Drink einschenkte. Auf Emile ließen wir nichts kommen. Emile, Calvi und das 2. REP im selben Atemzug zu nennen, war normal. Wenn Emile einem Legionär, egal der Kosten und Umstände, egal des Dienstgrades, helfen konnte, dann tat er das. Er hatte in vielen Dingen wohl mehr Einfluss in der kleinen Touristen- Stadt als Bürgermeister Zanotti. Dass der Balkankrieg schon begonnen hatte, merkten wir zuerst daran, dass sich die Reihen unserer jugoslawischen Legionäre peu à peu lichteten. Auch der ein oder andere Kamerad, der nicht der slawischen Rasse angehörte, verschwand plötzlich auf Nimmerwiedersehen. Beide Kategorien, ob nun die Jugoslawen oder die, die sich ohne patriotisches Denken davonstahlen (meist waren es Deutsche, Engländer und Niederländer), kannte ich bestens. Es waren wunderbare Kameraden, deren Handeln, so unterschiedlich die Gründe auch waren, ich nur allzu gut nachvollziehen und auch verstehen konnte. Bei Letzteren war auffallend, dass es sich um Männer handelte, die in ihren Kompanien immer zu den besten gehörten. Egal was getan wurde, sie waren immer vorne dran. Sie liebten und verachteten das Leben. Und sie sahen teils spöttisch von oben auf alle diejenigen herab, die sich mit dem normalen Leben abseits aller Extreme begnügten. Das bereits recht aufregende Leben eines Legionärs im Dienste des 2. REP genügte ihnen schon nicht mehr, denn für sie war jeder Tag, an dem nicht gekämpft wurde, ein verlorener Tag.
Waren es Söldner?
Den Ausdruck Söldner möchte ich für sie nicht verwenden. Er steckt voller negativer Nuancen und wer Menschen immer nur an Hand von Klischees, an Hand von Worten, von Bezeichnungen oder nach ihrer von uns erfundenen, klassifizierten Gesellschaftsfähigkeit beurteilt, der kennt das Leben nicht. Und er tut unrecht! Aus Unwissenheit und aus einer komfortablen Situation heraus ist es leicht, jemanden einen Stempel auf die Stirn zu drücken. Schwieriger – aber richtiger – wäre es, alles von zwei Seiten zu sehen, einige Meilen in den Stiefeln dieser Menschen zu marschieren oder sich mit ihnen intensiv zu beschäftigen, bevor man sie, und sei es nur verbal, verurteilt. Marschiert bin ich mit ihnen auf drei Kontinenten, an intensiven Gesprächen hat es dabei nie gefehlt und mein Bild von ihnen ist auch heute noch klar und intakt. Meist kämpften sie nicht für Geld, sondern für eine Stange Zigaretten, für eine Essensration oder noch für eine kostenlose warme Unterbringung, denn die Wintermonate auf dem Balkan waren und sind sehr rüde. Söldner? Nein! Es waren Männer, die sich nichts vorschreiben ließen. Von niemandem. Sie nahmen ihr Leben selbst in die Hand, lebten es so, wie es ihnen gefiel. Es scheint mir wichtig, an dieser Stelle zu betonen, dass speziell diese Männer auch im Einsatz an den brenzligsten Krisenherden (Sarajevo, Mostar, im belagerten Gorazde oder anderswo), sich stets an den Ehrenkodex der Legionäre erinnerten und danach handelten. Zumindest die, die ich kannte und deren Wirken ich teilweise verfolgte, waren keine skrupellosen Bombenleger und Kampfmaschinen ohne Hirn und Moral. Es waren Soldaten, die sehr wohl zwischen Gut und Böse abwägen konnten und die sich von niemanden dazu zwingen ließen, irgendwelche Schandtaten zu begehen. Im Gegensatz zu Terroristen liebten sie die eins – eins Situation. Sie kämpften gegen gleichwertige Gegner, gegen reguläre Soldaten, gegen bewaffnete Freischärler, niemals aber gegen Unbewaffnete, nie gegen Frauen und Kinder. Die Chance, selbst getötet zu werden bestand immer. Gäbe es diese Chance nicht, dann wären sie wohl Arzt, Pfarrer oder Ingenieur geblieben, denn genau das, die Möglichkeit des eigenen Todes, der Nervenkitzel und die Ungewissheit waren das Salz in ihrer Suppe.
Vielleicht ist es für den Leser interessant zu wissen, dass der kroatische Generalleutnant Ante Gotovina (alias Grabovac) ein ehemaliger Legionär war. Gotovina diente fünf Jahre in der Legion und erlangte den Dienstgrad Caporal-chef (Hauptgefreiter). Er wurde Franzose, arbeitete lange Zeit in Frankreich in der Sicherheitsbranche und war später Mitglied des Vereines ehemaliger Fallschirmjäger der Fremdenlegion (AALP). Als 1991 der kroatische Unabhängigkeitskrieg begann, kehrte er in seine Heimat zurück. Auch der Serbe Milorad (Lukovic) Ulemek, Spitzname Legija Ulemek hatte in der Legion gedient. Er war etwa zur selben Anfangs- Zeit im 2. REP wie ich, sprich 1985 / 1986. Milorad desertierte nach kaum sechs Jahren Dienstzeit und trat erst wieder in Erscheinung, als 1992 in Jugoslawien der Krieg ausbrach.
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