Anne Graves

Kochbuch der zauberhaften orientalischen Rezepte


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      Am Hofe des Sultans frönte man einem besonders verfeinerten Geschmack. Der Großherr verköstigte bei prachtvollen Gesellschaften und Banketten, die von musikalischen und literarischen Darbietungen begleitet wurden, zahlreiche Gäste. Für deren leibliches Wohl sorgten riesige Palastküchen, in denen über 1000 Köche tätig waren. Sie bereiteten täglich mehrere tausend Mahlzeiten für die Palastbewohner zu.

      Eine Abteilung kochte ausschließlich für den Padischah, eine andere für seine Mutter, wieder andere für den Harem, den Diwan und das Dienstpersonal. Es gab auch eine eigene Küche für Süßspeisen.

      Aus der Zeit Mehmets II. existieren Verzeichnisse des großherrlichen Palastes, aus denen der immense Bedarf an Lebensmitteln hervor-geht:

      So ließ der Küchenmeister im Topkapi alleine im 8. Monat des Jahres 878 (i.J. 1473) folgende Lebensmittel kaufen: 3600 kg Honig, 544 Hühner, 28 Maß Reis, 61 Gänse, 24 kg Safran, 116 Muscheln, 87 Krabben, 400 Fische, 56 g Moschus, 12,8 kg Paprikapulver, 14 kg Olivenöl, 104 kg rumänisches Salz, 17 kg Stärkemehl, 616 Stücke Schafskopf- und Klauen, 180 Mägen und 649 Eier.

      Die Palastküchen ersonnen raffinierte Rezepte. Luxuriöse Gerichte waren mit Pfeffer, rotem Paprika, Zimt, Nelken, Safran, Anis, Kreuzkümmel, Sesam, Pfefferminze oder Rosenwasser gewürzt, z.B. ein Schmorfleisch mit Auberginenpüree namens “Dem Herrscher hat es geschmeckt“ (hünkar begendi) oder mit Zwiebeln und Hackfleisch gefüllte Auberginen, “Der Imam fiel in Ohnmacht“ (imam bayildi). Dazu aß man helles Weizenbrot, auf das man Kümmel und andere Gewürze streute.

      Ausgefallene Gerichte kreierte vor allem die Hofküche für Süßspeisen. Als besondere Delikatesse galten Konfitüren - etwa aus Zitronen, Rhabarber, Birnen, Orangen, Feigen, Pfirsichen oder Johannisbeeren. In diese mischten die Köche Aromen wie Rosen, Narzissen, Ingwer oder Bergamotte. Auch ein Rezept für Kürbiskonfitüre mit Zimt und Nelken ist überliefert.

      Eine Besonderheit war Sauerkirschenkompott mit Eis, welches aus den kalten Gebirgszonen herbeigebracht wurde. Außerdem liebte man Desserts aus kandierten Früchten, Honig, Korinthen oder Nüssen, in Honig getränkte Griestorten, die mit Kokos und Pistazien garniert waren oder Pudding, etwa Mandelpudding mit Honig und Rosinen.

      Als Gaumenfreuden der gehobenen Art galten auch frittierte Gebäcksorten in Sirup, die Namen wie “Frauennabel“ (kadingöbegi) oder “Lippen der Geliebten“ (dilberdudagi) trugen. Naschwerk für zwischendurch war ein bonbonähnliches Zuckerkonfekt - Zucker war ein teures Importgut - mit Zimt-, Nelken- oder Anisgeschmack. Möglicherweise kannte man bereits eine Art Kaugummi, gesüßten Mastix, ein von der Insel Chios stammendes Baumharz.

      Extravagant waren auch die Getränke, die nicht während, sondern nach der Mahlzeit kredenzt wurden: Wasser mit Rosenessenz sowie Scherbett.

      Diesen mit Zuckerwasser oder Honig vermischten Saft stellte man aus Früchten und anderen pflanzlichen Essenzen her, etwa aus Granatäpfeln, Aprikosen, Rhabarber, Zedern, Äpfeln, Birnen, Pflaumen, Erdbeeren, Safran, Vanille, Zimt, Pfefferminz, Tamarinde, Mohn u.a. Gerne genossen wurde auch ein kompottartiger Most namens "hosaf" aus in Wasser gekochten Rosinen, Rosenwasser und vergorenem Honig.

      Besonders mochten die Osmanen Getränke mit Aromen aus Orangen, Zitronen, Bergamotten, aber auch Veilchen und vor allem Rosen. Bei den Frauen war ein Scherbett aus Moos, Ambra oder Aloe besonders beliebt, das als Aphrodisiakum galt. Trotz des Alkoholverbots waren vor allem die vornehmen Osmanen gelegentlich dem Wein zugetan. Gedichte zeugen davon, dass er - nach gehörigem Konsum - als Sorgentröster geschätzt wurde.

      "Boza", eine Art Bier hingegen, schien fast jedermann, vor allem die Soldaten, getrunken zu haben. Das süßliche Gebräu aus vergorener Gerste oder Hirse existierte in zahlreichen Geschmacksvarianten, von süß bis sauer. Besonders verbreitet war "boza" mit Zimtaroma.

      Die Küchendienste im Topkapi-Serail

      Die Bedeutung, die die osmanischen Sultane der Kochkunst beigemessen hatten, fällt jedem Besucher des Topkapi Palastes in Istanbul beim Anblick der von zehn Kuppeln überdachten riesigen Palastküche sofort auf.

      Im 17. Jahrhundert waren allein in der Palastküche etwa 1.300 Personen beschäftigt. Hunderte von Köchen, darunter Spezialisten eigens für Suppen, „Pilav“ (Reis), „Kebab“, Gemüse, Fisch, Brot, Gebäck, Süßigkeiten, „Helva“ und Sirup, Marmeladen und Getränke, versorgten nicht weniger als zehntausend Personen pro Tag und schickten darüber hinaus noch für die Menschen Tabletts mit Speisen in die Stadt als Zeichen der Gunstbezeugung des Herrschers.

      Der Stellenwert der Küche kam auch in der Struktur der osmanischen Militärelite, der Janitscharen, zum Ausdruck. Divisionskommandanten wurden als "Herren der Suppe", andere hohe Offiziere "Chefkoch", "Bäcker", "Pfannkuchenkoch" betitelt. Alles Bezeichnungen, die mit den eigentlichen Funktionen der Herren wenig zu tun hatten.

      Das Essen für die Wesire und die Bewohner des Harem-Traktes wurde im Topkapi Palast in der so genannten Hauptküche zubereitet, während die Mahlzeiten für den Sultan persönlich in seiner privaten Küche gekocht wurden. Die Köche, die hier arbeiteten, waren besondere Köche.

      Für den Sultan gab es eine eigene Küche, dann gab es die Hauptküche, die so genannte Küche der Sultansmutter, in der das Essen für die hochstehende Frauen des Haremtraktes gekocht wurde, die Mädchenküche, die die Eunuchen bekochte, die Küche für Mitglieder des Staatsrates und für den obersten weißen Eunuchen. Für den Kämmerer und seinen Personalstab, dem Verantwortlichen für das Vorratslager und seinem Personal, sowie dem Palastverwalter und seinem Arbeitsstab war auch jeweils eine gesonderte Küche zuständig.

      Täglich wurde im Palast für ca. 4.000 Menschen Essen gekocht, an Soldtagen "Ulufe" für die Janitscharen waren es sogar 10.000 Personen, die mit Suppe, Pilaw und der traditionellen Süßspeise "Zerde" verköstigt wurden. Im 18. Jahrhundert hingegen waren es nur 500 Personen gewesen die von der Palastküche mit Essen versorgt wurden. Gleichzeitig wurden noch täglich 400 verschiedene Süßspeisen vom dafür zuständigen Koch hergestellt.

      Die Küchenmeister hatten eine Anzahl von Gesellen unter sich, denen wiederum die einzelnen Sektionsleiter und Lehrlinge unterstanden. 300 Hilfsköche sowie 100 Extraköche; die den Eunuchen, dem Kämmerer, dem Vorratslagerverwalter, und den Palasteunuchen zur Verfügung standen, wären noch hinzuzufügen.

      Den wichtigen Personen im Harem-Trakt wurde auch ein besonderes Menü gekocht, wenn sie wollten. Für diesen Sonderdienst stand ihnen ein Meisterkoch, ein Koch, ein Koch der den Herd beaufsichtigte, einer für den Fleischgrill, ein Spezialist für Süßspeisen, einer für Backwerk, einer für Pilaw, einer für Fisch und einer für die Diätküche zur Verfügung.

      Das Personal, das für Essen und Trinken des Sultans persönlich verantwortlich war, bestand aus zwei Vertrauenspersonen aus der Leibgarde des Herrschers, die eine Gruppe von benötigten Köchen und einen Süßspeisenkoch unter sich hatten.

      Arabische Küche

      Obwohl sich die Länderküchen des Nahen Ostens durchaus unterscheiden, gibt es zahlreiche Gemeinsamkeiten, die die Arabische Küche kennzeichnen. Zu den Grundnahrungsmitteln gehören Hülsenfrüchte wie Linsen und Bohnen, die häufig zu Pasten verarbeitet und vielfältig in der Küche verwendet werden. Eine bekannte Bohnensuppe im Maghreb heißt baisar. Falafel sind frittierte Klopse aus pürierten Kichererbsen.

      Milch wird selten pur getrunken sondern meist zu Joghurt oder Kajmak verarbeitet, teilweise auch zu Ghee und zu Käse.

      Lammfleisch ist – entweder als Kebab zubereitet oder gekocht – die in der arabischen Welt am häufigsten gegessene Fleischsorte. Alle Teile des Lamms finden Verwendung einschließlich Innereien, Kopf und Füßen. Für das Gericht khouzi backt man ein ganzes Lamm, das man mit Hühnerfleisch, Eiern und Reis gefüllt und mit Safran und Zwiebeln gewürzt im Ganzen auf