Homer

Odyssee


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Wie sausen die wütenden Stürme

      Aller Enden daher! Nun ist mein Verderben entschieden!

      Dreimal selige Griechen und viermal, die ihr in Trojas

      Weitem Gefilde sankt, der Atreiden Ehre verfechtend!

      Wär ich doch auch gestorben und hätte die traurige Laufbahn

      An dem Tage vollendet, als mich, im Getümmel der Troer,

      Eherne Lanzen umflogen, um unsern erschlagnen Achilleus!

      Dann wär ich rühmlich bestattet, dann sängen mein Lob die Achaier!

      Aber nun ist mein Los, des schmählichen Todes zu sterben!

      Also sprach er; da schlug die entsetzliche Woge von oben

      Hochherdrohend herab, daß im Wirbel der Floß sich herumriß:

      Weithin warf ihn der Schwung des erschütterten Floßes und raubte

      Ihm aus den Händen das Steu'r, und mit einmal stürzte der Mastbaum

      Krachend hinab vor der Wut der fürchterlich sausenden Windsbraut.

      Weithin flog in die Wogen die Stang und das flatternde Segel.

      Lange blieb er untergetaucht und strebte vergebens,

      Unter der ungestüm rollenden Flut sich empor zu schwingen;

      Denn ihn beschwerten die Kleider, die ihm Kalypso geschenket.

      Endlich strebt' er empor und spie aus dem Munde das bittre

      Wasser des Meers, das strömend von seinem Scheitel herabtroff.

      Dennoch vergaß er des Floßes auch selbst in der schrecklichen Angst nicht,

      Sondern schwang sich ihm nach durch reißende Fluten, ergriff ihn,

      Setzte sich wieder hinein und entfloh dem Todesverhängnis.

      Hiehin und dorthin trieben den Floß die Ströme des Meeres.

      Also treibt im Herbste der Nord die verdorreten Disteln

      Durch die Gefilde dahin (sie entfliehn ineinander geklettet):

      Also trieben durchs Meer ihn die Winde bald hiehin, bald dorthin.

      Jetzo stürmte der Süd ihn dem Nordsturm hin zum Verfolgen,

      Jetzo sandte der Ost ihn dem brausenden Weste zum Spiele.

      Aber Leukothea sah ihn, die schöne Tochter des Kadmos,

      Ino, einst ein Mädchen mit heller melodischer Stimme,

      Nun in den Fluten des Meers der göttlichen Ehre genießend.

      Und sie erbarmete sich des umhergeschleuderten Mannes,

      Kam wie ein Wasserhuhn empor aus der Tiefe geflogen,

      Setzte sich ihm auf den Floß und sprach mit menschlicher Stimme:

      Armer, beleidigtest du den Erderschüttrer Poseidon,

      Daß er so schrecklich zürnend dir Jammer auf Jammer bereitet?

      Doch verderben soll er dich nicht, wie sehr er auch eifre!

      Tu nur, was ich dir sage; du scheinst mir nicht unverständig.

      Ziehe die Kleider aus und lasse den Floß in dem Sturme

      Treiben; spring in die Flut und schwimme mit strebenden Händen

      An der Phaiaken Land, allwo dir Rettung bestimmt ist.

      Da, umhülle die Brust mit diesem heiligen Schleier,

      Und verachte getrost die drohenden Schrecken des Todes.

      Aber sobald du das Ufer mit deinen Händen berührest,

      Löse den Schleier ab und wirf ihn ferne vom Ufer

      In das finstere Meer, mit abgewendetem Antlitz.

      Also sprach die Göttin und gab ihm den heiligen Schleier;

      Fuhr dann wieder hinab in die hochaufwallende Woge,

      Ähnlich dem Wasserhuhn, und die schwarze Woge verschlang sie.

      Und nun sann er umher, der herrliche Dulder Odysseus;

      Tiefaufseufzend sprach er zu seiner erhabenen Seele:

      Weh mir! ich fürchte, mich will der Unsterblichen einer von neuem

      Hintergehn, der mir vom Floße zu steigen gebietet!

      Aber noch will ich ihm nicht gehorchen, denn eben erblickt ich

      Ferne von hinnen das Land, wo jene mir Rettung gelobte.

      Also will ich es machen, denn dieses scheint mir das Beste.

      Weil die Balken noch fest in ihren Banden sich halten,

      Bleib ich hier und erwarte mit duldender Seele mein Schicksal.

      Aber wann mir den Floß die Gewalt des Meeres zertrümmert,

      Dann will ich schwimmen; ich weiß mir ja doch nicht besser zu raten!

      Als er solche Gedanken im zweifelnden Herzen bewegte,

      Siehe, da sandte Poseidon, der Erdumstürmer, ein hohes,

      Steiles schreckliches Wassergebirg, und es stürzt' auf ihn nieder.

      Und wie der stürmende Wind in die trockene Spreu auf der Tenne

      Ungestüm fährt und im Wirbel sie hiehin und dorthin zerstreuet,

      Also zerstreute die Flut ihm die Balken. Aber Odysseus

      Schwang sich auf einen und saß wie auf dem Rosse der Reiter,

      Warf die Kleider hinweg, die ihm Kalypso geschenket,

      Und umhüllte die Brust mit Inos heiligem Schleier.

      Vorwärts sprang er hinab in das Meer, die Hände verbreitet,

      Und schwamm eilend dahin. Da sah ihn der starke Poseidon,

      Schüttelte zürnend sein Haupt und sprach in der Tiefe des Herzens:

      So durchirre mir jetzo, mit Jammer behäuft, die Gewässer,

      Bis du die Menschen erreichst, die Zeus vor allen beseligt!

      Aber ich hoffe, du sollst mir dein Leiden nimmer vergessen!

      Also sprach er und trieb die Rosse mit fliegender Mähne,

      Bis er gen Aigai kam, zu seiner glänzenden Wohnung.

      Aber ein Neues ersann Athene, die Tochter Kronions.

      Eilend fesselte sie den Lauf der übrigen Winde,

      Daß sie alle verstummten und hin zur Ruhe sich legten;

      Und ließ stürmen den Nord und brach vor ihm die Gewässer,

      Bis er zu den Phaiaken, den ruderliebenden Männern,

      Käme, der edle Odysseus, entflohn dem Todesverhängnis.

      Schon zween Tage trieb er und zwo entsetzliche Nächte

      In dem Getümmel der Wogen und ahndete stets sein Verderben.

      Als nun die Morgenröte des dritten Tages emporstieg,

      Siehe, da ruhte der Wind; von heiterer Bläue des Himmels

      Glänzte die stille See. Und nahe sah er das Ufer,

      Als er mit forschendem Blick von der steigenden Welle dahinsah.

      So erfreulich den Kindern des lieben Vaters Genesung

      Kommt, der lange schon an brennenden Schmerzen der Krankheit

      Niederlag und verging, vom feindlichen Dämon gemartert;

      Aber ihn heilen nun zu ihrer Freude die Götter:

      So