Sarah Glicker

Dark Dynasty


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ich mich schnell wieder auf das Display meines Handys und hoffe, dass er nicht weiter darauf eingehen wird.

      Allerdings spüre ich seinen aufmerksamen und gleichzeitig auch nachdenklichen Blick auf mir. Doch ich bin froh darüber, dass er nichts dazu sagt. Doch ich weiß, dass das nichts zu bedeuten hat.

      Es dauert nur wenige Minuten, bis unser Flug aufgerufen wird und wir uns an Bord begeben können.

      Während des Fluges versuche ich mich auf so ziemlich alles einzustellen, was mich dort erwarten könnte. Die Wahrheit sieht aber so aus, dass ich es nicht kann.

      Als wir sechs Stunden später das Flughafengebäude in Asheville verlassen, ist jeder Muskel in meinem Körper angespannt. Ein wenig abseits bleibe ich stehen und lasse meine Schultern kreisen, während Dante Ausschau nach dem Mietwagen hält, dessen Schlüssel er vorhin abgeholt hat. Schließlich ruft er mich und deutet mit einem Kopfnicken in eine Richtung, in der sich ein Cabrio befindet.

      Gemeinsam gehen wir zu dem BMW und steuern dann auf die Innenstadt zu, nachdem wir unser Gepäck im Kofferraum verstaut haben.

      „Ich habe für die nächsten Tage ein Hotel in der Innenstadt gebucht. Von dort ist es nicht weit zu den unterschiedlichen Restaurants, sodass wir auch zu Fuß gehen können. Zu meinem ehemaligen Elternhaus müssen wir aber fahren. Es ist etwas außerhalb, sodass wir wahrscheinlich eine Ewigkeit unterwegs wären.“

      „Bist du dir sicher, dass das Haus überhaupt noch steht?“, ziehe ich ihn ein wenig auf.

      „Klar bin ich mir sicher.“

      Er scheint ein wenig beleidigt zu sein, grinst mich in der nächsten Sekunde jedoch frech an, sodass ich lachen muss.

      Das Hotel befindet sich an der Hauptstraße, sodass ich die Befürchtung habe, dass es von innen auch laut ist. Doch kaum habe ich die Eingangshalle betreten, stelle ich fest, dass genau das nicht der Fall ist. Es ist so ruhig, dass man davon ausgehen könnte, dass man sich mitten in einem Wald befindet.

      Nicht einmal das Hupen der Autos dringt hinein.

      Es ist alles schlicht und dennoch modern eingerichtet. An den Wänden hängen Bilder, die wahrscheinlich die Stadt zeigen und ein paar große Pflanzen stehen überall herum.

      Dante steuert auf den Empfang zu, wo er sich mit dem Mann unterhält, der sich dort befindet. Ich hingegen bleibe im Hintergrund und warte ein paar Schritte von ihm entfernt. Es dauert nicht lange, bis er wieder bei mir ist und wir uns auf den Weg in die richtige Etage machen.

      Wie sich herausstellt, ist auch das Zimmer in dem gleichen Design gehalten, wie alles in dem Hotel, was ich bisher gesehen habe. Nur das es kleiner ist.

      Mitten im Raum befindet sich das Bett, welches mit hübschen Kissen und Decken versehen ist. Es gibt sogar ein kleines, aber gemütlich aussehendes Sofa, welches auf der anderen Seite der Eingangstür vor einem Fernseher steht.

      „Ich hoffe, es gefällt dir“, verkündet Dante nachdenklich.

      Als ich mich langsam in seine Richtung drehe, erkenne ich, dass er unsicher ist.

      „Es ist wunderschön. Und vor allem danke ich dir, dass du mich hergebracht hast.“

      „Das habe ich gerne gemacht.“

      Langsam setzt er sich in Bewegung und bleibt schließlich so dicht vor mir stehen, dass ich meinen Kopf ein wenig in den Nacken legen muss, um ihn ansehen zu können. Seine Hände legen sich auf meine Hüften und ziehen mich an seinen starken Körper. Dann küsst er mich leidenschaftlich.

      Ich schlinge meine Arme um seinen Oberkörper und schließe die Augen.

      Ich hoffe, dass ich hier wirklich den Abstand bekommen werde, den ich brauche, um eine Lösung für meine Probleme zu finden. Denn ich kann mich wahrscheinlich nicht mehr ewig damit auseinandersetzen, meine Kräfte zu finden.

      Wenn mein Gefühl mich nicht täuscht, und das ist nur selten der Fall, wird früher oder später wieder irgendetwas geschehen. Irgendetwas, was dieses Mal vielleicht nicht so gut ausgehen wird. Und das liegt nicht nur daran, dass meine Oma es uns mehr oder weniger überdeutlich gesagt hat.

      3

      Mit großen Augen und einem weit geöffnetem Mund stehe ich neben Dante und betrachte das Haus, welches sich auf der anderen Straßenseite direkt vor uns befindet. Im ersten Moment habe ich keine Ahnung, was ich sagen soll. Und das hat sich auch nach ein paar Sekunden nicht geändert.

      Als wir uns vorhin auf den Weg gemacht haben, habe ich mit einem alten heruntergekommenen Haus gerechnet, welches nur noch aus ein paar Wänden besteht. Vor meinem inneren Auge konnte ich Graffiti erkennen und Türen, die nur noch halb in den Angeln hängen.

      Nun bin ich allerdings positiv überrascht. Denn ich habe nicht gedacht, dass es aussieht, als wäre es gerade erst fertiggestellt worden. Die Farben, in denen die Fassade gestrichen wurden, leuchten und die Fenster sind geputzt. Das Dach macht auf mich den Eindruck, als hätte man es erst vor wenigen Tagen gedeckt und auf beiden Veranden, die sich im Erdgeschoss und in der ersten Etagen direkt darüber befinden, stehen bunte Blumen.

      „Das sieht aus, als würde da noch jemand drin wohnen“, stelle ich schließlich fest, als ich endlich wieder in der Lage bin, etwas von mir zu geben.

      Nachdenklich sehe ich es an, bevor ich meinen Blick auf den Mann neben mir richte.

      „Vor ungefähr fünfzig Jahren wurde das Haus gebaut“, erklärt Dante und zeigt dabei auf ein Gebäude, welches sich ein paar Meter entfernt befindet. „Es hat sich nicht gelohnt es nach den heutigen Vorschriften zu sanieren, daher hat man sich für diesen Weg entschieden. Das Grundstück ist definitiv groß genug, es geht bis zum Waldrand.“

      Während er spricht, macht er eine ausholende Handbewegung, die alles mit einbezieht, was sich um uns herum befindet.

      Zuerst weiß ich überhaupt nicht, was ich dazu sagen soll.

      „Wow“, entfährt es mir schließlich, als ich meine Sprache wieder gefunden habe.

      „Früher waren wir Bauern, sehr wohlhabende Bauern. Mein Vater war der Dritte in seiner Familie, der das Land bewirtschaftet hat. Doch irgendwann wurde ein großer Teil des Anwesens von unseren Nachfahren verkauft. Sie hatten einfach kein Interesse mehr daran, dazu kommt, dass sich die Arbeit nicht mehr gelohnt hat. Das kann ich aber nachvollziehen. Schließlich wollte ich den Hof auch nie übernehmen. Sonst hätte ich es getan.“

      Einen Moment sieht er nachdenklich aus. Im ersten Moment kommt es mir so vor, als würde er diese Entscheidung nun bereuen. Doch das kann ich mir nicht vorstellen. Er hat sich nicht so angehört, als wäre dies der Fall. Daher habe ich das Gefühl, als wäre da noch etwas. Etwas, was er mir verheimlicht und was mit dieser Geschichte zusammenhängt. Doch bevor ich ihn danach fragen kann, spricht er bereits weiter.

      „Das Haus wurde jedoch zum Denkmalschutz erklärt. Daher hatte sich ein Verein gemeldet, die sich darum kümmern wollten. Mit solchen Häusern ist viel Arbeit und noch höhere Kosten verbunden. Doch unsere Nachfahren haben entschieden, dass sie das machen werden. Schließlich gehört das Haus ihrer Familie. Sie wollten es nicht in die Hände fremder Leute geben. Ehrlich gesagt weiß ich nicht einmal, wie das Haus so lange überlebt hat, bis es zum Denkmal erklärt wurde.“ Sein Blick ist nachdenklich.

      In diesem Moment kommt es mir vor, als wäre es das erste Mal, dass er darüber nachdenkt. Mir schießt die frage durch den Kopf, in welchem Zustand das Haus damals war, doch ich behalte sie für mich.

      Wieder sehe ich zu dem Haus, bevor ich mich auf ihn konzentriere.

      „Wissen Sie, dass zwei ihrer Vorfahren noch leben, falls man es so sagen kann?“

      In diesem Moment ist das die einzige Frage, die mir durch den Kopf geht.

      „Ich habe keine Ahnung, wie wir ihnen das erklären sollten. Ich wusste ja nicht einmal, wie ich es dir sagen soll, dass ich eigentlich tot bin. Daher haben wir einfach für uns beschlossen,