gutes Heilmittel dagegen? – Es gibt nur einen Doktor auf der Welt, der Ihnen das allein richtige nennen wird – den Wein. Wenn dieser Rotwein überhaupt etwas wert ist, so ist eine volle Flasche eine Guinee wert. Ich frage Sie im Vertrauen: Haben Sie jemals von einem solchen Esel gehört, wie der Lord meiner Frau ist? Sein Name ist mir vorher entschlüpft. Na, das schadet nichts. Er hält sich in Irland auf, um zu jagen. Zu jagen – was denn? – Füchse? O nein, nichts so Nobles; er ist auf der Jagd nach Mördern. Er hat sich mit einem von ihnen überworfen. Er will einen von ihnen umbringen. Ein Wort ganz leise in Ihr Ohr: sie werden ihn totschlagen. Wetten Sie vielleicht? – Fünf gegen eins, er ist ein toter Mann noch vor dem Ende dieser Woche. Wann ist denn das Ende der Woche? – Dienstag, Mittwoch – nein, Sonnabend – nein, das ist der Anfang der Woche – nein, das ist nicht der Anfang – die Woche fängt nicht am Sonnabend an – am Sonntag natürlich – wir sind keine Christen, wir sind Juden – nein, wir sind Juden, keine Christen, das heißt –«
Hier wurde der Wein endlich vollständig Herr über seine Zunge. Der Doktor murmelte und lallte nur noch einige unverständliche Worte vor sich hin, dann sank er in seinen Stuhl zurück und fiel endlich, nachdem er noch einigemale aufgestöhnt hatte, in einen süßen Schlummer.
Alles und mehr als alles, was Mountjoy gefürchtet, hatte sich jetzt als wahr erwiesen. In nüchternem Zustand war der Doktor jedenfalls einer von den Menschen, die stets zum Lügen bereit sind. Aber in berauschtem Zustand plauderte er unbewußt die Wahrheit aus. Der Grund, welchen er für Lord Harrys fortgesetzte Abwesenheit in Irland angegeben hatte, konnte nicht so ohne weiteres zurückgewiesen werden. Es lag in der sorglosen Natur des wilden Lords, sein Leben der Gefahr preiszugeben in der Hoffnung, er werde im stande sein, Arthur Mountjoy an den Schurken zu rächen, die ihn ermordet hatten.
Da Hugh diese schlimmen Nachrichten für wahr hielt, lag wohl in diesem Fall ein zwingender Grund vor, Iris zu betrüben, indem er ihr die Gründe mitteilte, welche Lord Harry in seinem Vaterland zurückhielten? – Gewiß nicht!
Und andererseits: brachte es irgend welchen unmittelbaren Vorteil, wenn er ihr den wahren Charakter der Mrs. Vimpany als einer bezahlten Spionin enthüllte? In ihrem gegenwärtigen Gemütszustand würde Iris aller Wahrscheinlichkeit nach sich geweigert haben, das zu glauben.
Als er zu diesem Entschluß gekommen war, sah Hugh noch einmal nach dem Doktor, der in seinem Lehnstuhl lag und fürchterlich schnarchte und stöhnte. Er hatte seine Zeit und Geduld nicht unnütz verschwendet, sondern einem Plan gewidmet, der sich jetzt seinem erfolgreichen Ende nahte. Nach dem, was er soeben, dank dem Rotwein, gehört hatte, durfte er nicht länger Bedenken tragen, die schleunige Entfernung von Iris aus dem Hause des Mr. Vimpany ins Werk zu setzen, und dazu wollte er noch als Ueberredungsmittel das Telegramm ihres Vaters benützen, auf dessen Wirksamkeit er möglicherweise vertrauen konnte. Mountjoy verließ das Gasthaus ohne weiteren Aufenthalt und eilte zu Iris in der Hoffnung, er werde sie dazu vermögen, noch in dieser Nacht mit ihm nach London zurückzukehren.
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