Birgid Windisch

Steinbruchpolka


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etwas herausgefunden?“ „Haben wir,“ platzte Anne heraus und Freddy sah sie böse an. „Eigentlich hat es Susi entdeckt, dass auf dem blauen Kranz mehrere DNA-Spuren waren.“

      „Ja!“ warf Anne schnell ein. „Nämlich unter anderem die von einer vor einem Jahr verschwundenen Frau!“ Magda sprang auf. „Gut! Es tut sich was!“ Freddy warf schnell ein: „Es ist noch eine Spur von einer unbekannten Frau darauf, sowie von einem Mann. Dessen Spur ist allerdings unvollständig. Susi konnte nur feststellen, dass die DNA männlich war.“ Magda war begeistert. „Immerhin!“ Anne strahlte: „Gell? Das hab ich auch gesagt!“

      Freddy bemerkte jetzt erst Wolfi, der immer noch auf seinen Krücken im Zimmer stand. Er hatte sich in die Ecke zurückgezogen, um nicht im Weg zu sein. „Was ist denn mit dir passiert?“ „Unfall,“ sagte Wolfi kurz. „Aha,“ meinte Freddy unkompliziert. „Kannst du auch noch einmal schauen, wegen der Spuren? Susi hat sie dir in deinen Posteingang geschickt.“ „Na klar,“ gab Wolfi dankbar, mit leuchtenden Augen, zurück. Das war genau das, was er gut konnte. Er liebte die Recherche im Internet und surfte mit Vorliebe in Datenbanken, wo er noch die kleinste Information fand, die anderen leicht entgangen wäre. „Ich mach mich gleich dran,“ meinte er begeistert und setzte sich in seine Ecke, wo sein Schreibtisch im Hintergrund stand. Genauso, wie er es gewollt hatte. Magda sah sich begeistert um. Es summte im Raum, alle redeten durcheinander und waren mit Eifer bei der Sache. Ihr Team war unschlagbar, wenn es darum ging, einen Mörder zu fangen. Sie gaben nicht eher auf, als bis sie ihn hatten und diesen würden sie auch wieder schnappen. Magda nickte innerlich und gab sich das Versprechen, auch diesen Verbrecher unschädlich zu machen.

      „Dieses Kränzchen will mir einfach nicht aus dem Kopf,“ sagte Magda langsam. „Ich kann mir nicht helfen, aber ich glaube, das ist ganz wichtig. Wir müssen unbedingt mehr darüber herausbekommen. Mich interessiert vor allem, woher er es hat!“

      „Das finde ich auch spannend,“ rief Anne. „Ich habe früher so gerne Blumen gestreut und hatte auch ein Kränzchen, mit rosa Rosen. Damit streute ich immer Blumen bei meiner Oma in Bayern an Fronleichnam.“ „Meins war auch blau, wie bei Anna,“ sagte Magda träumerisch. „Ich habe immer die Pfingstrosen meiner Oma zum Streuen bekommen.“ „Ich die dunkelroten und gelben Rosen meiner Oma,“ sagte Anne mit leuchtenden Augen. Die Männer verdrehten die Augen und sahen sich vielsagend an. Wolfi zuckte die Schultern. Völlig unverständlich so etwas. „Wir haben immer die Taufbänder genommen, sie an das Körbchen gebunden, damit ich es umhängen konnte.“ Magda seufzte leise und Ben räusperte sich energisch. „Aha, aber was können wir tun, um herauszubekommen, was es mit diesem Kränzchen auf sich hat?“

      Magda und Anne erwachten aus ihren Tagträumereien. „So ein Blumenkränzchen ist etwas sehr Gefühlvolles, wie wir gerade gesehen haben,“ erklärte Magda. „Genauso ist es,“ fügte Anne hinzu. „Und deshalb bin ich der Meinung, dass es ganz wichtig ist und eine zentrale Rolle in unseren Ermittlungen spielen sollte!“ Magda sah sich um. Eddie fuhr hoch. „Aber der Stock ist meiner Meinung nach, genauso wichtig. Ben pflichtete ihm bei. „Der Meinung bin ich auch! Der Mörder will mit beidem, mit Blumenkränzchen und Stock etwas ausdrücken.“

      „Ich hab was!“ rief Wolfi aus dem Hintergrund. „Ich glaube, ihr habt recht! Zwei Treffer! Ich habe Blumenkränzchen und Spazierstock eingegeben und das System hat mir gleich zwei Ergebnisse angezeigt. Einen mit beidem und einen nur mit Blumenkränzchen und unbekannter Tatwaffe!“

      Die Ermittler rannten förmlich zu ihm hin und umlagerten seinen Schreibtisch. „Lies,“ stieß Magda atemlos hervor.

      Wolfi sah sie erschrocken an und las laut: „2010 wurde in einem Steinbruch in der Nähe des Klosters Lorsch, eine ältere Frau gefunden,“ er beugte sich vor. und las konzentriert: „Ida Seibert, mit einem Blumenkranz und einer Stichwunde.“ „Das ist er!“ Magda und Anne klatschten ihre Hände zusammen. „Und die zweite Leiche?“

      Ben sah Wolfi gespannt über die Schulter. Der las langsam weiter. „Die zweite Leiche hieß Renate Kleber und wurde in einem alten Steinbruch bei Weinheim gefunden. Sie trug einen Blumenkranz und wies ebenfalls eine tiefe Stichwunde auf, möglicherweise von einem Spazierstock, oder einer angespitzten Holzstange.“ Aufgeregt sah er auf. „Sie haben Holzpartikel in der Wunde gefunden!“ „Das ist er!“ Magda sah auf. „Wahrscheinlich hat er da schon mit Morden angefangen, aber hatte seine Tatwaffe noch nicht perfektioniert!“

      A C H T

      Konzentriert spannte der Mörder den Bandschleifer in den Schraubstock ein und stellte ihn auf Dauerbetrieb. Dann drehte er den Stock so lange am Schleifer, bis die Spitze nadelscharf war.

      Liebevoll strich er mit dem Zeigefinger darüber und sah befriedigt, wie ein Blutstropfen daraus hervordrang. Verzückt leckte er ihn ab und verstaute den Stock in einem weichen Futteral, bevor er ihn auf dem Werkzeugschrank, hinter dem Bohrmaschinenkasten versteckte.

      Von weitem drang eine lästige Stimme an sein Ohr. Er runzelte kurz die Stirn und lauschte der keifenden Stimme einer Frau. Er drehte sich um, ging in den Hof hinaus und schloss sorgfältig die Werkstatttür. Dann wandte er sich zum Haus, aus dem die unangenehme Stimme gedrungen war. Er öffnete die Haustür und rief laut: „Ich bin da, Mama, hast du gerufen?“ Von oben schrie eine schrille Stimme: „Bubele, bist du das? Komm sofort herauf, ich brauche deine Hilfe!“

      Seufzend stieg er die Treppe hinauf, der lauten Stimme entgegen. Mit einem Ruck öffnete er die Tür. Eine hilflos wirkende, alte Frau, lag in einem Pflegebett und sah ihn anklagend an. „Wo warst du denn so lange, Bubele? Ich hab so dringend auf die Toilette gemusst. Jetzt ist alles in die Hose gegangen!“ Er maß sie mit kaltem Blick. Mit gekünstelter, freundlicher Stimme antwortete er: „Ich musste heute länger arbeiten, Mama. Ein dringender Auftrag für einen meiner besten Kunden. Den musste ich schnellstmöglich erledigen.“ Die alte Frau sagte mit weinerlicher Stimme: „Ja, das glaub ich ja, mein Bubele, aber du kannst doch deine alte, kranke Mutter nicht hilflos so lange alleine da liegen lassen!“ Mit monotoner, leiser Stimme sagte er: „Aber Mama, wir leben von dem, was ich verdiene. Oder hast du das schon vergessen? Von deinem bisschen Rente kannst du nicht existieren!“ Weinerlich sah die Mutter ihn an. „Ja, ich weiß, ich bin dir lästig, gell? Dabei habe ich dich unter Mühen großgezogen. Deswegen konnte ich nicht arbeiten gehen und bekomme nun so wenig Rente. Verstehst du das denn nicht?“ Er zuckte die Schultern und verdrehte die Augen. „Doch, doch, ich versteh schon. Ich bin mal wieder an allem schuld. Aber weißt du was, Mutter?“ Er sah sie mit zusammengezogenen Augenbrauen fest an. „Wenn ich du wäre, würde ich nicht mehr drauf herumreiten. Du brauchst mich und bist auf mich angewiesen. Da würde ich an deiner Stelle viel vorsichtiger mit meinen Äußerungen sein!“

      Triumphierend sah ihn die Alte an. „Aber jetzt ist schon alles in der Hose und du musst mich saubermachen und waschen!“ Er zuckte die Achseln und ging ins Bad, wo er Wasser in eine Waschschüssel gab, das so heiß war, dass er gerade noch hineinfassen konnte. Sie würde schon noch dahinterkommen, dass sie nicht mehr alles mit ihm machen konnte. Die Morde hatten ihn verändert und ihm das dringend nötige Selbstbewusstsein beschert, das er brauchte, um gegen sie anzukommen. Sie hatte keine Macht mehr über ihn. Er lächelte grausam.

      Dann zog er sich Einmalhandschuhe an und ging ins Pflegezimmer zurück. Die Mutter sah ihm mit befriedigter Miene entgegen. E registrierte ihren Gesichtsausdruck und stellte die Wanne betont vorsichtig auf dem Waschtisch ab. Dann riss er ihr mit einem Ruck die Bettdecke weg, sah mit Ekel auf ihre dürren Beine, mit der Windel, aus der dünner Stuhlgang drang und rümpfte die Nase, bevor er sie widerwillig, öffnete. Mit einem Blick sah er ihr zufriedenes Lächeln und schloss die Windel wieder. Verwirrt sah sie ihn an. „Was machst du denn, Bubele?“ Gespielt freundlich, lächelte er sie an. „Ich lasse dich in deiner Scheiße liegen, mein liebes Mütterlein. Ich mache es mit dir genauso, wie du es mit mir gemacht hast.“

      „Aber du hast doch schon Waschwasser geholt, Bubele!“ Die Alte sah ihn drängend an. „Für dich, mein liebes Mütterlein!“ Er gab ihr den nassen, heißen Waschlappen in die Hand. „Hier kannst du dich selbst waschen!“