Boris Lamour

Das Atmen der Schatten


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wurde. Der Junge war bleich. Hatte dunkle Ränder unter den Augen. Aschfahl und mager, mit spitzen Wangenknochen. Der Tod lebte gut damit, dass der Junge ihm seit Jahren so nahe war, ohne wirklich zu sterben. Eine kleine Grausamkeit, die ihm so sehr gefiel, dass er es dabei beließ.

      (1995)

      2. Zwischen Himmel und Hölle

      Nach längerer Zeit saßen Gott und der Teufel mal wieder bei einem Bier zusammen, ein Ritual, das sie zuletzt vernachlässigt hatten. Beide waren etwas unleidlich. Sie hatten sich an diesem mächtigen uralten Holztisch niedergelassen, der ganz verrußt und voller Furchen war. In der Mitte loderte ein kleines Höllenfeuer. Wenn man ganz leise war, meinte man, Schreie zu hören, und auf den ersten Blick hätte man wegen des rot-gelblich flackernden Lichtes auf die Idee kommen können, in dem Raum würde ein Kamin brennen. Nun, in Wahrheit war es das Geschenk, das der alte Teufel von seinem Sohn bekommen hatte: ein kluger, geschickter kleiner Satan. Bösartig. Sadistisch. Ein Traumkind. Sein ganzer Stolz!

      „Prost!“, sagte der Teufel, und Gott antwortete mit einem gegrummelten „Hm.“ Sie nahmen einen kräftigen Schluck aus ihren Flaschen und starrten in das lodernde Licht.

      „Im Himmel ist es so schrecklich langweilig geworden“, sinnierte Gott. „Diese hündische Hochachtung meiner Person ist kaum zu ertragen! Alle, die zu mir kommen, sind gut, gerecht und freundlich. Es ist unerträglich langweilig ...“

      „Ha! Wie kannst du von Langeweile sprechen? Ich wäre froh um ein paar reine Seelen, die ich ordentlich martern könnte. Das wäre ein Spaß! Stattdessen bekomme ich nur die, die man sowieso kaum noch quälen kann. Böse, durchtrieben und oft vom Leben so geprügelt, dass ihnen eh nichts mehr wehtut. Eigentlich so, wie ich es mag! Aber öde. Öde. Einfach öde.“

      Beide starrten weiter ins Feuer, hingen ihren Gedanken nach und nahmen von Zeit zu Zeit einen Schluck aus ihren Flaschen. Gedankenverloren rollte der Teufel eine lebendige Ratte in Pech, um sie zu verzehren.

      „Hey! “, schrie die Ratte da. „Ich habe eine Lösung für euch. Wenn ihr mich leben lasst, verrate ich sie.“

      Beide stutzten. „DU?“ donnerte der Teufel mit seiner tiefen rauen Stimme ungläubig. „Du kleine Ratte willst einen Einfall haben, der nicht einmal Gott und dem Teufel höchstselbst in den Sinn kam? Pass auf, was du sagst. Das ist lächerlich!“

      „Warte!“, sprach Gott. „Wer weiß? Vielleicht hat diese kleine Ratte ja wirklich eine Idee für uns. Langweiliger, als es ist, kann es ohnehin kaum noch werden. Du bist mittlerweile schon zu faul, ein paar ordentliche Plagen auf die Erde zu schicken! Seit wir Frieden geschlossen haben, passiert ja kaum noch etwas.“

      Er legte eine kurze Pause ein und grinste. „Wenn man es genau nimmt, haben die Menschen selbst dich ziemlich überflüssig gemacht“, frotzelte Gott.

      Der Teufel verzog das Gesicht und rieb seinen warzigen Bauch. „Schandmaul“, schimpfte er Gott und wandte sich der Ratte zu. „Nun denn, dir bleibt keine Wahl.“

      Die Ratte zögerte kurz, und Gott und der Teufel kamen mit ihren Gesichtern ganz nah an sie heran. „Ihr solltet ... von Zeit zu Zeit ... ein paar SEELEN tauschen ...“, flüsterte sie.

      Das Gesicht des Teufels erhellte sich. „DAS IST ES!“, rief er aus und schlug mit der Faust auf den schweren Tisch. Unglücklicherweise dort, wo die Ratte saß. Womit die Geschichte für sie endet.

      Gott überlegte. Nach kurzem Abwägen verwarf er seine Gewissensbisse zugunsten der Aussicht, endlich wieder einmal ein paar richtige Sünder zu bekehren. Wer sollte auch über ihn richten?

      „Das Leben ist nicht gerecht. Warum sollte es ausgerechnet der Tod sein?“, sprach er, wobei er bemerkte, dass seine Zunge schon ganz schwer vom vielen Bier war. Er war aus der Übung.

      „Ja, los. Lass uns einen Pakt schließen“, rief der Teufel begeistert. Er liebte Pakte einfach. „Einen Pakt mit dem Teufel!“

      „Nun ja, als Pakt würde ich das nicht bezeichnen“, widersprach Gott amüsiert. „Aber wenn es dir Freude macht, nennen wir es eben so!“

      So beschlossen sie, sich jeden Montag zum Würfeln zu treffen, abwechselnd im Himmel und in der Hölle. Gott spielte mit seinen Elfenbeinwürfeln, der Teufel mit geschnitzten Menschenknochen. Und die Menschen haben seitdem einen tief sitzende Abneigung gegen Montage, als würden sie etwas ahnen ...

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