Walter Rupp SJ

Der Verlorene Vater


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so zum Innehalten oder gar zur Umkehr bewegen. Man kann es auch nicht nebenbei, mit den Nachrichten des Tages, zu sich nehmen. Deshalb meint nicht, dass Ihr das Wort Gottes werbewirksam aufbereiten müsst.

       Wenn das Wort Gottes unter die Räuber fällt,wird es ausgeplündert und bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt.

      Deutung des Gleichnisses vom Sämann (zu Mt 13,18)

      Die vielen, die das Gleichnis vom Sämann nicht verstanden hatten, wandten ein: Steht nicht im Buche Genesis geschrieben, dass Gott die Welt in sechs Tagen schuf, erst die Pflanzen, danach die Tiere und zuletzt den Menschen? Und du behauptest, alles entwickle sich allmählich...

      Da versuchte er ihnen klarzumachen, dass die Welt nicht - wie so viele glauben - fix und fertig aus den Händen Gottes hervorgegangen ist, sondern sich über viele Jahrmillionen entwickelt hat, und die höheren Lebewesen erst auftraten, nachdem die Vorbedingungen für ihre Existenz gesichert waren. Er erklärte ihnen, dass Gott nicht alles selbst mache, sondern auch seine Geschöpfe etwas machen lässt und sie mit der Fähigkeit ausgestattet habe, an der Gestaltung der Welt mitzuwirken. Dann fügte er hinzu: Was für die Entwicklungsgeschichte der Welt gilt, gilt in gleicher Weise für die Offenbarung. Sie überfällt den Menschen nicht. Das Kommen des Gottesreiches braucht, wie das Leben, für das Reifen Zeit. Die Propheten haben in den vergangenen Jahrtausenden das Erdreich für das Evangelium aufbereitet.

      Über diese Worte staunten seine Jünger und sagten: Willst du damit sagen, dass vieles von dem, was du verkündigst, nicht neu ist? Dass du an Gedanken und Geschichten anknüpfst, über die vor dir schon andere gesprochen haben?

      Da sagte er zu ihnen: Ja, so ist es. Wenn ich früher, vor den Propheten, aufgetreten wäre und gepredigt hätte, wäre ich vor der Zeit gekommen und nicht verstanden worden. Ich baue ein neues Haus aus alten Steinen! Und ich möchte, dass ihr an diesem Haus weiterbaut.

       Selig, die nicht sehen und doch glauben - denn der Glaube

       folgt nicht aus dem Sehen, sondern sehen kann nur, wer zuvor glaubt.

      Der Schatz im Acker (zu Mt 13,44)

      Denen, die sich Gottsucher nannten, erzählte er dieses Gleichnis: Mit der neuen Welt, in die Gott die Menschen ruft, ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann hörte davon und sagte sich: Glauben heißt nichts wissen. Ich mache mich nicht auf und grabe nicht. Wie stehe ich da, wenn ich umsonst gegraben habe? Vielleicht ist alles nur ein Gerücht. Man soll mir zuvor beweisen, dass es diesen Schatz gibt, wo dieser Schatz verborgen liegt und dass es sich lohnt, ihn auszugraben.

      Statt nach dem Schatz zu suchen, suchte er Beweise. Deshalb erwarb er ihn nicht.

       Sammelt euch Schätze im Himmel , aber versucht nicht immer herauszufinden, wie groß eure Verdienste vor Gott sind.

      Das Kleid (zu Mt 9,16)

      Einmal brachte er diesen Vergleich: Niemand setzt ein Stück neuen Stoff auf ein altes Kleid. Wer flickt noch alte Kleider? Wer trägt sie so lange, bis sie unbrauchbar geworden sind? Man wirft sie weg, bevor sie aus der Mode kommen, oder gibt sie bei einer Kleidersammlung an die Armen weiter.

      Wer gerät schon gern in den Verdacht, er sei mit der Vergangenheit verhaftet und gegen das Neue eingestellt? Die Leute fürchten nichts so sehr, als vor ihren Mitmenschen lächerlich dazustehen. Weil sie wissen, dass sie von ihrer Umwelt nach ihrem Erscheinungsbild beurteilt werden, versuchen sie bereits durch ihre Kleidung zu beweisen, wie sehr sie auf der Höhe der Zeit sind.

      Dann fügte er hinzu: Die Menschen sind fast immer für das Neue, weil sie glauben, dass das Neue besser als das Alte sei. Wenn sie jedoch selbst neu werden sollen, wehren sie sich mit aller Kraft, ihre Gewohnheiten und Vorurteile abzulegen.

       Was nützt es dem Menschen, wenn er seine Seele gewinnt und sich verwirklicht, während die Welt Schaden leidet?

      Die Forderung nach Zeichen (zu Mt 12,28)

      Einmal sagten seine Hörer: Meister, du verlangst zu viel von uns. Wir sollen allein deinen Worten glauben. Und sie forderten ihn auf: Wir möchten Zeichen von dir sehen. Nur wenn du uns beweist, dass du die Naturgesetze aufheben kannst, wirst du Skeptikern die Zweifel nehmen, Gläubige in ihrem Glauben bestärken und Ungläubige zum Glauben zwingen. Wunder sind nun einmal das stärkste Argument. Nimm dir ein Beispiel an Mose und an den Propheten. Sie haben Wunder gewirkt, um das Volk zu überzeugen.

      Da sagte er zu ihnen: Wenn ihr Glauben hättet, würde ich Wunder wirken. Aber wegen eures Unglaubens wirke ich keine. Habt ihr nie in den alten Schriften gelesen, dass Mose den Auszug der Israeliten aus Ägypten erzwingen wollte und vor Pharao immer neue Wunder tat, aber nur erreichte, dass sich Pharao verhärtete? Wer will, kann Wundern widerstehen.

      Da waren sie empört und sagten zueinander: Will er damit sagen, dass er keine Wunder wirkt, weil auch wir uns nur wie Pharao verhärten würden?

       Gott lässt die Sonne auf gute und böse Menschen scheinen und er verhindert nicht, dass sich Wolken über ihnen zusammenziehen.

      Die Zeichen der Zeit (zu Lk 12,54)

      Einmal sagte er zu denen, die nach Sicherheit verlangten und nicht einsehen wollten, dass sie ihr Schicksal nicht berechnen können: Sobald ihr im Westen Wolken aufsteigen seht, sagt ihr: Es gibt Regen. Und oft kommt es nicht so. Wenn aber der Südwind weht, sagt ihr: Es wird heiß. Wie oft trifft diese Vorhersage nicht ein? Ihr Heuchler!

      Wenn ihr schon die Naturereignisse nicht erklären könnt, wie viel weniger den Verlauf der Menschheitsgeschichte! Ihr steht der Zukunft hilflos gegenüber. Nie fähig werdet ihr sein, die Zeichen der Zeit zu deuten oder zu erkennen, welche Stunde der Geschichte angebrochen ist.

       Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe! Und wenn ihr nicht umkehrt, ist es dennoch nahe!

      Die kostbare Perle (zu Mt 13,45)

      Denen, die sich Gottsucher nannten, erzählte er ein Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle Perle gefunden hatte, ging er hin und zeigte sie voll Freude seinen Freunden und Bekannten. Da sie ihn jedoch verlachten und behaupteten, die Perle sei nichts wert, gefiel sie ihm nicht mehr. Er sagte sich: Wenn niemand diese Perle erwerben will, taugt sie nichts. Und er sann darüber nach, wie er sie loswerden könnte. Weil er sich der Perle schämte, warf er sie schließlich weg.

       Wo dein Herz ist, da ist oft kein Schatz.

      Das Fischnetz (zu Mt 13, 47)

      Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Netz, das ins Meer ausgeworfen wird, um Fische aller Art zu fangen. Weil es jedoch sehr mühsam ist, die Netze auszuwerfen, fuhren die Fischer immer seltener hinaus. Da sie schon so viele Fische hatten fangen können, meinten sie, es reiche aus, wenn sie von Zeit zu Zeit ans Ufer gingen, um eine Angel auszulegen. Doch eines Tages drangen von überall her Leute in die alten Fanggebiete ein, warfen Netze aus und machten reiche Beute.

      Als die Fischer sahen, dass man ihnen ihre alten Fanggebiete streitig machte und nur noch wenige Fische für sie übrig ließ, verkauften sie ihre alten Boote und erwarben neue, komfortable Schiffe, die ihnen vor dem Regen und den Winden Schutz gewährten und in den langen, kalten Nächten draußen Behaglichkeit bieten konnten. Dann nahmen sie ihre Arbeit wieder auf.

      Aber bald mussten sie erkennen, dass sie trotz ihrer großen Netze und