Мэри Элизабет Брэддон

Der gebrochene Schwur


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war sanft und fügsam, wenn auch nicht zärtlich, sie ging mit ihm, wenn er reisen wollte, sie trank Mineralwasser in deutschen Bädern, wenn er es verlangte, sie schlenderte mit ihm durch italienische und niederländische Bildergallerien, ohne daß eines von ihnen einen Titian von einem Tenier, oder einen Salvator Rosa von einem Rubens unterscheiden konnte. Wenn er begehrt hätte, daß sie den Montblanc besteige, sie würde sich tapfer angestrengt haben, den Gipfel zu erreichen, auch wenn sie dabei umgekommen wäre. Doch war dieser stille Gehorsam kaum eine Tugend zu nennen, sondern eher die angeborene Lässigkeit eines trägen Temperaments; Alles war weniger anstrengend für sie als Widerstand. Sie hörte ihm zu, wenn er sprach, sie las ihm an Sonnabenden lange Beschreibungen aus der Zeitung vor, obgleich sie kein Wort davon verstand; sie saß in ihrem Ponhphaëton, bei einem Wettrennen in der Nacharschaft, wenn sie auch den Sieger nicht kannte, wenn er vor ihr stand, und kaum die Namen wußte von ihres Gatten Pferden. Als er krank ward, pflegte sie ihn sanft und geduldig; war er unwillig, so ertrug sie es still; war er niedergedrückt, so that sie ihr Bestes, ihn aufzurichten, und als er starb, betrauerte sie ihn nach ihrer ruhigen, stillen Weise. Sie eilte hinweg von Lislewood gleich nach der Beerdigung, und lebte zurückgezogen in einem kleinen Badeort an der Küste mit ihrem Sohne und ihrer Dienerin. Das große, leere, glänzende Haus, in das der Tod so plötzlich eingetreten, hatte etwas Fürchterliches für sie, sie schauderte bei dem Anblicke der düsteren Alleen in dem dicht bewaldeten Park. Ihre Tante war längst todt, sie hatte keine Anverwandte und wenig Bekannte, ja kaum ein Wesen, das den Namen Freund verdient hätte; ihren Sohn liebte sie jedoch leidenschaftlich, und ihm widmete sie sich gänzlich. Gedachte sie nun wohl des hübschen Offiziers, jetzt wo sie wieder frei war? Sie mochte wohl zuweilen, und vielleicht war es ein Theil ihres Schmerzes, sich erinnern, wie sie vor acht Jahren sein liebendes Herz verwundet und gequält hatte. Sie wußte nicht lebte er oder war er todt, und hatte kein Mittel sich dessen zu versichern. Sir Reginald hatte nie den Namen seines ehemaligen Freundes genannt nach dem Streit, welcher sie Beide getrennt hatte. Sie durfte seiner nicht gedenken, es schien ihr unrecht, herzlos und unweiblich, so lange die Tafel noch so neu war in der Kirche zu Lislewood und der Deckel des Sarges kaum geschlossen in der Gruft unter der Kanzel. Sie ging auf Reisen mit ihrem Sohne und ihrer Dienerin; sie zeigte dem Knaben die großen, düsteren Kirchen, in welche sie sein Vater geführt hatte; sie ging mit ihm nach Antwerpen, Köln, Brüssel und München, und kehrte nach einer sechsmonatlichen Abwesenheit nach Lislewood zurück, wo sie den Tag nach ihrer Ankunft Arthur Walsingham an derselben Stelle, an der sie sich vor acht Jahren von ihm getrennt, begegnete.

      Drittes Kapitel.

       Der neue Herr von Lislewood-Park.

      Ein halbes Jahr ist vergangen seit der Rückkehr des indischen Officiers, und der stürmische Märzwind rüttelt die Zweige der Eichen in dem stattlichen Parke von Lislewood. Eine reiche und ausgedehnte Besitzung das Erbe von Lislewood; weit über die Berge von Sussex erstrecken sich die großen Ländereien, welche dem kleinen Baronet zu eigen sind; weit über die nackten weißen Bergrücken, welche die öden Dünen begrenzen, liegen noch niedliche Wohnsitze und wohlhabende Meierhöfe, worin nach der Ernte, dem Schlachten oder der Schafschur der Pachtzins zurückgelegt ward, um ihn, wenn das Halbjahr um sei, an Sir Rupert Lisle Baronet zu zahlen. Man konnte meilenweit wandern durch beschattete Heckenwege und lange, gedehnte, weißbesandete Landstraßen, durch Wälder von niederem Nadelholz, durch kleine Dörfer, die so versteckt lagen in dem Schatten der großen Hügelkette, daß man zu ihnen hinabsah von den hoch gelegenen Gründen wie in einen Brunnen; doch frug man wo immer nach dem Eigenthümer der belaubten Wege von Haselbüschen und wilden Rosen, oder der fruchtbaren Wiesen hinter den Hecken, den kleinen, zusammengewürfelten Hütten, die aussahen als wollten sie über dem ersten besten unvorsichtigen Wanderer zusammenstürzen, der sich in ihren Schatten wagte, immer und überall hörte man den Namen Sir Rupert Lisle.

      Wenn man in ein halb vergessenes Wirthshaus trat, um eine Erfrischung zu verlangen, brauchte man nur aufzublicken zu dem ländlichen Schild, glänzend in der Hochsommersonne, um das Wappen der Lisle zu erkennen oder die Chiffre Sir Rupert’s. Ging man müßig einen Bauern beobachtend, wie er seine Leute anweisend oder selbst mithelfend auf dem Heuwagen stand, oder an dem Thor einer Scheune, so war es sicher ein Pächter Sir Rupert’s. Der Name Lisle war so alt und bekannt in der Grafschaft, wie die Schlacht bei Hastings selbst, in welcher Oscar Seigneur von Lisle eine tapfere Compagnie Bogenschützen befehligte gegen den Kern der Leute von Saxon Harald’s.

      Das Geschlechtsregister der Ahnen des siebenjährigen Baronets hätte die Fläche der längsten Allee in dem Park von Lislewood bedeckt, hätte man die großen Rollen der alten, staubigen Pergamente in ihrer ganzen Länge entfaltet. Die Kirche von Lislewood war angefüllt mit den Trophäen und Denkmälern dieses alten Geschlechts, Banner, bei Creßy, Harfleur und Flodden erbeutet, hingen in modernden Fetzen über den Standbildern von Rittern und Streitern, deren Gebeine unter der Kanzel ruhten.

      In der gegenwärtigen Sakristei der Kirche, welche einst die Familienkapelle der Lisle’s war, hing der Priester seinen Ornat über Monumente, deren Schnitzwerk von unschätzbarem Werthe war. Wohin man blickte in der alten Kirche, begegnete man dem Namen Lisle; in altem Latein, auf den mit Denksteinen bedeckten Wänden, in verblichenen Goldbuchstaben unter der Orgel, ein Geschenk des Großvaters des gegenwärtigen Baronets, in alterthümlichen Charakteren über dem Gesimse der Eingangsthür, das allwöchentlich einmal mit Brotlaiben belegt wurde für die Armen von Lislewood, eine Stiftung des sechsten Baronets.

      Es war eigenthümlich, nach dieser fortwährenden Schaustellung des alten Namens, der weiten Ausdehnung, der Größe und des Reichthums des Hauses Lisle zurückzukehren nach Schloß Lislewood, und den einzigen Besitzer solcher Güter lässig spielend zu finden in dem kleinen, steifen Blumengarten, mit blassem, kränklichem Gesichtchen und phlegmatischem Wesen. Hatte der Anführer der normanischen Bogenschützen, der hochmüthige Unterdrücker der Sachsen, die Sieger von Creßy und Flodden, die edlen Royalisten, welche unter Rupert vom Rhein gekämpft, der tapfere Edelmann, welcher Lucy Waters schönen Sohn bei Marston schlug, hatten alle diese starken, tapferen Männer nur dies schwache, blonde Kind hinterlassen, ihre Reichthümer und ihren Ruhm zu erben? Es schien beinahe, als müsse das Gewicht dieses großen Erbes, nur allein auf diese hilflose Waise fallend, ihn erdrücken und vernichten. Es lag etwas Düsteres und Unnatürliches in seiner verlassenen Größe. Kein jüngerer Bruder theilte mit ihm seine Ländereien; kein Zweig von Verwandten, die von ihm abhingen; dazu noch der Reichthum seiner Mutter, der eines Tages noch alldem hinzugefügt werden sollte was sein Vater ihm hinterlassen; abgeschlossen von der Außenwelt, von seinen ärmeren kämpfenden Mitgeschöpfen, schien er dahinzuwelken unter der Last seines Reichthums und an dem Ueberfluß von Glücksgütern zu kränkeln.

      Der Märzwind schüttelte also die Zweige der alten Eichen im Parke zu Lislewood, und Lady Lisle, nun Mrs. Walsingham, wurde zurückerwartet von dem Continent, wohin sie nach ihrer Trauung mit dem indischen Officier gereist war.

      An einem trüben Februarmorgen hatten sich abermals die Dorfkinder auf dem Kirchweg aufgestellt; aber diesmal gab es keine Blumen für das Brautpaar zu streuen, denn der Winter war ungewöhnlich streng gewesen, und weder ein Schneeglöckchen noch ein Krokus war zu finden in den weiten Gärten von Lislewood. Der kalte Wind fing sich in den Falten des seidenen Brautkleides und wühlte in dem dunkeln Haar des Bräutigams, der das Haupt unbedeckt trug. Dem Pfarrer klapperten die Zähne, als er die Traurede hielt; ein kalter Regen schlug gegen die Fenster und übertönte fast die monotone Stimme desselben. Die Hand der Braut zitterte so sehr von der feuchten Kälte in der Sakristei, daß sie kaum die Feder führen konnte, um ihren Namen in das Kirchenbuch einzutragen.

      Gäste waren zu dieser winterlichen Hochzeit nicht geladen. Lady Lisle’s gesetzlicher Rathgeber war ihr Brautführer, und aus der Nachbarschaft war Niemand bei der Feierlichkeit anwesend. Der Wagen der Lady hielt an der Kirchhofthüre, um das neuvermälte Paar zu der einige Meilen entfernten Eisenbahnstation zu bringen, die nach Dover führt, von wo aus sie ihren Weg weiter verfolgen wollten. Claribel Lisle schien sich ihrer Verbindung mit dem einst verschmähten Liebhaber zu schämen. Sie war froh die Crremonie hinter sich zu wissen und den Ort zu verlassen, wo man sie so genau kannte. Sie kniete nieder auf den kalten Steinplatten der Sakristei, und den kleinen Baronet in ihre Arme