Judith Weibrecht

Rad fahren in Franken


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die Tour mit einem goldgelb gefüllten Seidla, von weißer Schaumkrone geziert, vor einem grünen Baum auf weißem Grund. Das Bier-Logo weist den Weg.

      Liegt es auch weit oben, so sollte man doch Schloss Greifenstein der Schenken von Stauffenberg auf keinen Fall links liegen lassen, denn diese Burg ist eine besondere. Kastelan Rainer Benker führt durch die Gemächer des 1172 erstmals urkundlich erwähnten Schlosses, das Türmchen hat wie Neuschwanstein, wie er schmunzelnd erwähnt. Der Besitzer war mit König Ludwig gut bekannt. In der Waffenkammer finden sich teils 600 Jahre alte Schießprügel, mit denen man im wahrsten Sinne des Wortes sowohl schießen als auch prügeln konnte. Im ganzen Anwesen liegen heute noch wahre Schätze. „Das Schloss wurde nie ausgeraubt“, erzählt Benker, „deshalb kann man alles noch sehen.“ Außerdem stehe man direkt davor und nichts sei in Glasvitrinen gepackt. „Das bekommen sie sonst in keinem Museum!“ In der Bibliothek bestaunen wir so manchen Schatz, wie das älteste Kochbuch „Freiwillig aufgesprungener Granatapfel“ von um 1500 und mannigfaltige Stiche. In der Kapelle mit ihren Kunstschätzen darf geheiratet werden. Die so genannte Gehörntenallee ist ein langer Gang mit kapitalen Hirschgeweihen und weithin bekannt. Am bekanntesten aber ist wohl die Tatsache, dass der Onkel des heutigen Besitzers, Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg, am 20. Juli 1944 das Attentat auf Hitler verübte. Neben seiner Bronzebüste erfahren wir, dass Greifenstein bereits am Tag nach dem Staatsstreich von der Gestapo besetzt wurde.

      Weitere Anstiege führen gen Hetzelsdorf zur Kultbrauerei Penning Zeißler und Hundshaupten und später mit Blick aufs Walberla, den heiligen Berg der Franken, nach Forchheim. Auch dort gibt es viel über Hopfenkaltschalen zu erfahren. „Drüben im Brauereigasthof ‚Neder’ sitzen schon ab neun die ersten Bierdimpfel drin“, erzählt Gästeführerin Marlene Hahn. Natürlich ist das nicht die einzige Brauerei vor Ort, es gibt in der gleichen Straße „Greif“, einen jüngeren Braumeister mit vielerlei Auszeichnungen dekoriert, und die Brauerei „Eichhörnle“. Geradewegs hinauf führt der Radweg dann auf den Forchheimer Kellerwald. Dort gibt es für jeden Forchheimer einen Sitzplatz: 31.000 Einwohner, 30.000 Plätze. „Die Babys brauchen ja noch keinen eigenen Platz im größten Biergarten der Welt“, sagt Hahn. Durch die unteren wandern wir hinauf zu den oberen Kellern. Früher gab es insgesamt um die 40, jetzt sind es 24, die aber nicht mehr alle begehbar sind, da der Sandstein verfällt. „Der Berg ist mit seinen Gängen und Stollen nämlich durchlöchert wie ein Schweizer Käse“, erklärt die Kellerführerin, „darin hat es neun bis elf Grad, optimal fürs Bier!“ Schwer, sich zu entscheiden, auf welchen Keller man nun geht. Oft unterliegt das den innerhalb der Familie weiter gegebenen Glaubenssätzen. Es gibt den romantischsten, der Kaiserkeller, den ältesten von 1609 und den, der das beste Schäuferla macht. Unter hohen Laubbäumen auf hölzernen Bänken verschmausen wir mit der Forchheimer Bierkönigin, Stefanie I., eine Brotzeitplatte im Weiß-Tauben-Keller.

      Wer von Bier genug hat, trifft in Neuses auf einen andern Stoff, für den ebenfalls Malz gebraucht wird: Whisky. In der „Whisky-Destillerie Blaue Maus“ brennt Robert Fleischmann seit 1983. Etiketten wie „Elbe 1“ oder „Spinnaker“ vermutet man im Fränkischen nicht. Doch Fleischmann fuhr einst zur See und hat sich die Liebe dazu bewahrt. Sein Probierstübchen wirkt wie ein kleines Marinemuseum. Dort finden Verkostungen statt und auch Führungen können gebucht werden. Für Radfahrer praktisch: Die kleinen 0,04l-Fläschchen. Die belasten nicht beim Aufstieg auf den Kreuzberg, wo es, richtig geraten, weitere Keller gibt, ein Brauhaus und eine Kapelle. Das beste Schäuferla gibt es hier angeblich beim Lieberth’s Keller. Heute leider nicht, aber das macht nichts. Die Küche ist meist deftig und nichts für Vegetarier: Schlachtschüssel, Haxe vom Grill, Bratwürste. Deftig geht’s zu.

      Mit der Fähre geht es hinüber über die Regnitz nach Pettstadt und Richtung Frensdorf weiter in den Steigerwald. Auch hier finden sich Bierkeller, in Burgebrach und Ampferbach zum Beispiel. Doch alle können hier leider nicht erwähnt werden. Der Kreis schließt sich in Bamberg, im Zentrum der geballten Bierkultur.

      Spötter fragen, ob man bei so viel Gerstensaft überhaupt noch zum Radeln komme. Dem erwidern wir: Die Etappen kann man kurz genug legen. Zweitens: Die Fränkische Schweiz ist neuerdings Movelo-Region, so lassen sich die Hügel auch per Elektrofahrrad erkunden. Und last but not least: Es gibt z. B. auch alkoholfreies Weizen mit anerkannt wichtigen isotonischen Inhaltsstoffen für Radfahrer. „Wobei – ein alkoholfreies Bier ist wie a Schäuferla ohne Schwarte“, meint Biersommelier Ernst Rothenbach.

      Weitere Informationen: www.oberfranken.de/aktivregion-oberfranken.htm

      Bratwürste, Burgen und Biere – Der Altmühltalradweg

      Der Altmühltalradweg führt auf 248 Kilometern von Rothenburg bis Kelheim durch ein wundervolles Flusstal mit Bratwürsten, Burgen und Bieren, Kreidefelsen und Kelten.

      Alkmuna nannten die Kelten die Altmühl einst: Stiller heiliger Fluss. Heute meinen manche, sie sei langsam, andere sagen auch lahm oder träge, denn ihr Gefälle beträgt durchschnittlich nur 54 cm auf einen Kilometer.

      Der Beginn liegt im mittelalterlichen Rothenburg ob der Tauber. Touristen schieben sich durch die Fachwerkgassen und auf der Stadtmauer darum herum. In Käthe Wohlfahrts Weihnachtsdorf drängeln sich Japaner und U.S.-Amerikaner. „Schaun sich ner in Ruhe um!“, sagt die nette Dame im Dirndl, und die Augen gehen einem über vor Geflimmer und Farbenrausch. Schneeballen, eine Rothenburger Spezialität aus gebackenem Eierteig, sind dagegen eher bräunlich oder beige und mit weißem Puderzucker bestäubt. Daran kommt man nicht vorbei, genauso wenig wie am naturtrüben Rothenburger Bier in der „Ratsstube“ gleich am historischen Marktplatz. Gegenüber bimmelt die Uhr der ehemaligen Ratstrinkstube und zeigt den Meistertrunk von 1631 mit Figuren. Zum Bier werden ein Paar Bratwürste empfohlen. Alsdann: Bratwurst No. 1 ist geräuchert und kommt im romantischen Rothenburg mit Sauerteigbrot und frischem Kren daher. Romantisch? Nun, man besuche das Kriminalmuseum und lasse sich eines besseren belehren: Dort steht die Eiserne Jungfrau neben Furcht einflößenden Schandmasken und dergleichen mehr.

      In Colmberg lohnt der Aufstieg auf die schon von Ferne sichtbare Burg. Weite Blicke ins Land auf die auseinander gezogenen Wälder und Wiesen sind garantiert. Das mächtige Kastell wurde nie eingenommen, selbst von Feldmarshall Tilly nicht. Doch heute wird es von Radlergruppen überfallen, die im Biergarten Radler trinken. Die Abfahrt gen Ansbach macht umso mehr Spaß. Die Stadt der Markgrafen lockt mit deren Residenz nebst Orangerie und Hofgarten. In der barocken Saalkirche St. Gumbertus mit der größten Barockorgel Frankens befindet sich die Markgrafengruft. Doch auch moderne Kunst ziert das Städtchen, eigenartige Figuren wie die Ansbacchantin sind über die Stadt verteilt. Rätselhaft und geheimnisvoll ist auch Leben und Sterben des Kaspar Hauser. Sein Wohnhaus, sein Grab und ein Gedenkstein an der Ermordungsstelle können besichtigt werden. Auf der Reitbahn wird eine Bühne aufgebaut. Ich frage einen sympathischen Herrn, wer denn hier heute abend Musik mache. Wir seien nicht von hier und wüssten nicht. „Haindling“, sagt der, und ein Lächeln zuckt um seine Mundwinkel. Gefühlte 10 Sekunden später ist klar: Das war Jürgen Buchner, der Sänger von Haindling! Das Konzert auf Bayerisch in der lauen Sommernacht war grandios. Hunger meldet sich erst spät. „Grüß Gott!“, sagt die Wirtin, und es gibt Bratwurst No. 2: Ansbacher Bratwürste auf Rösti mit Zwiebelsoße und Salat, dazu ein Spalter Pils.

      Auf dem „Ansbacher Weg“ geht es nach Herrieden und zurück auf den Altmühlradweg. Eine Karte vom Naturpark Frankenhöhe am Wegesrand erläutert die Radwege. „Da seid ihr scho rrrichtig!“, lehnt sich einer über den Jägerzaun und grinst. Schon, aber wo ist der nächste Biergarten? „No, gleich do vorne am Rrrodweech.“ In Franken wird das R gerollt, und zwar kräftig. Im Biergarten gibt’s Bier, versteht sich von selbst, und Brrrotwerscht. Imbissmäßig sind Radfahrer hier gut aufgehoben. Es geht um die Wurst.

      In Ornbau führt der Weg über die Altmühlbrücke mit sechs Bögen und Nepomuk-Statue. Kurz danach beginnt der Altmühlsee im Fränkischen Seenland, den wir bis nach Gunzenhausen entlang