Befürchtungen vergessen.

      Ein Windstoß, der in den Kamin fuhr und das Feuer zum Flackern brachte, holte Hanne wieder in die Wirklichkeit zurück. Eine Weile saß sie noch versonnen in ihrem Lehnstuhl, spann den Faden vom Gestern zum Heute. Schon seit Langem fühlte sie sich wohl in der neuen Heimat. Es waren jetzt andere auf der Flucht, auf der Suche nach einer dauerhaften Bleibe. Es waren jetzt andere, die auf sich allein gestellt waren oder sich kein Weihnachtsessen leisten konnten. Mit ihrer reich beringten Hand schlug sie die wärmende Wolldecke, die über ihrem Schoß lag, zurück, stand entschlossen auf und ging zum Telefon. Nun wusste sie, was zu tun war. Sie wusste, wie sie Weihnachten verbringen würde.

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