Ханс Фаллада

Bauern, Bonzen und Bomben


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Alle stehen sie und starren auf den schwarzen hingestürzten Schatten.

      Stuff schiebt die Schultern vor, drückt den Klemmer fest. »Das geht nicht. Komm, Tredup, wir holen sie.«

      Wenk blickt den Fortgehenden nach. Er fragt besorgt: »Ob das richtig ist? Der Chef sieht das auch vom Labor.«

      Der alte Metteur sagt giftig: »Seien Sie man sicher, Herr Wenk, wenn der seine Frau so sieht, dann sieht er sie nicht.«

      Wenk geht den beiden nach. Er bemerkt auf dem Hof an allen Fenstern zurückfahrend Köpfe, die bei ihrer Neugierde nicht erwischt werden wollen.

      »Morgen ist es durch die ganze Stadt. Die Frau hat so viel Geld und sielt sich im Dreck. Ich sollte ihr Geld haben ...«

      »So ist das Leben«, denkt der Annoncenjäger. »Na ja, der übliche Salat ... Nicht der Sohn, der sich totsoff, hat ihr den Rest gegeben, aber daß es alle Leute wissen, daß er so umkam ... So 'ne kleine Stadt. – Kommen Sie, gnädige Frau. Setzen Sie sich auf.«

      Es ist ein verwüstetes Gesicht, blutleer, graugelb, mit hängenden Falten, das verdrossen zur Sonne blinzelt. »Macht das Licht aus«, murrt sie. »Stuff, mach es aus. Noch ist Nacht.«

      »Kommen Sie man, Frau Schabbelt. Wir trinken auf der Redaktion einen Grog, und ich erzähle Ihnen Witze.«

      »O du Schwein«, sagt die Betrunkene, »glauben Sie, es ist mir um Witze?« Und plötzlich lebhaft: »Ja, erzähle Witze. Er hört sie immer gern. Ich darf an seinem Bett sitzen, er ist mir nicht mehr bös.«

      Und plötzlich, im Aufstehen, im Gehen zwischen den beiden (Wenk folgt, schlenkert die Cognacflasche verächtlich zwischen den Fingern), plötzlich scheint sie in die Ferne zu horchen: »Keine Witze mehr, Herr Stuff. Ich weiß schon, Herbert ist tot. Aber auf Ihrem Sofa will ich liegen, wenn das Telefon geht und der Radiobericht kommt und die Zeitung läuft durch die Maschine. Es ist dann wie richtiges Leben.«

      In der Setzerei ist ein hastiger, verlegener Arbeitsanfang. Niemand blickt hoch.

      »Vergeßt den Cognac nicht!« ruft plötzlich die Frau.

      Auf dem Sofa bekommt sie noch ein Glas voll, und schon schläft sie mit offenem Munde, schlaffem Kiefer, besinnungslos.

      »Wer bleibt bei ihr?« fragt Stuff. »Einer muß bleiben.«

      »Wollt ihr jetzt noch zum Chef?«

      »Wer so fragt, bleibt. Komm, Tredup.«

      Sie gehen. Wenk sieht ihnen nach. Sieht auf die schlafende Frau, horcht nach der Expedition, faßt die Cognacflasche und gießt sich kräftig einen hinter die Binde.

       4

      Das Laboratorium ist kein modernes Labor aus Glas, mit Sauberkeit, Helle und Luft, es ist der Spelunkenwinkel eines tüterigen Erfinders, der in einem Wust von Geräten, Ideen, Schutt und Schmutz ertrinkt.

      An einem Tisch mit säurezerfressenem Linoleum sitzt eine Art Gnom mit weißem Strubbelbart, ein fettes, kugeliges Geschöpf, eine Art rotlackierter Zwerg. Er hat die sehr gewölbten, hellblauen schwachen Augen gegen die Eintretenden gehoben. »Bin nicht zu sprechen. Macht euern Mist alleine.«

      Stuff sagt: »Grade anmisten möcht ich jemand, Herr Schabbelt. – Wenn Sie erlauben.«

      Der Zwerg hebt eine Zinkplatte gegen das Licht, prüft sie sorgenvoll: »Die Autotypie kommt nicht.«

      »Vielleicht ist der Raster zu fein, Herr Schabbelt?«

      »Was verstehen Sie davon? Hinaus habe ich gesagt! Was stinkt der Tredup hier herum? Raus! – Sieh da, zu fein. Dumm bist du nicht, Stuff. Das mag angehen. – Wen willst du anmisten?«

      »Die Roten.«

      »Nein. Fünfundfünfzig Prozent unserer Leser sind Arbeiter und kleine Beamte. Die Roten? Nie! Wenn wir auch rechts sind.«

      »Es ist eine sehr gute Geschichte, Herr Schabbelt.«

      »Erzähle sie, Stuff. Sieh, wo du Platz findest. Aber der Tredup muß raus. Er stinkt nach Akquisition.«

      »Ich möchte schon gerne was andres tun«, murrt Tredup.

      »Quatsch! Du tust es gern. Raus mit dir!«

      »Wir brauchen ihn noch. Nachher zu der Geschichte.«

      »Also stellen Sie sich dort ins Dunkel. Erzähle los, Stuff.«

      »Sie kennen Kallene, den Polizeimeister? Natürlich. Nach der Revolution war er rot. SPD oder USPD, jedenfalls wurde er belohnt. Der dümmste aller Polizeidiener wurde Polizeimeister.«

      »Weiß ich.«

      »Und als er's war, trat er aus der Partei aus, gab das Parteibuch zurück, wurde streng deutschnational, wie er vorher gewesen.«

      »Und –?«

      »Na, der macht abends auf dem Rathaus Aufsicht über die Reinmachefrauen. Wenn die Büros leer sind, Herr Schabbelt!«

      »Und –?«

      »Da sind so ein paar junge Weiber dabei, einfach Klasse. Man kann es sich ja denken, wenn sie so rutschen über den Boden, man bekommt da Einblicke ...«

      »Du kannst es dir jedenfalls denken, Stuff.«

      »Na, natürlich, nicht nur der Kallene kommt bei so was auf andere Ideen.«

      »Mach's kurz, Stuff. Wer hat ihn erwischt?«

      »Der rote Bürgermeister!« schreit Stuff. »Der dicke Gareis. Auf seinem Schreibtisch haben sie's gemacht.«

      »Und –?«

      »Na, Herr Schabbelt! So eine Frage! Jetzt hat der Kallene wieder das Parteibuch.«

      »Es ließe sich etwas daraus machen«, meint Schabbelt. »Aber nicht für uns. Etwa für die KPD. Tredup kann es weiterquatschen.«

      »Herr Schabbelt!«

      »Ich kann Ihnen nicht helfen, Stuff. Sehen Sie, wie Sie sonst Ihre Spalten vollkriegen mit Lokalem.«

      »Aber wenn wir nie stänkern dürfen! Das Blatt wird so doof. Man nennt uns schon Käseblättchen.«

      »Wer?«

      »Ist es nicht wahr, Tredup?«

      Tredup enttritt dem Schatten, ganz gallig: »Schmierblättchen. Stinkmakulatur. Hakenkreuzruh. Scheißhausklappe. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit.«

      Stuff hebt seine Stimme: »Tante vom Kuhdorf. Der Langeweiler über alle Wände. Der Treppenfurz. Die Gakelei. Der Blinddarm. Der Maulwurf. Lies und schlaf.«

      Tredup wieder: »Ich beeide es, Herr Schabbelt. Heute morgen erst hat mir ein Inserent gesagt ...«

      Der Chef ist zu seinen Zinkplatten zurückgekehrt. »Wen wollt ihr also anstänkern?«

      Beide: »Den Zirkus Monte.«

      Und Schabbelt: »Meinetwegen. Daß die Nicht-Inserenten wieder einmal Angst kriegen. Und zur Belohnung wegen des zu feinen Rasters.«

      »Schönen Dank, Herr Schabbelt.«

      »Schon gut. Aber diese Woche laßt ihr mich nun gefälligst in Frieden. Ich habe keine Zeit.«

      »Wir kommen schon nicht so. Guten Morgen.«

       5

      Stuff sitzt am Schreibtisch und sieht auf die immer noch schlafende Frau. Ihr Gesicht hat sich etwas gerötet, ihre eisgrauen Haarzotteln liegen um den Kopf, hängen in ihr Gesicht. Er denkt: »Die Cognacflasche ist beinahe leer. Als ich den Wenk rausschickte, stank er nach Schnaps. Jetzt säuft er sogar der besoffenen Chefin den Schnaps weg. Ich werde es ihm stecken.«

      Wieder nach der Frau hin: »Ich werde ihr einen Kaffee machen lassen, einen heißen Mokka, daß sie ihn trinkt, wenn sie aufwacht. Ich werde nach der Grete klingeln.«

      Er sieht auf den