Alexandre Dumas

Drei starke Geister


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»ich kann es nicht, ich will es nicht!«

      Es wäre unnöthig zu wiederholen, was er noch ferner sprach, und zu versuchen, in der Fluth von Worten, Gebeten und Gotteslästerungen, dir, er ausstieß, einen Sinn zu entdecken.

      So ging es; die ganze Nacht fort und merkwürdiger Weise hörte er nicht auf, in seinem Delirium den Namen Pascals auszusprechen und nach ihm zu verlangen. Bis zum Morgen wurde er frottirt, um den Blutumlauf wiederherzustellen, und der Arzt versäumte überhaupt kein Mittel, das in seiner Macht stand.

      Gegen Morgen wurde der Kranke etwas ruhiger und sobald er ein Wort sprechen konnte« folgte er der ersteren Idee seines Deliriums und sagte zu Maréchal:

      »Wollen Sie nicht Herrn Pascal bitten, daß er zu mir kommt?«

      »Ist es sehr wichtig, was Sie ihm zu sagen haben?«

      »Ja.«

      »Denn die geringste Anstrengung kann Ihnen nachtheilig werden.«

      »Besorgen Sie nichts, ich will nur einige Worte mit ihm sprechen.«

      Der Arzt schickte nach Pascal und dieser trat im nächsten Augenblicke ein.

      »Sie wünschen mich zu sprechen, Herr Valery?« sagte er zu dem Kranken.

      »Ja, ich habe Sie darum bitten lassen.«

      »Wenn, ich Ihnen in irgend etwas nützlich sein kann, so verfügen Sie über mich.«

      »Ich muß sterben, Herr Pascal!«

      »Sie stellen sich Ihr Uebel schlimmer vor als es ist, nicht wahr, Herr Doktor?«

      Valery schüttelte mit dem Kopfe.

      »Der Doctor versucht es, mir Hoffnung zu machen; aber ich habe auch schon Leute am gelben Fieber sterben sehen und kenne die Symptome des Todes; sehen Sie hier.«

      Mit diesen Worten entblößte der Kranke seine Arme und seine Brust, die mit blaßrothen Flecken überzogen waren.

      »Ja, ich habe Feuer in der Brust und Eis an den Füßen; o, ich muß sterben, ich fühle es, ich weiß es!«

      Er fing an zu weinen wie ein Kind, so daß Pascal und selbst der Arzt ihn bemitleideten und sich gegenseitig anblickten.

      »Ich muß um jeden Preis ruhiger werden. Man versichert, daß Gott einem Menschen, der so leidet wie ich, und der seine Sünden bekennt, zuweilen vergiebt, sowohl seiner Seele als seinem Körper, und daß die Absolution Wunderkuren vollbracht hat. Ich will dieses letzte Mittel versuchen, ich will beichten; vielleicht läßt mich Gott dann noch leben!«

      »Dies ist christlich gedacht,« erwiderte Pascal, »obgleich das Gefühl, dem Sie gehorchen, kein streng religiöses ist; aber Gott wird Sie vollends erleuchten, nur ist leider kein Geistlicher an Bord.«

      »Sind Sie nicht Priester?«

      »Ich bin noch nicht ordinirt.«

      »Aber Sie wollen es mit der-Zeit werden?«

      »Ja, Gott müßte mich denn abrufen, ehe ich meine Gelübde ablegen kann.«

      »Nun, so hören Sie meine Beichte im Voraus.«

      »Dies ist unmöglich.«

      »Unmöglich?« rief der« Kranke mit Entsetzen.

      »Ja.«

      »Sie wollen mich also unter Gotteslästerungen und Verwünschungen sterben lassen? Wohlan, es sei; ich fluche Gott und der Religion!«

      »Schweigen Sie, Unglücklicher! schweigen Sie!«

      »Ich sage Ihnen, ich muß beichten!« fuhr Valery mit stierem Blicke und schäumendem Munde fort. »Die Vergangenheit erstickt mich, Sie müssen sie kennen. Ich bin ein Verbrecher!. . . hören Sie mich!«

      »Er phantasirt, er wird wahnsinning sagte Pascal zu dem Arzte.

      »Nein, dieser Mann leidet eben so sehr an der Seele als am Körper,« erwiderte Maréchal; »als Christ und als Arzt fordere ich Sie auf, ihm den Dienst zu erzeigen, um den er Sie bittet.«

      Pascal war noch eine Zeit lang unschlüssig.

      «Der Kranke hielt fortwährend die Augen auf ihn gerichtet.

      »Ja,« sagte Pascal nach kurzer Ueberlegung zu sich selbst, »der Doktor hat Recht, dieser Mann leidet an seiner Seele, seine Vergangenheit birgt vielleicht ein Unglück, und wenn ich seine Beichte höre, wird es vielleicht in der Zukunft möglich, das geschehene Böse wieder gut zu machen. — Nun gut, Herr Valery,« fuhr er laut fort, »ich will Sie anhören; aber was Sie mir auch entdecken mögen, die Absolution kann und darf ich Ihnen nicht geben.«

      »Aber Sie können für mich beten und können mich trösten, nicht wahr? Weiter bedarf ich nichts. Lassen Sie uns allein, Herr Doctor, und Sie, mein Bruder, setzen Sie sich an mein Bett, denn wir müssen eilen. O, wer mir je gesagt hätte, daß ich das Bedürfnis fühlen würde, zu beichten! Ich leide fürchterliche Qualen!. . ., Gott rächt sich grausam an mir!. . . Hören Sie mich an, mein Bruder.«

      »Noch nicht,« versetzte Pascal.

      »Warum nicht?«

      »Weil Es möglich ist, daß Sie nicht sterben und weil Sie es dann vielleicht später bereuen könnten, Jemandem ein Geheimniß anvertraut zu haben, welches schwer auf Ihrem Gewissen zu lasten scheint. Ich werde daher Ihre Beichte nicht eher hören, als bis der Arzt jede Hoffnung aufgegeben hat, und so weit sind wir, Gott sei Dank! noch nicht. Beruhigen Sie sich, Sie haben ein wenig Delirium. Wenn ich Ihre Beichte anhöre, so will ich, daß sie der Himmel Ihrer Ueberlegung und Ihrer Reue, nicht Ihrer fieberhaften Aufregung verdankt. Haben Sie eine oder zwei Stunden, dann wollen wir sehen. In diesem Augenblicke würden Sie nicht im Stande sein, lange im Zusammenhange zu sprechen. Nehmen Sie etwas von diesem Tranke, der für Sie zubereitet ist. Sie werden bald darauf einschlafen und wenn Sie wieder erwachen, wird mir der Herr Doktor aufrichtig sagen, ob Sie noch hoffen dürfen oder nicht. Fassen Sie Muth und Geduld, Herr Valery.«

      Während dem hatte Maréchal einige Tropfen von einer rothen Arznei in ein Glas Wasser gegossen, das er dem Kranken reichte. Er leerte es begierig bis auf den letzten Tropfen.

      - Ein glühender Schweiß bedeckte seinen ganzen Körper, es war ihm, als wäre sein Kopf mit Blei angefüllt, er murmelte einige Worte und winkte dem Arzte und Pascal bei ihm zu bleiben; dann fielen ihm von selbst die Augen zu und nach einigen Minuten versank er in einen festen Schlaf.

      Maréchal und Pascal verließen das Zimmer.

      »Ist er wirklich in Lebensgefahr?« fragte Letzterer.

      »Er ist jetzt Mittag, um vier Uhr will ich Ihnen darauf antworten. Jetzt lassen Sie uns ein wenig frische Luft schöpfen. Das Delirium dieses Menschen macht einen unangenehmen Eindruck auf mich, ich weiß nicht, wie dies kommt, denn ich habe schon Manchen sterben sehen, ohne etwas Aehnliches empfunden zu haben.«

      Zwei Stunden später begab sich der Arzt in Begleitung Pascals wieder zu dem Kranken.

      Dieser schlief noch.

      Die Krankheit hatte seit vierundzwanzig Stunden furchtbare Fortschritte gemacht; sein Aussehen beim Eintritt des Doktors und des jungen Geistlichen war so verändert, daß man ihn leicht hatte für todt halten können.

      Die-Augen waren halb geöffnet Und gläsern, die Wangen bleich und eingefallen, und ohne das häufige Zucken seiner Hände wäre er von einer Leiche schwer zu unterscheiden gewesen.

      »Das größte Glück, was diesem Unglücklichen begegnen könnte, wäre, daß er nicht wieder erwachte,« bemerkte der Arzt, »denn er wird noch viel leiden müssen, ehe er stirbt.«

      »Er muß also jedenfalls sterben?«

      »Ja wohl,« antwortete Maréchal, indem er seinen Ausspruch noch durch ein Kopfnicken bekräftigte. »Die Beine sind schon eiskalt und abgestorben,« fuhr er fort, und hob die Bettdecke empor, um seinem Begleiter die abgemagerten Beine des Sterbenden zu zeiget.

      »Welche