Schritte. Levi Krongold

sein. Eine Welt, in der alles und jedes registriert, dokumentiert und kommentiert wird. Und wo doch die Nähe fehlt. Das Virus ist nicht die Ursache unseres Leidens, sondern unser Leiden ist die Ursache dieser Pandemie. Das Virus ist das Symptom.

      Gehen.

      Ich schreie nach einer zärtlichen Berührung, einer warmen Hand, die mich berührt, einen Körper, den ich halten und an mich drücken kann, ein lebendiges Gesicht, welches mich anspricht, aus dem ich lesen kann, mehr als nur Angst, ein partnerschaftliches Gespräch und Nähe, Nähe, Nähe.

      Ein Gegenüber, das sich nicht hinter digitaler Technik versteckt, zu einem bürokratischen Text reduziert, dem mühsam mittels Smileys ein Anschein von Wirklichkeit vermittelt werden muss.

      Jemanden der da ist, mit mir ist, und dem ich sein kann.

      Jemanden, dessen Schweiß ich rieche, dessen Atem ich höre und dessen Pulsschlag ich fühle.

      Ein Vogel singt draußen auf einem Baum. Wenn ich fliegen könnte, würde ich mich zu ihm begeben. Doch ich muss gehen.

      Gehen.

      Ich beschließe ein Experiment zu machen, ein Protokoll zu erstellen. Das Experiment heißt: was passiert, wenn ich hinausgehe, in diese Welt? Ohne Technik, ohne Ziel.

      Ich will es langsam beginnen, will es nicht überstürzen, will jeden Schritt tun, als wenn es mein letzter wäre. Ich werde meine Augen und meine Ohren öffnen, werde genau buchführen über alles, jede Kleinigkeit, die mir begegnet.