Sitzbänken und Mülleimern nahm? Der Blumenstrauß raschelte und knisterte. Vorwurfsvoll, wie ich fand.
Der Tisch in der Ecke erwartete uns schon. Wie geordert, in der Nähe der Toilette und ohne Kerzen. Ein Platz, den ich selbst dann nicht wählen würde, wenn das Restaurant bis auf den Notsitz gefüllt wäre. Heiko erging es genauso. Ein Blick, erst zum Tisch, dann zu mir. Eine leicht gekrauste Stirn und missfallendes Zucken der Augenbraue. Ebenso rasch war sein Handeln. Er führte mich zu einem Platz am Fenster.
Emilio, der Wirt kam mit einer wassergefüllten Vase an und rückte mir den Stuhl zurecht. Anschließend stellte er den Strauß in die Vase oder zumindest wollte er dies. Aber als er die geknickten Gerberas, die gedrückten Rosenköpfe und das müde Grünzeug sah, stockte er einen Augenblick in der Bewegung. Dann, ganz Meister seiner Körperbeherrschung, stellte er die Blumen hinein, versuchte – vergeblich, sie zu richten und ging, um unsere Getränke zu holen.
Oh geliebter und gehasster Heiko, sein Gesicht nahm abwechselnd die unterschiedlichsten Farben an. Die Blicke, die er mir dabei zu warf, waren so böse, so abgrundtief zornig, dass ich Mühe hatte, still sitzen zu bleiben. Am liebsten hätte ich in diesem Augenblick mit meinem Spiegelbild getauscht, aber das ging nicht. Augen zu und durch.
»Die Blumen, die du ausgesucht hast – einfach zauberhaft!« Ich zuckte vor mir selbst zurück. „Nur schade, dass sie nicht mehr ganz frisch sind.“
Das wütende Aufbrausen Heikos wurde von Emilios Erscheinen unterbrochen. Emilio legte uns die Karten vor, schenkte den Wein ein und sagte: »Heute empfehle ich Ihnen die Antipasti, anschließend den gegrillten Tintenfisch mit Rosmarinkartoffeln und Salat der Saison.«
»Wunderbar Emilio, das hört sich hervorragend an. Ich liebe Tintenfisch – nicht wahr Heikolein? Wir nehmen es. Heute müssen wir etwas feiern!«
»Aber, halt Stopp. Ich möchte ...« bevor er zu Ende sprechen konnte, knallte ich ihm mit Wucht meinen spitzen Absatz gegen das Schienbein.
Er jaulte auf und verschwand halb unter dem Tisch, um die schmerzende Stelle zu reiben.
Als ob er unsere Auseinandersetzung nicht bemerkt hätte, rauschte Emilio davon.
Hatte er es gut, ich musste nun dem zornentbrannten Gesicht gegenübersitzen. Innerlich zitterte ich vor Angst, aber der Gedanke an meine verliebte Schwester half mir, diese Situation durchzustehen.
Noch immer kümmerte sich Heiko um sein wundes Schienbein und die verletzte Ehre. »Schau dir das an, Blut ist das!« Demonstrativ hielt er mir die verschmierte Hand entgegen. »Und was willst du feiern?«
Für einen Augenblick blieb ich ihm die Antwort schuldig. »Ich bin schwanger!«
Mehr als überrascht blickte Heiko auf, nahm das Glas und leerte es in einem Zug.
»Ja, du hast richtig gehört. Aber eben nicht von dir.« Leider dachte ich in Gedanken. Dabei war ich weder schwanger, geschweige denn, dass ich einen Freund hatte. »Tobias ist damit einverstanden, wenn du die Vaterschaft anerkennst. Ich dachte daran, dass wir in drei Monaten heiraten. Genug Zeit, um alles vorzubereiten ...«
Weiter kam ich nicht. Heiko war aufgesprungen, sah mich mit einem Gesichtsausdruck an, der zwischen Mitleid, Wut und Hass schwankte.
»Ich lehne dankend ab. Kläre das mit diesem Tobias.« Er griff nach dem Blumenstrauß. »Für eine solche Hexe wie dich sind sie selbst in diesem Zustand zu schade!«
Mit hoch erhobenem Kopf rauschte er hinaus. Nicht, ohne vorher bei Emilio die Rechnung zu begleichen. Ein Kavalier, wie er im Buche stand.
Das war es, mein Schwesterlein! Nun bist du wieder allein!
Zwei Tage später kaufte ich mir einen Spiegel. Einen wunderschönen Kristallspiegel mit Gravuren am Rahmen. Hauchzarte Elfen tanzten darauf ihren Reigen. Bei der Auswahl hatte ich darauf geachtet, dass keine von ihnen einer anderen glich.
Nun zierte dieses Schmuckstück den Eingangsbereich meines kleinen Reichs. Das war mir sogar die tiefrote Farbe auf meinem Konto wert.
Bereit, mich in das allabendliche studentische Nachtleben zu stürzen, musterte ich mich im Spiegel.
Das energische Klingeln an der Tür holte mich aus meinen Gedanken. Ich öffnete und stand meinem Spiegelbild gegenüber.
Aber war sie es? Ich sah ein zweites Mal hin. Ja, sie war es und im gleichen Atemzug auch nicht!
»Hallo Schwesterlein, dürfen wir eintreten?« Ohne eine Antwort abzuwarten, kamen sie und Heiko herein. Ich musterte meine Schwester verwirrt.
»Da staunst du. Ein Permanent-Make-up hat mich viel Geld gekostet. So kann uns keiner mehr verwechseln!«
Heiko musterte mich mit kalten, stechenden Augen. Diese Art der Behandlung war er nicht gewohnt, und sicher hatte er mir noch nicht verziehen.
»Wir haben uns einen anderen Studienort ausgesucht und ziehen in den nächsten Tagen um.«
Sie reichte mir ein sperriges, aber leichtes Paket. Neugierig nahm ich es entgegen, schüttelte es vorsichtig.
»Es wird dir gefallen«, sagte sie, als sie meine Neugierde bemerkte. »Hiermit ernenne ich dich zur Friedhofswärterin meiner Jugendsünden.«
Entschlossen drehte sie auf dem Absatz um und gab Heiko das Zeichen zum Rückzug. Noch bevor sich die Tür hinter ihnen schloss, hörte ich sie noch murmeln: »Freu dich. Von nun an bist du endgültig allein, Schwesterlein.«
ENDE
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