Ханс Фаллада

Kleiner Mann was nun?


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schob die Pfanne beiseite und hantierte mit den Herdringen. Es klapperte und klirrte sehr. Sie stocherte mit dem Feuerhaken in der Glut, dabei murrte sie vor sich hin. Höflich fragte Pinneberg: »Wie bitte –?«

      Es waren die ersten Worte, die er bei Mörschels sagte.

      Er hätte nichts sagen sollen, denn wie ein Geier schoß die Frau auf ihn nieder. In der einen Hand hielt sie den Haken, in der andern noch die Gabel vom Pufferwenden, aber das war nicht so schlimm, trotzdem sie damit fuchtelte. Schlimm war ihr Gesicht, in dem alle Falten zuckten und sprangen, schlimmer waren ihre grausamen und bösen Augen.

      »Wenn Sie mir mein Mädchen in Schande bringen!« schrie sie außer sich.

      Pinneberg trat einen Schritt zurück. »Ich will Emma ja heiraten, Frau Mörschel!« sagte er ängstlich.

      »Sie denken wohl, ich weiß nicht, was ist«, sagte die Frau unbeirrt. »Seit zwei Wochen stehe ich hier und warte. Ich denke, sie sagt mir was, ich denke, sie bringt mir den Kerl bald an, ich sitze hier und warte.« Sie holte Atem. »Das ist ein gutes Mädchen. Sie Mann Sie, meine Emma, das ist kein Dreck für Sie. Die ist immer fröhlich gewesen. Die hat mir nie ein böses Wort gegeben – wollen Sie sie in Schande bringen?«

      »Nein, nein«, flüstert Pinneberg angstvoll.

      »Doch! Doch!« schreit Frau Mörschel. »Doch! Doch! Zwei Wochen stehe ich hier und warte, daß sie ihre Binden zum Waschen gibt – nichts! Wie haben Sie das gemacht, Sie?« Pinneberg kann es nicht sagen.

      »Wir sind junge Leute«, sagt er sanft.

      »Ach Sie«, sagt sie noch böse, »daß Sie mein Mädchen dazu gekriegt haben.« Plötzlich grollt sie wieder: »Schweine seid ihr Männer, alles Schweine, pfui!«

      »Wir heiraten, sobald es mit den Papieren geht«, erklärt Pinneberg.

      Frau Mörschel steht wieder am Herd. Das Fett brutzelt, sie fragt: »Was sind Sie denn? Können Sie denn überhaupt heiraten?«

      »Ich bin Buchhalter. In einem Getreidegeschäft.«

      »Also Angestellter?«

      »Ja.«

      »Arbeiter wäre mir lieber. – Was verdienen Sie denn?«

      »Hundertachtzig Mark.«

      »Mit Abzügen?«

      »Nein, die gehen noch ab.«

      »Das ist gut«, sagt die Frau, »das ist nicht so viel. Mein Mädchen soll einfach bleiben.« Und plötzlich wieder ganz böse: »Denken Sie nicht, daß sie was mitbekommt. Wir sind Proletarier. Bei uns gibt es das nicht. Nur das bißchen Wäsche, was sie sich selbst gekauft hat.«

      »Das ist alles nicht nötig«, sagt Pinneberg.

      Plötzlich ist die Frau wieder böse: »Sie haben doch auch nichts. Sie sehen doch auch nicht nach Sparen aus. Wenn man mit solchem Anzug rumläuft, bleibt nichts übrig.«

      Pinneberg braucht nicht zu gestehen, daß sie ziemlich das Richtige getroffen hat, denn Lämmchen kommt mit den Kohlen. Sie ist bester Stimmung: »Hat sie dich aufgefressen, armer Junge?« fragt sie. »Mutter ist ein richtiger Teekessel, der kocht immer gleich über.«

      »Sei nicht so frech, Ütz«, schilt die Alte. »Sonst kriegst du doch noch deinen Backs. – Geht in die Schlafstube und schleckt euch ab. Ich will mit Vater zuerst allein reden.«

      »Na also«, sagt Lämmchen. »Hast du meinen Bräutigam auch schon gefragt, ob er Kartoffelpuffer mag? Heute ist unser Verlobungstag.«

      »Weg mit euch!« sagt Frau Mörschel. »Und daß ihr mir nicht die Tür abschließt, ich sehe ein paar Mal nach, daß ihr keine Dummheiten macht.«

      Sie sitzen sich an dem kleinen Tisch auf den weißen Stühlen gegenüber.

      »Mutter ist 'ne einfache Arbeiterin«, sagt Lämmchen. »Die ist so derb, sie denkt sich nichts dabei.«

      »Oh, sie denkt sich schon was dabei«, sagt Pinneberg und grinst. »Deine Mutter weiß Bescheid, verstehst du, was uns der Doktor heute gesagt hat.«

      »Natürlich weiß sie das. Mutter weiß immer alles. Ich glaub', du hast ihr gut gefallen.«

      »Na, hör mal, so sah es aber nicht aus.«

      »Mutter ist so. Mutter muß immer schimpfen. Ich hör's schon gar nicht mehr.«

      Einen Augenblick ist Stille, beide sitzen sich brav gegenüber, die Hände liegen auf dem Tischchen.

      »Ringe müssen wir uns auch kaufen«, sagt Pinneberg gedankenvoll.

      »Oh Gott ja«, sagt Lämmchen rasch. »Sag schnell, welche magst du lieber, glänzend oder matt?«

      »Matt!« sagt er.

      »Ich auch! Ich auch!« ruft sie. »Ich glaube, wir haben in allem den gleichen Geschmack, das ist fein. – Was werden die kosten?«

      »Ich weiß auch nicht. Dreißig Mark?«

      »So viel?«

      »Wenn wir goldene nehmen?«

      »Natürlich nehmen wir goldene. Laß sehen, wir wollen Maß nehmen.«

      Er rückt zu ihr. Sie nehmen einen Faden von einer Garnrolle. Es ist schwierig. Einmal schneidet das Garn ein, und einmal sitzt es zu lose.

      »Hände besehen bringt Streit«, sagt Lämmchen.

      »Aber ich besehe sie ja gar nicht«, sagt er. »Ich küsse sie ja. Ich küsse ja deine Hände, Lämmchen.« –

      Es klopft mit sehr hartem Knöchel gegen die Tür. »Rüberkommen! Vater ist da!«

      »Gleich«, sagt Lämmchen und löst sich aus seinem Arm.

      »Schnell uns ein bißchen zurecht machen. Vater flaxt ewig.«

      »Wie ist er denn, dein Vater?«

      »Gott, du wirst ja gleich sehen. Ist ja auch egal. Du heiratest mich, mich, mich, ohne Vater und Mutter.«

      »Aber mit dem Murkel.«

      »Mit dem Murkel, ja. Nette unvernünftige Eltern bekommt er. Nicht eine Viertelstunde können sie vernünftig sitzen ...« Am Küchentisch sitzt ein langer Mann in grauen Hosen, grauer Weste und einem weißen Trikothemd ohne Jacke, ohne Kragen. An den Füßen hat er Pantoffeln. Ein gelbes faltiges Gesicht, kleine scharfe Augen hinter einem hängenden Zwicker, ein grauer Schnurrbart, ein fast weißer Kinnbart.

      Der Mann liest die »Volksstimme«, aber nun, da Pinneberg und Emma hereinkommen, läßt er das Blatt sinken und betrachtet den jungen Mann.

      »Sie sind also der Jüngling, der meine Tochter heiraten will? Sehr erfreut, setzen Sie sich hin. Übrigens werden Sie es sich noch überlegen.«

      »Was?« fragt Pinneberg.

      Lämmchen hat sich auch eine Schürze umgebunden und hilft der Mutter. Frau Mörschel sagt ärgerlich: »Wo der Bengel nur wieder bleibt. Die ganzen Puffer werden zäh.«

      »Überstunden«, sagt Herr Mörschel lakonisch. Und zu Pinneberg zwinkernd: »Sie machen auch manchmal Überstunden, nicht wahr?«

      »Ja«, sagt Pinneberg. »Ziemlich oft.«

      »Aber ohne Bezahlung –?«

      »Leider. Der Chef sagt ...«

      Herrn Mörschel interessiert nicht, was der Chef sagt. »Sehen Sie, darum wär mir ein Arbeiter für meine Tochter lieber: wenn mein Karl Überstunden macht, kriegt er sie bezahlt.«

      »Herr Kleinholz sagt ...« beginnt Pinneberg von neuem.

      »Was die Arbeitgeber sagen, junger Mann«, erklärt Herr Mörschel, »das wissen wir lange. Das interessiert uns nicht. Was sie tun, das interessiert uns. Es gibt doch 'nen Tarifvertrag bei euch, was?«

      »Ich glaube«, sagt Pinneberg.

      »Glaube