Marion Wolf

Was für Ticker ist ein Politiker


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des Unwetters auf den Balkon ging, um meine Blumen vor den Hagelkörnern zu schützen. Meine kleine Tochter lief mir mit offener Schlafanzugjacke bis zur Balkontür hinterher und bekam dort Rötungen, wo die nackte Haut rausgeschaut hatte.

      Jahrelang spürte ich einen ominösen Druck auf den Kopf, später wurde eine geschrumpfte Hirnrinde festgestellt, doch kein Arzt räumte ein, der unerklärliche Befund sei auf die radioaktive Strahlung zurückzuführen. Ich bekam ein Medikament verordnet, um die Hirndurchblutung zu verbessern und alles schien gut.

      Doch nach der hirnrissigen Gesundheitsreform wurde das nebenwirkungsfreie Mittel nicht mehr bezahlt. Das kostenfreie Folge-Medikament enthielt einen weiteren Stoff, der eine Schaltstelle meines Hirns lahmlegte. Ich bekam Wahnvorstellungen, baute einen Unfall und wurde verurteilt.

      Ein Jahr hatte ich keinerlei Gefühle mehr, meine Kreativität war verschwunden, mein Kurzzeitgedächtnis setzte aus und alte Erinnerungen waren weg. Seitdem brauche ich Ginkgo-Präparate zur besseren Durchblutung der Hirnrinde und dank hochdosiertem Vitamin B12 und Übungen konnte ich alle Hirnfunktionen wieder erlangen. Sobald ich die Pillen längere Zeit absetze, bekomme ich wieder Aussetzer.

      Staatliche Stellen haben auf die Meldung dieser eklatanten Nebenwirkungen jahrelang nicht reagiert, die letzte hat mich mit Allgemeinplätzen abgewiegelt. Die Pharma-Firma weist jede Verantwortung ab, die Folgekosten darf ich allein tragen. Eine junge Ärztin bestätigte später die Symptome.

      Als ich durch einen mit einem Desinfektionsmittel (das man roch) belasteten Lebkuchen krank wurde, wiegelte mich der Hersteller ab und das Gesundheitsamt zeichnete nicht zuständig. Ein andermal floss beim Garen extrem viel Wasser aus den Rouladen und nach dem Genuss bekam ich – längst in der Menopause – Schmierblutungen. Mein Arzt bestätigte die Vermutung, die Rinder seien mit Hormonen behandelt worden. Der Hersteller schickte als Wiedergutmachung ein Geschirrtuch und drohte im Begleitschreiben mit seinen Anwälten, wenn ich das öffentlich behaupte…

      In was für einem Staat leben wir eigentlich? Warum gibt es kein staatliches Labor, wo Bürger auffällige Lebensmittel einsenden können, um verbotene Substanzen festzustellen? Erweist sich die Vermutung als richtig, müsste doch sofort eingegriffen werden, um die Ursachen zu beseitigen. Doch den Staatsorganen liegen die Profite der Wirtschaft offenbar mehr am Herzen, als die Gesundheit des Volkes…

      Hippie-Bohème

      Zurück ins München von 1968: Bei der nachfolgenden Rundfahrt imponierte mir der Baustil des Maximilianeums, die Bavaria erschien mir als bairische Freiheitsstatue und das neugotische Rathaus gefiel mir sehr. Nur die Suppe im Hofbräuhaus schmeckte fad. Durchs Siegestor neben der Universität spazierten wir zur Leopoldstraße, wo Studenten der Kunstakademie Bilder und Kunsthandwerk unter den Alleebäumen anboten. Verzaubert von der Künstlerszene beschloss ich, nach dem Abitur in München zu studieren.

      München wurde für den Rest meiner Schulzeit das Ziel meiner Sehnsüchte. Wenn Scott Mc Kenzie im Radio von 'San Franzisco' sang, träumte ich, über den Schwabinger Freiluft-Kunstbasar zu schlendern und in den Hörsälen am Geschwister-Scholl-Platz meine Wissbegier zu befriedigen. Amerika war weit weg und die Landeshauptstadt so nah…

      Im 3. Programm liefen Bilder aus der Schwabinger Hippie-Szene – ich konnte es kaum erwarten, dem fränkischen Kleinstadtmief zu entfliehen…

      Während ich noch fürs Vorabitur büffelte, begannen die Studentenrevolten. Wir Kleinstadtmädchen müpften in der Schule recht gesittet auf, doch ein ewig gestriger Lehrer wollte sich nicht auf kritische Gespräche einlassen und floh aus dem Klassenzimmer, als fürchte er um Leib und Leben – dabei hatten wir Mädels von ihm nur höflich einen anspruchsvolleren Sozialkunde-Unterricht gefordert…

      Im Fernsehen sah ich, wie Demonstrationen der APO und des SDS von der Polizei niedergeknüppelt wurden.

      Was dachten sich die Politiker dabei? In der Schule wurden wir auf demokratische Werte hin getrimmt, lasen Dramen von Brecht und Dürrenmatt – doch sobald wir die Verhältnisse von hier und jetzt anprangerten, wurden wir autoritär abgewiegelt.

      Kritik war nur an vergangen Zeiten erlaubt, dafür wurden uns die Gräuel des Dritten Reichs vor Augen geführt – doch vom Eichmann-Prozess abgesehen wurden Täter kaum verfolgt und die Mächtigen im Lande dachten weiterhin in autoritären Kategorien, wie zu Kaisers Zeiten. Wer sich dem nicht unterwarf, wurde als Staatsfeind angesehen. Und von dieser Willkür-Mentalität ist bis heute in manchen Amtsstuben noch einiges zu spüren…

      Folge dieser rechtsradikal handelnden Staatsgewalt war eine linksextreme Gegengewalt in Form der RAF, die vom Staat mit Hysterie bekämpft wurde, während altvordere Nazis ungestört auf Waldfesten ihre Parolen trällerten und sich heimlich bewaffneten. Ein linksliberaler Jugendfreund war dazu eingeladen, weil er einen adligen Namen trug und man ihn deshalb als Gleichgesinnten ansah. Er gab sich nicht als Andersdenkender zu erkennen, genoss üppige Festessen, wurde mit den Töchtern der Gastgeber bekannt gemacht und gewann Einblicke in Geheimbünde, aus denen die NPD hervorging.

      Der BND beobachtete das Treiben, schritt aber nicht ein. Wären Politiker damals nicht auf dem rechten Auge blind gewesen, sondern hätten den Anfängen gewehrt, hätte die braune Saat im Westen nicht erneut Früchte getragen…

      Die Justiz der Weimarer Republik ließ einen Adolf Hitler einst frei, statt ihn wegen aufrührerischer Machenschaften hinzurichten. Den Zweiten Weltkrieg und die Auswüchse in den Konzentrationslagern, wie auch die heutige Nazibrut haben wir demokratiefeindlichen Richtern zu verdanken.

      Fehlurteile sind bis heute an der Tagesordnung und das Winkeladvokatentum treibt seine Blüten – doch Studenten der Jurisprudenz auf ihre Gesinnung hin zu prüfen, ist noch keinem Politiker eingefallen. Dabei gibt es genügend schwarze Schafe, die dreisten Rechtsbruch begehen.

      Das Recht darf die Gerechtigkeit nicht beugen!

      Wie ticken Menschen?

      Man glaubt es kaum, auch Politiker sind Menschen. Bei manchen merkt man das – Norbert Blüm ist so ein netter Feger und Walter Scheel hatte Charme. Andre tragen stets die gleiche Fratze vor sich her und faseln immer dieselbe Leier. Einige kommen von ihrer Großspurigkeit gar nicht mehr runter und dreschen nur noch griffige Schlagworte, um Dummköpfe zu beeindrucken.

      Groteske Gestalten laufen manchmal auch auf unseren Straßen herum und es gibt landauf-landab bescheidene Gutmenschen. Die Masse jedoch besteht aus Leuten, die nie über den eignen Tellerrand hinaus gucken und nur ihr eigenes Wohl im Kopf haben. Bleiben noch Ganoven, an deren Untaten sich das Volk ergötzt, solange es nicht selbst von Übergriffen betroffen ist. Der klägliche Rest am Rande sind ideologisch beflissene Aussteiger und Ausgebootete, die haltlos durchs Leben gammeln.

      Wenn wir nun wissen wollen, warum die einen so und die andern anders ticken, stellt sich die Frage, was uns denn so gemacht hat, wie wir geworden sind. Verhaltensweisen sind nämlich hirngesteuert – sogar die von Politikern …

      Bei Herrn Trump frage ich mich allerdings, ob er Onkel Dagobert und Donald Duck in einer Person verkörpert, oder glaubt, das Volk bestehe aus Tick, Trick und Track.

      Er hält den Armen eine Karotte vor die Nase und regiert in die eigene Tasche. Selbst seine Minister halten ihn für einen Trottel und so wird im Weißen Haus Washingtons ständig Bäumchen-wechsle-dich gespielt. Warum setzt ihn keiner ab, obwohl er im Hauruckverfahren seine Schlaumeierei durchsetzen will? Sieht die republikanische Elite der USA diesen albernen Twitter-Präsidenten als Experiment an? Tatsächlich wiegelt er die Staaten in Nahost gegeneinander auf und verkauft allen Waffen.

      „Amerika first“ bedeutet offenbar, um des Profits willen Kriege heraufzubeschwören. Vernunftgelenktes Denken ist ihm fremd. Er handelt ohne Hintergrundwissen und beharrt auf seinem Standpunkt, weil er der Präsident ist – welch seltsames Demokratieverständnis. Donald Trump trifft Bauchentscheidungen – was auch auf seine Wähler schließen lässt, denn "gleich zu gleich gesellt sich gern".

      Dummköpfe sind nicht lernwillig,

      sie verteidigen nur ihre plumpen Vorurteile.

      Das tun viele denkfaule Menschen und handeln nur nach Bauchgefühl – einer Vernetzung