Martin Cordemann

DER MULTIVERSALE KRIEG


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      „Ist das das, auf das wir so lange gewartet haben?“ hauchte sie leise.

      Das Objekt war nicht groß, im Gegenteil, es war überraschend klein. Vielleicht kein Schiff, sondern eine Sonde. Vielleicht gab es andere Völker, die es geschafft hatten, auch ihre Kommunikation und ihre Sensoren so herzurichten, dass sie im überlichtschnellen Bereich arbeiten konnten? Was in der Tat ein enormer Vorteil wäre, da man auf diese Weise auch eine gute Verbindung zum Hauptquartier halten konnte... und vielleicht sogar die Chance hatte, dass, wenn man einen Notruf aussenden musste, die Hilfe kam, bevor man im Rentenalter war. Also war jemand auf sie aufmerksam geworden? Hatte dieser Jemand ihnen eine Sonde geschickt, um auf diese Weise Verbindung mit ihnen aufzunehmen... oder um sie ersteinmal unter die Lupe zu nehmen? Herauszufinden, wer sie waren und mit wem oder was man es hier zu tun hatte, ohne seine eigenen Karten zu zeigen. Waren die Fremden gefährlich, würde man vielleicht direkt auf weitere Kontaktaufnahme verzichten, die Sonde sprengen, seine eigenen Spuren verwischen und für die Unbekannten unbekannt bleiben.

      „Objekt nähert sich langsam.“

      „Vergrößern.“

      In den Filmen hatte das oft so toll ausgesehen. Raumschiffe, die durch den Weltraum flogen... aber der Weltraum war zu einem Gutteil dunkel. Da konnte ein Schiff noch so weiß sein, wie es wollte, wenn es nicht gerade von einer Sonne oder einem nahegelegenen Himmelskörper, der das Licht einer Sonne reflektierte, beleuchtet wurde, war es verdammt schwer zu sehen, geschweige denn zu erkennen.

      „Sensorunterstützung läuft“, meldete Nongmin.

      Der Captain lächelte stolz... doch das Lächeln gefror ihr auf dem Gesicht.

      „Ich denke, Sie können das mit der Unterstützung lassen, Mr. Nongmin“, seufzte die Kommandatin, „ich fürchte, ich weiß, was das ist.“

      Es war eine Sonde, ja, das war sicher, denn es war eine ihrer Sonden! Nicht von der Tschaikowski, aber von einem der irdischen Schiffe.

      „Soviel zum Erstkontakt“, murmelte sie. Wäre wohl auch zu einfach gewesen.

      Während sie sich ihrem Schiff langsam näherte, begann die kleine Sonde zu senden. Es war eine Nachricht von Captain Dochterman auf der Bach.

      „Clever“, musste Washington neidlos zugeben, als sie die Nachricht gehört hatte. „Wirklich clever!“ Sie sah ihren Navigator an. „Berechnen Sie einen Kurs. Ach ja, und holen Sie die Sonde an Bord, ich könnte mir denken, dass Captain Dochterman sie gerne wieder haben würde.“

      Als die Tschaikowski ihren Sprung beendete, sah sie das, was nur sehr wenige Raumschiffbesatzungen zu sehen bekamen. Es war ein wunderschönes Panorama, ein orangener Planet, ein Gasriese, der in all seiner Pracht strahlte, und als sie sich ihm näherten, sahen sie es, davor, vor der orangenen Kulisse, ein kleines, schmuckes Raumschiff. Sie hob sich gut ab von diesem Hintergrund, die Bach, die mit der Tschaikowski beinahe baugleich war.

      „Ein toller Anblick“, hauchte der Captain. Viel zu selten bekamen sie ihre Kollegen zu sehen, und viel zu selten in einer so phantastischen Atmosphäre. Es war eine Aussicht, die eines Science Fiction Films würdig gewesen wäre.

      „Wir werden gerufen, Sir“, kam es von Nongmin.

      „Durchstellen, bitte.“

      „Hier spricht die Bach unter dem Kommando von Captain Ashley E. Dochterman.“

      „Captain Dochterman, hier ist Captain Aretha Washington, wie kann ich Ihnen helfen?“

      Man hörte nur ein befreites Lachen...

      „Weil dann die Machete zuschlug?“

      „Was?“

      „Die Machete! Das Ungeheuer mit der Machete!“

      „Oh, das. Tja, das existiert wohl nicht.“

      „Nicht?“

      „Nein.“

      Ich schüttelte den Kopf... und war mir nicht ganz sicher, ob ich das Wort Idioten gerade wieder laut ausgesprochen hatte oder nicht. Den Gesichtsausdrücken nach... nicht zwingend.

      „Aber... warum ist Captain Washington denn da hingeflogen?“

      „Weil zwei Dinge passiert sind, für die Captain Ashley Edward Dochterman eine lobende Erwähnung in der Geschichte der Raumfahrt verdient... obwohl, nein, nur eins davon verdient Lob.“

      Die Bach war das erste Schiff... das eine Art Maschinenschaden hatte. Als der Captain die Berechnungen für ihren nächsten Sprung durchgeführt hatte und es gerade weitergehen sollte, stellte der Chefingenieur fest, dass es ein Problem gab. Eins, das noch niemals aufgetreten war... und für das sie, wie sich herausstellte, weder Ersatzteil noch Lösung parat hatten. Unterm Strich hieß das, dass sie nicht weiterfliegen konnten, weil der Antigrav-Antrieb nicht zu benutzen war... was unter ein bis zwei weiteren Strichen heiß, dass sie auch nicht nach Hause fliegen konnten, um den Schaden zu beheben.

      Wie wir bereits angedeutet haben, ist das mit Kommunikation und Notruf und sowas ein bisschen ein Problem, weil der die Erde erst dann erreichen würde, wenn die Besatzung schon seit ein paar Generationen tot wäre.

      Nun war Captain Dochterman aber niemand, der so einfach aufgab – und er war ein ausgezeichneter Mathematiker. Der auf eine Idee kam. Eine im wahrsten Sinne des Wortes lobenswerte Idee, die später zum Standard werden würde, auf die bislang aber tatsächlich niemand gekommen zu sein schien. Statt seine Logbücher in einer superschnellen Sonde zur Erde zurückzuschicken und darauf zu hoffen, dass irgendwann vielleicht mal jemand kam, um sie abzuschleppen, kam er zu einer anderen, einer etwas gewagteren Lösung. Er wusste, dass seinerzeit gleichzeitig mehrere Schiffe losgeschickt wurden, fünf Raumschiffe, die gleichzeitig das Sonnensystem verließen und auf unterschiedlichen Kursen grob Richtung Zentrum der Galaxis unterwegs waren. Er wusste sogar, welche Kurse diese Schiffe flogen.

      Das führte ihn zu dem kniffligen Teil. Er musste exakt berechnen, welches der Schiffe ihnen am nächsten war, und, noch komplexer, wann es wahrscheinlich wo für die nächste Sprungberechnung halten würde. Wie er schnell merkte, hatte er gerade einen Punkt der Tschaikowski verpasst, aber wenn er es richtig abpasste und seine Sonde schnell genug war, dann konnte sie das Schiff bei ihrem nächsten Zwischenaufenthalt erreichen.

      Es war knifflig, es war gefährlich... und es war erfolgreich!

      „Was für ein Plan!“ lachte Washington begeistert, als sie ihren Kollegen umarmte.

      „Hätte auch schiefgehen können“, meinte der.

      Beide Schiffe schwebten nebeneinander und waren durch eine Luftschleuse miteinander verbunden. Ein bisschen sahen sie aus, wie sich paarende Insekten... wenn man denn die Phantasie dafür hatte.

      „Und doch war es eine geniale Idee. Sie haben das erste sinnvolle Notrufsystem erfunden.“

      Doch damit endeten die guten Nachrichten.

      „Mein Ingenieur hat sich Ihre Spezifikationen angesehen“, sagte die Kapitänin.

      „Hat er eine Lösung gefunden?“

      2-13

      „Ja“, nickte die Frau, „aber ich fürchte, die wird ihnen nicht gefallen.“

      Das defekte Element im Antrieb ließ sich umgehen... indem man einen Teil aus der Sonde ausbaute und dafür verwendete. Da dieses Teil aber nicht für einen derart wuchtigen Antrieb gebaut war...

      „...können wir nur mit einem Bruchteil unserer Geschwindigkeit fliegen“, folgerte Dochterman enttäuscht. „Und das heißt: umkehren!“

      „Womit, wie ich bereits sagte, die Bach in die Geschichte einging, denn sie war das erste Forschungsschiff der Erde, das wegen eines Fehlers am Antrieb wieder zurückkehren musste. Was aber auch sein gutes hatte, da die Erfindung von Captain Dochterman dafür