Klaus Mann

Der Wendepunkt


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die berühmte grüne Atlasbluse, einst das Zeichen von Affas Triumph, nun so traurig glanzlos und abgetragen. Die Gestalt, deren solide Üppigkeit das Entzücken bayerischer Regimenter gewesen war, schien jetzt eine schlaffe, formlose gedunsene Masse, durchnäßt, vollgesogen, aufgeweicht von vielen Regengüssen, vielen Tränen, vielen Trinkgelagen.

      Sie verweilte vor unserer Haustüre, als ob sie noch bei uns lebte und eben von einem harmlos-vergnügten Ausgang zurückkehrte. Wonach suchte sie in ihrem schwarzen Beutel? Nach einem Schlüssel? Aber sie hatte keinen! Trotzdem kramte sie noch eine Weile, bis ihr schließlich das Unsinnige ihres Treibens zum Bewußtsein kam. Da wurde sie zornig. Wir sahen, wie sie eine schwingende Bewegung mit dem Oberkörper vollführte, eine Gebärde des Wahnsinns, nicht ohne absurde Schönheit. Dabei spuckte sie aus, gerade auf unsere Schwelle.

      Was nun geschah, war noch beängstigender. Irritiert durch die Unauffindbarkeit des Schlüssels und die Flüchtigkeit ihrer irdischen Erfolge, erhob sie beide Fäuste und murmelte eine Verwünschung. Wir konnten die Worte nicht verstehen, aber sie müssen grauenvoll gewesen sein: der zischende Laut ihrer Stimme genügte, uns erstarren zu lassen. Noch furchtbarer war ihr Gesicht, nun enthüllt, da der Schal herabgeglitten war. Leicht zurückgelehnt bot es sich in obszöner Nacktheit dem fahlen Licht der Straßenlaterne dar, eine entmenschte Grimasse, schwärzlich und gedunsen unter der wüsten Krone des zerzausten Haares. Haß und Elend hatten ihr Gesicht befleckt, entstellt, zerfressen wie eine Pest. Der Mund klaffte, zu stummer Klage geöffnet, während die Augen, glasig vor Trunkenheit, blicklos zum Himmel starrten.

      So stand sie minutenlang – eine Ewigkeit, wie uns scheinen wollte –, versteinert in der Geste des Fluches: bis sie endlich die Arme sinken ließ, plötzlich müde, ernüchtert. Ihr Körper, ihre Züge, sogar ihr Gewand schienen zusammenzusacken, während sie sich langsam abwandte und das Haupt wieder im abgetragenen Schal verhüllte. Es war ein kühler Abend; Affa fror. Die Schultern zusammengezogen, fröstelnd in ihr leichtes Tuch gewickelt, ging sie davon, ohne sich noch einmal umzuschauen. Wir blickten ihr nach, in [beklommenem] Schweigen. Endlich rief einer von uns: »Affa!« Es war Monika, die Kleinste. Aber keine Antwort kam auf ihren schwachen Ruf. Affa war im Dunkel verschwunden.

Drittes Kapitel. Erziehung

      Inhaltsverzeichnis

       Prolog

       Erstes Kapitel. Mythen der Kindheit

       1906-1914

       Zweites Kapitel. Krieg

       1914–1919

       Drittes Kapitel. Erziehung

       1920-1923

       Viertes Kapitel. Unordnung und frühes Leid

       1923-1924

       Fünftes Kapitel. Der fromme Tanz

       1924–1927

       Sechstes Kapitel. Rundherum

       1927–1928

       Siebentes Kapitel. Auf der Suche nach einem Weg

       1928–1930

       Achtes Kapitel. Die Schrift an der Wand

       1930–1932

       Neuntes Kapitel. Exil

       1933–1936

       Zehntes Kapitel. Der Vulkan

       1936–1939

       Elftes Kapitel. Entscheidung

       1940-1942

       Zwölftes Kapitel. Der Wendepunkt

       1943-1945

       Nachbemerkung

       Impressum

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