Лев Толстой

Knabenalter


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willst Schauspielerin werden, so eine Dummheit!« unterbrach ich sie, weil ich wußte, daß es immer ihr Lieblingstraum gewesen war, zur Bühne zu gehen.

      »Nein, das habe ich gesagt, als ich noch klein war.«

      »Also was wirst du tun?«

      »Ich werde ins Kloster gehen, werde dort wohnen und in einem schwarzen Kleidchen und Samthäubchen umhergehen.«

      Und Katjenka begann zu weinen.

      Ist es dir, lieber Leser, in einem bestimmten Lebensabschnitt begegnet, daß du plötzlich gewahr wirst, deine Anschauungen von den Dingen verändern sich völlig, so als ob alle Gegenstände, die du bisher gesehen hast, dir plötzlich eine andere, noch unbekannte Seite zukehren? Eine solche moralische Umwälzung vollzog sich in mir zum erstenmal während jener Reise, von der ich auch den Anfang meines Knabenalters datiere.

      Zum erstenmal kam mir die Erkenntnis, daß wir, das heißt unsere Familie, nicht allein auf der Welt seien, daß alle Interessen sich nicht uns allein zuwenden, und daß auch noch andere Leute existieren, die mit uns nichts gemeinsam haben, sich nicht um uns kümmern und sogar von unserer Existenz nichts ahnen. Ich hatte das alles ohne Zweifel auch früher gewußt, aber ich hatte es nicht so gewußt, wie ich es jetzt erkannte; es war mir nicht zum Bewusstsein gekommen, ich hatte es nicht empfunden.

      Ein Gedanke wird zur Überzeugung nur auf einem bestimmten Wege, der oft ganz unerwartet ist und sich von den Wegen unterscheidet, welche ein anderer Geist durchläuft, um dieselbe Überzeugung zu erlangen. Mein Gespräch mit Katjenka, das mich sehr rührte und mich zwang, über ihre zukünftige Lage nachzudenken, war für mich dieser Weg. Wenn ich die Dörfer und Städte betrachtete, durch welche wir fuhren, in denen jedes Haus wenigstens von einer solchen Familie, wie die unsere, bewohnt war, wenn ich die Frauen und Kinder ansah, die mit momentaner Neugier unserem Wagen nachblickten und für immer unseren Augen entschwanden, die Krämer, die Bauern, die uns nicht nur nicht grüßten, wie ich das in Petrowskoje gewöhnt war, sondern uns nicht einmal eines Blickes würdigten, dann ging mir zum erstenmal die Frage durch den Kopf: Was beschäftigt sie wohl, wenn sie sich gar nicht um uns kümmern? Und aus dieser einen Frage bildeten sich andere: Wie und wovon leben sie? wie erziehen sie ihre Kinder? lehren sie sie? erlauben sie ihnen zu spielen? wie bestrafen sie sie? und so weiter.

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