Denise Devillard

Die Magier von Stonehenge


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Mutter gefragt, aber sie konnte oder wollte seine Fragen nicht beantworten. Und nun saß er da beim Notar und war völlig überrascht, dass es doch noch Hinweise über seine Mutter zu geben schien, von denen er bisher nichts gewusst hatte.

      Er hatte keine Ahnung, woher seine Mutter eigentlich gekommen, respektive, wer sein Vater gewesen war. Er wusste so gut wie nichts über seine eigene Familie. Seine Mutter hatte dieses Geheimnis mit in ihr Grab genommen.

      Matthew bedankte sich bei dem Notar, nahm den Brief und die Schatulle und fuhr zurück nach Hause in seine kleine Wohnung in der Stadt. Sie war nichts Besonderes, vielmehr schon etwas heruntergekommen, jedoch für seine einfachen Ansprüche war sie ausreichend. Matthew verdiente seinen Lebensunterhalt auf der Farm des alten John, der ihn schon von Kindesbeinen an kannte. Er war ein guter Freund von Tom und Sally gewesen. John war schon in einem stolzen Alter, dessen ungeachtet war er gesund und noch sehr aktiv. Die Arbeit auf der Farm hielt ihn jung. Sein Sohn Buck war in Matthews Alter. Beide waren inzwischen gute Freunde geworden. So gestaltete sich das Verhältnis der drei zueinander eher einer Familie als das eines bloßen Arbeitsverhältnisses. Matthew hatte sich dort sehr wohl gefühlt. Er kannte jeden Stein auf der Farm und lernte im Laufe der Jahre viel über die Bewirtschaftung einer Farm. Eines Tages wollte er selbst eine besitzen. Das hatte er sich schon mit zwölf Jahren geschworen. Da er mit Tom und Sally schon als kleines Kind auf der Farm zu Besuch gewesen war, war ihm eine andere Möglichkeit zu leben nicht bekannt. Er liebte es, über die Felder zu laufen und bei den Tieren zu sein. So konnte er sich dann auch in späteren Jahren nichts Schöneres vorstellen, als selbst eine Farm zu besitzen.

      Als er dann vom Notar zurück nach Hause fuhr, war er sehr nachdenklich. Er fragte sich, was sie eventuell wohl noch gewusst hatte über seine Herkunft. In seiner kleinen Wohnung angekommen, stellte er die silberne Schatulle auf den Tisch und öffnete den Brief.

      Er war von Sally; das sah er sofort an ihrer Handschrift, die er nur zu gut kannte.

      „Mein lieber Junge!

      Es ist nun an der Zeit für mich zu gehen, und in meinen letzten Tagen, schreibe ich diesen Brief an Dich, der Dir erklären soll, warum es mir nicht möglich war, ihn Dir schon früher zu geben.

      Ich habe deine Mutter damals nach dem Unfall noch im Krankenhaus drei Tage vor ihrem Tod besucht, weil ich einige Sachen von dir holen musste und auch deine Papiere benötigte für unser Heim.

      Sie war schon sehr schwach gewesen und die Ärzte wussten, dass sie nichts mehr für sie tun konnten, weil ihre inneren Verletzungen einfach zu schwer waren.

      Sie gab mir ihren Schlüssel und beauftragte mich, aus ihrer Wohnung das Nötige zu holen. Hierzu gehörte diese silberne Schatulle, die du nun in deinen Händen hältst. Es war ihr sehr wichtig, dass du sie eines Tages, wenn du in einem reifen Alter bist, bekommst. Ich kann dir nicht sagen, was ihr Inhalt ist, da ich ihn nicht kenne. Ich habe nie hineingesehen, sondern die Schatulle nur in ihrem Auftrag für dich so lange aufbewahrt, bis du über 30 Jahre alt warst, so wie deine Mutter es gewollt hatte. Ich durfte sie dir nicht früher aushändigen, aus welchem Grund auch immer. Ich weiß, dass du gerne mehr erfahren hättest über sie und deinem Vater. Aber diese Fragen hatte sie mir nicht beantwortet. Mir schien, sie hatte wohl auch einen guten Grund, dies zu verschweigen. Ich weiß nur, dass sie mit Mary Smith bezeichnet wurde, was meiner Meinung nach wohl auch nicht ihr richtiger Name war. Vielleicht hatte sie ihn auch nur aus irgendeinem uns verborgenen Grund angenommen. Ich kann dir nur meine Eindrücke von diesem Besuch damals schildern, soweit ich mich noch daran erinnere. Deine Mutter war eine wunderschöne Frau mit blauen Augen und langem dunklen Haar. Sie war eine sehr zarte Person, sie drückte sich auch sehr gewählt aus, sodass ich annahm, dass sie aus sehr gutem Hause stammen musste. Aber sie hat mir nichts weiter- erzählt, was ich Dir hätte mitteilen können. Sie war aber auch schon viel zu schwach. Das Reden strengte sie sehr an. Worauf ich mir keinen Reim machen konnte, war ihre Aussage: „Die Macht ist mit ihm bei den Steinen.“ Sie hatte nichts weiter dazu gesagt. Ich habe nicht verstanden, was sie damit gemeint hat. Vielleicht hat sie auch nur im Delirium gesprochen, hervorgerufen durch die Medikamente. Ich kann es Dir nicht sagen. Sie war danach auch nicht mehr ansprechbar. Damit war dieser Satz das Letzte, was sie zu mir sagte. Ich vermute, dass Du vielleicht in der Schatulle weitere Hinweise finden wirst, die Dir etwas über deine Herkunft verraten könnten.

      Alle meine Sachen, die ich noch besaß, vermache ich Dir, und ich hoffe, dass Du sie als Erinnerung an Tom und mich aufbewahrst. Habe viel Freude daran!

      Mein lieber Matthew, Du warst immer wie ein eigener Sohn für mich, und ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass Du glücklich wirst. Vielleicht findest Du ja auch irgendwann die richtige Frau, die an Deiner Seite mit Dir glücklich sein kann. Das hoffe ich sehr.

      Welchen Weg Du auch immer gehen wirst, gib immer gut auf Dich acht und bleib so, wie Du bist.

      In Liebe deine

      Sally“

      Matthew legte den Brief auf den Tisch, wobei er tief durchatmete. Er war enttäuscht, dass er nun wieder nicht viel mehr wusste als zuvor. Er war innerlich sehr aufgewühlt. Gefühle von Trauer, Frust und auch ein wenig Angst durchfluteten ihn. Was würde er nun gleich finden?

      Mit zittrigen Händen versuchte er, das Behältnis zu öffnen. Die Schatulle hatte einen sehr seltsamen Verschluss, den er nie zuvor gesehen hatte. Am Deckel war eine Art Ring, den man anheben und drehen musste, damit jener aufging. Der Löwe, der den Ring in seinem Maul hielt, hatte zwei blaue glänzende Steine als Augen. Matthew betrachtete das Tier und sah, dass seine Pranken an den Seiten die Schatulle festhielten, so als ob das Tier den Inhalt schützen wollte. Die Augen waren kraftvoll und warnend zugleich. Nie zuvor hatte er etwas Vergleichbares gesehen. Das warf bei ihm noch mehr Fragen auf, denn das hier war keine übliche Schmuckschatulle, die man überall kaufen konnte. Es war eindeutig zu erkennen, dass sie sehr alt und von findiger Hand hergestellt worden war. Was ihn wiederum auf die Frage zurückkommen ließ, wer seine Mutter gewesen und woher sie gekommen war. Er hatte keine Verwandten, die er hätte fragen können. Auch seine Geburtsurkunde gab keinerlei Aufschlüsse darüber. Vater unbekannt, stand auf der Urkunde zu lesen.

      Schon sein ganzes Leben lang fragte sich Matthew, wer er eigentlich war. Aber niemand konnte diese zutiefst in ihm brennenden Fragen beantworten. Als er nun den Ring drehte, war ein mechanisches Geräusch zu hören, und zwar so, als ob sich im Inneren Teile verschieben und der obere Part der Schatulle dadurch freigegeben würde. Matthew atmete tief durch. Seine Anspannung war fast greifbar. Nervös hob er den Deckel an und klappte ihn zurück. Das Innere der Schatulle war ebenfalls aus altem Silber, und mit blauem Samt ausgeschlagen.

      Sein erster Blick fiel auf einen Briefumschlag, der prall gefüllt war, und seinen Namen trug. Er nahm ihn vorsichtig heraus und öffnete ihn.

      Er staunte nicht schlecht, als dann vor ihm tausende von Dollar lagen. Sein Herz pochte wie wild, als er das Geld zählte. Es waren genau 79.800.- Dollar. Er freute sich wie verrückt, denn nun konnte er sich endlich seinen Traum von einer eigenen Farm erfüllen. Gleichzeitig warf das für ihn noch mehr Fragen auf, was seine Mutter betraf. Wer war sie, dass sie so viel Geld besessen hatte? Woher hatte sie es, wenn sie doch laut anderen Leuten nur als Näherin gearbeitet hatte, wenn sie gar nicht viel verdient hatte? Fragen über Fragen schwirrten in Matthews Kopf umher. Er hätte nur zu gerne gewusst, wer sie wirklich gewesen war, damit seine ewigen Fragen ein Ende hätten finden können. Nichts bewegte ihn schon so lange und intensiv wie seine ihm völlig verborgene Herkunft. Doch da war niemand, der all das beantworten hätte können. Seine Mutter hatte mit keinem je darüber gesprochen. Und so gab es keinerlei Aufschlüsse darüber, wer er wirklich war.

      Er betrachtete das Geld und beschloss, am nächsten Tag zu Farmer Gregory Mac Allys zu fahren, der seine Farm schon einige Zeit zum Verkauf anbot. Ein sehr schönes kleines Stück Land mit einem kleinen Häuschen, das von einer großen Veranda umrahmt war. Ein kleiner Wald samt großem Teich gehörte auch zu dem Besitz Er schien ihm nicht zu groß und nicht zu klein, sodass man alles hatte, was man brauchte, um alleine und unabhängig leben zu können. Es war perfekt für ihn.

      Er sah in das Innere der Schatulle, ob da vielleicht noch etwas war, was ihm mehr Aufschluss hätte geben können. Sein Blick fiel auf einen kleinen