D. Sawer, S. Sawer

QuantumX


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bemerkt und wollte die Lorbeeren für sich alleine behalten?

      Das würde zu ihm passen. Sicherheitshalber druckte Stefan sich unbemerkt ein Testprotokoll aus.

      Um Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, fragte er nicht weiter nach den Gründen seines Kollegen, sondern nahm sich vor, ihn in der nächsten Zeit genau zu beobachten.

      *

      Kapitel 1

      Was muss man nicht alles erdulden, um einen neuen Job zu behalten. Dieses Ersthelferseminar, auf das man mich geschickt hatte, war das langweiligste aller Seminare überhaupt. Dabei war ich mittlerweile an Seminare gewöhnt. Mir wurde nahegelegt, diese Ersthelferausbildung zu absolvieren, um noch besser für meinen neuen Job gerüstet zu sein.

      Ich saß nun schon einige Stunden in diesem Schulungsraum und es kam mir vor, als wären es Tage. Außer einem Ja, das ich von mir gab als ich meinen Namen, Jan Schuster, bei der Überprüfung der Anwesenheitsliste hörte, hatte ich an diesem Tag noch nichts Wesentliches zum Schulungsgeschehen beigetragen.

      Von meinem Platz aus hatte ich einen guten Überblick über die anderen Kursteilnehmer, die an U-förmig angeordneten Tischen saßen. Es schien eine Regel bei der Zusammensetzung von Gruppen zu geben, überlegte ich, als meine Konzentration für das Kursgeschehen wieder einmal ausgesetzt hatte. Ich schaute in die Runde. Wie immer waren ein paar hübsche Frauen dabei, was mir gleich auffiel. Eine war weniger attraktiv und eine andere machte einen mütterlichen Eindruck.

      Direkt gegenüber der Seminarleiterin saß ein ständig dazwischenredender Typ, der immer wieder die Aufmerksamkeit der Gruppe auf sich zog, indem er der Seminarleiterin wissend vorwegnahm, was sie wahrscheinlich gerade sagen wollte. Er folgte dem Geschehen hochkonzentriert, nickte ab und an auffällig, und stellte eine Menge Fragen.

      Gegenüber von meinem Platz saß ein Typ, der die Aufmerksamkeit der weiblichen Teilnehmer auf sich zog. Er sah offensichtlich super aus und war äußerst redegewandt.

      Daneben gab es auch den Kumpeltyp am rechten Ende des gegenüberstehenden Tisches. Er nahm immer wieder Blickkontakt auf, lächelte, und machte ab und zu ein Witzchen.

      Ein oder zwei Teilnehmer sagten den ganzen Tag über gar nichts und taten, als wären sie überhaupt nicht anwesend. Der Rest der Gruppe war normal.

      Ich wurde müde. Ich wollte nun endlich gehen und Feierabend machen. Wir hatten heute, glaube ich, alle möglichen Arten von Verletzungen behandelt. Dabei wurde beispielsweise darauf eingegangen, was zu tun ist, wenn einem Freund zufällig bei einem Mountainbikeunfall mitten im Gebirge der Finger abgerissen würde. Das wusste ich nun. Nach etlichen Vorführungen und Fragen hatte ich schließlich das Ende des ersten Lehrtages vor Augen. Der Musterschüler des Kurses stellte jedoch noch die Frage, ob er den automatischen Defibrillator noch einmal ausprobieren dürfe, um ganz sicher im Umgang damit zu sein. Mir wollte der Kopf auf die Tischplatte fallen. Ich konnte mich gerade noch davon abhalten.

      In diesem Augenblick rettete die Kursleiterin die Gruppe und beschloss, die Schulung für heute zu beenden. Sie antwortete bestimmt und freundlich, sie hätte dies bereits demonstriert und versicherte, dass der automatische Defibrillator so konstruiert sei, dass er für jeden einfach zu bedienen und quasi idiotensicher wäre. Daraufhin wünschte sie uns noch einen angenehmen Rest des Tages und verabschiedete sich bis zum nächsten Morgen.

      *

      Den ganzen Tag über hatte ich immer wieder versucht, der kurvenreichen Blonden in die hübschen blauen Augen zu sehen und ihr ein Lächeln abzugewinnen. Leider schien sie das nicht sonderlich zu interessieren. Stattdessen hatte sie immer wieder zu diesem Lackaffen hinüber gelächelt, der mir gegenüber saß. Mir war aufgefallen, dass die beiden sich in der Pause schon angeregt unterhalten hatten. Morgen, nahm ich mir vor, würde ich es bei der Brünetten versuchen. Vielleicht hatte sie mehr Interesse für meine Flirtversuche, hoffte ich jedenfalls.

      Ich fand meine eigene Erscheinung eigentlich ganz passabel, obwohl mir bewusst war, dass ich schon lange nicht mehr beim Friseur war. Meine dunklen Haare waren schon so lang, dass sie sich bereits in mein Gesicht kräuselten. Außerdem hatte ich es heute nicht mehr geschafft, mich zu rasieren. Aber ich bin recht groß, relativ sportlich und ein eher zurückhaltender Typ. Nun ja, meine Beiträge an diesem Tag waren eher halbwegs amüsant gewesen. Obwohl ich selbst ziemlich über meine Idee gelacht hatte, in einen Schuh zu atmen, wenn man beginnt zu hyperventilieren und gerade keine Tüte dabei hat.

      Ich war überzeugt davon, dass Frauen eine Antenne dafür haben, wie man mit ihnen redet. Man müsste genauso quatschen können, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wie dieser Labertyp von gegenüber. Ich dagegen hatte verbal nicht immer etwas an der richtigen Stelle parat, womit ich meine Gesprächspartnerinnen beeindrucken konnte. Dieser Lackaffe jedoch schien das gut drauf zu haben, mit Erfolg, wie man sah.

      „Wow, das gleiche habe ich auch gerade gedacht“, sagte er zu der Blonden und war dabei etwas lauter geworden, so dass ich den Gesprächsfetzen mitbekam. So ein Schauspieler, dachte ich genervt.

      „Hey, wie heißt du noch mal?“, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als ich von der Seite angesprochen wurde. Ich schaute überrascht auf. Es war der Kumpeltyp, einer der Teilnehmer, den ich heute Morgen schon vor Beginn des Kurses kennengelernt hatte.

      Als wir alle noch in der Eingangshalle standen und auf die Kursleiterin warteten, kam er zielstrebig auf mich zugesteuert und verwickelte mich in ein kurzes Gespräch. Er hielt mich nun wahrscheinlich für einen neuen Freund.

      „Ich heiße Jan, das habe ich dir doch heute Morgen schon gesagt“, erwähnte ich gleichgültig.

      „Ich wollte ja auch nur noch einmal deinen Nachnamen wissen“, hakte er nach. Das hatten wir auch schon, dachte ich.

      „Schuster! Jan Schuster!“, ich wunderte mich. Er wiederum nannte mir seinen Namen erst auf mein höfliches Nachfragen hin. Er stellte sich mit Franky vor.

      Franky, ich konnte nicht glauben, dass es sein richtiger Name war, aber es interessierte mich auch nicht wirklich.

      Er war blond, groß und mir fiel auf, dass er sehr kräftig gebaut war. Irgendwie war er mir unsymphatisch, aber dieser Eindruck drängt sich mir bei recht vielen Menschen auf.

      „Wieso fragst du?“, wollte ich wissen.

      „Weil ich glaube, dass ich dich irgendwoher kenne“, antwortete er.

      „Ja stimmt, wir kennen uns schon seit einer Ewigkeit, und zwar genau seit heute Morgen. Das ist verdammt lange, bei diesem aufregenden Kurs hier!“, kam es aus mir heraus.

      „Also ich finde es hochinteressant hier, heute. Außerdem glaube ich, die Blonde da drüben flirtet die ganze Zeit mit mir!“, verkündete Franky stolz.

      „Träum weiter, die hat doch nur Augen für diesen Lackaffen neben sich. Warum machst du eigentlich diesen Kurs hier mit?“, fragte ich.

      „Einfach so! Ich frische meine Erste-Hilfe-Kenntnisse jedes Jahr auf.“

      So einer war das. Der war tatsächlich freiwillig hier. Mir fiel meine Frage wieder ein: Woher kannte der mich?

      Ich hatte in letzter Zeit jede Menge Leute in meinem neuen Job kennengelernt, vielleicht kannte er mich daher, oder aber auch von früher aus der Uni? Vielleicht schuldete ich ihm noch Geld? Oder hatte ich mal was mit seiner Schwester? Nein! Bestimmt nicht, wenn die so aussah wie er! Mir kam er jedenfalls überhaupt nicht bekannt vor.

      „Da, schon wieder! Sie hat mich eindeutig angeschaut“, flüsterte Franky mir ins Ohr.

      „Ja“, hauchte ich zurück, „hinter dir hängt eine große Uhr an der Wand! Da starrt sie die ganze Zeit hin.“

      Franky