Paul Stefan Wolff

Bruderschaft


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Vielleicht hat er alte Schulden? Wenn jemand ihm Geld schuldet, wird er ihn nicht ansprechen wollen. Aber wenn ER jemandem Geld schuldet?

      SARAH: Ich habe dem Tempel mehr als den Zehnten gegeben. Ich hoffe auf den Herrn. Mein Mann hat nämlich eine kleine Schatztruhe. Von der hoffe ich, zu leben, falls mein Sohn mich auf die Straße setzt. Seit wann folgst du mir?

      SAMUEL: Ich musste dich sehen. Ich wollte dich abholen, ich hätte mich schon versteckt gehalten.

      SARAH: Wir dürfen nicht gesehen werden.

      SAMUEL: Mit dem Bart und den kurzen Haaren hält dich keiner für eine Frau. Warum soll ich nicht mit Daniel einen Plausch halten?

      SARAH: Elohim macht nichts ohne Grund. Meine männliche Stimme ist mir auf meine alten Tage noch zu einer Hilfe geworden. Und diese Blutmaske, seine Krankheit hat ihn stark verändert.

      SAMUEL: Es fällt niemandem auf, dass dein Mann seit Monaten nicht mehr arbeitet. Aber was ist mit deinem kleinen Dämon?

      SARAH: Danke auch für deinen Hinweis mit dem Klebstoff für den Bart und die Maske. Aber ich werde die Kräuter von dieser Heilerin nicht nehmen! Sie verändern mich auf eine Art, die ich nicht mag.

      SAMUEL: Ich kannte mal einen Barbier. Und ich habe die Ausbildung verloren, weil ich den gleichen Dämon hatte. Mir haben diese Kräuter sehr geholfen.

      SARAH: Du kanntest anscheinend viele. Auch viele Frauen?

      SAMUEL: Sei nicht so abweisend! Verstehe doch, ich will dir nichts wegnehmen. Nicht deine Freunde, nicht deine Kinder, nicht deine Freizeit. Ich will mich nur an dich anlehnen, mich gewissermaßen ankleben. Und dich dabei stützen. Ich verstehe dich, und ich verstehe deinen Dämon. Aber ich verstehe deine Widerspenstigkeit nicht.

      SARAH: Gib mir einen Kuss. Ich will jetzt einen Kuss!

      SAMUEL: Du lenkst nicht vom Thema jetzt ab!

      SARAH: Na gut. Dann eben nicht. Was anderes: was hältst du eigentlich von diesem Nazoräer? Ich habe ihn gehört. Außer dass er sich mit allen Leuten von oben anlegt, tut er nichts Böses. UND er heilt viele Menschen. Wenn er mich so heilen könnte, dass ich die Kräuter nicht nehmen muss… Aber das wird so nicht sein.

      SAMUEL: Du hörst dich bald an wie das Volk. Bald ist das Pessah-Fest. Und wenn dieser Zustand anhält, verlieren wir die beste Zeit des Jahres für Einnahmen. Ich brauch nur noch dieses eine Fest, dann habe ich genug, um mir meinen ersehnten Acker zu kaufen. Ich lasse mir das nicht kaputt machen!

      SARAH: Und wenn das nicht reicht, dann ist da noch die kleine Truhe. Sobald mein Mann tot ist, sind wir über alle Berge. Ich übertrage den restlichen Besitz an einen Verwalter. Diese Zeit ist wertvoll, ich werde mich bald von meinem Sohn trennen müssen. Ich brauche diese Zeit für mich. Danach bin ich ganz für dich da! Wir haben unser ganzes restliches Leben Zeit!

      SAMUEL: Wir werden nur noch arbeiten und essen und Liebe machen. Ich kann es nicht abwarten, bis ich deinen ganzen Körper küsse. Sogar deine zarten Arme. Deinen wunderbaren Bauch. Deinen schönen Rücken. Ich werde sogar deine Beine küssen. Ich küsse dich jeden Tag erst einmal ausgiebig am ganzen Körper, ehe wir uns vereinigen. Ich werde dich täglich verwöhnen!

      SARAH (lächelnd): Ja, das würde mir schon gefallen. Zu wenig Frauen auf dieser Welt werden so verwöhnt, wie es ein Frauenkörper verdient hat. Wir Frauen haben nur wenig Zeit, in der wir schön sind. Und dann sind wir von der harten Arbeit so geschunden, dass wir alt und faltig werden.

      SAMUEL: Und selbst dann werde ich deine Falten noch einzeln streicheln.

      SARAH: Schmeichler!

      SAMUEL: Nein. Verliebter. Nenne mich: Verliebter.

      (sie küssen sich kurz)

      SARAH: Da kommt jemand.

      SAMUEL: Das war eine Ratte. Und das war auch dein kleiner Dämon. Du überreagierst. Nimm die Kräuter, bitte.

      SARAH: Hör zu. Mein Mann muss noch ein halbes Jahr durchhalten, dann ist mein Ältester alt genug. Ob ich das Geld für den Verwalter oder für nutzlose Medizin ausgebe, bleibt sich gleich.

      SAMUEL: Du kannst ja deinen todkranken Mann zu diesem Nazoräer bringen, er heilt alle.

      SARAH: Der hat uns vertrieben! Das würde mir Noah nie verzeihen. Ich muss ihm weiterhin die nutzlose Medizin kaufen. Sonst wird der Arzt das allen Leuten erzählen und ich kann nach dem Tod nicht mehr auf Hilfe hoffen. Ich habe doch meine Kinder. Ich weiß ja nicht, ob der Älteste sie nicht rauswirft?

      SAMUEL: Ich werde deine Kinder adoptieren. Alle drei. Und dann machen wir noch 3.

      SARAH: Ich weiß. Ich freue mich schon darauf. (küsst ihn noch einmal) Aber jetzt heißt es, Ruhe bewahren.

      SAMUEL: Richtig. Weil Glück ist Härte zeigen gegenüber dem Wind. Wenn dir der Wind entgegen weht, zeige Härte.

      Sie gehen aus dem Schutz heraus. Gehen weiter.

      SAMUEL: Noah wird schon dafür sorgen, dass wir bald eine Zukunft haben.

      SARAH: Ich weiß nicht, ob ich die Hilfe von jemanden will, der seine Sklaven schlecht behandelt.

      SAMUEL: Ich als ehemaliger Lohnsklave kann da nur zustimmen. Aber wir hören uns das Ganze erst einmal an.

      SARAH: Bleib zurück. Nicht, dass die anderen Verdacht schöpfen.

      Sarah geht weiter, von der Bühne. Samuel bleibt stehen.

      Auf einmal kommt Simon.

      SIMON: Samuel, lange nicht gesehen.

      SAMUEL: Simon, Sohn des Noah.

      SIMON: Ich hoffe, du willst meinen Vater nicht schon wieder zum Glücksspiel verführen, jetzt wo du ihn wieder siehst.

      SAMUEL: Ich habe damit aufgehört.

      SIMON: Ich kenne diese Sucht. Man hört nicht einfach so damit auf.

      SAMUEL: Ich habe die Liebe zu einer Frau entdeckt. Sie hat mich davon weggebracht. Habe schon ein halbes Jahr nicht mehr gespielt.

      SIMON: Wer ist denn die Holde? Wann soll die Hochzeit sein?

      SAMUEL: Das ist noch nicht ganz in trockenen Tüchern. Deswegen kann ich da noch nichts sagen.

      SIMON: Lass die Finger von meinem Vater! Gehen wir rein…

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