Torsten Stau

Zweimal zum Nordkapp und einmal rund um die Ostsee


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       Meine große Nordlandreise könnte unter dem Motto stehen: „Wenn einer eine Reise tut, dann kann er Wasser zählen“, denn wir haben nicht nur etwas mehr als einen Tag auf diversen kleinen und großen Fähren verbracht, sondern wurden auch an zwölf Tagen von oben mehr oder weniger heftig und andauernd gewässert. Das hat uns einen großen Teil der Fahrt und vor allem den Höhepunkt am Nordkap selbst verdorben und sich oft auch auf die Stimmung der Reisenden niedergeschlagen. Für meine erste große Reise hätte ich mir natürlich auch besseres Wetter gewünscht, so dass ich auch mehr Fotos hätte schießen können. Meine Speicherchips hätten eine Kapazität von etwa 1.700 Aufnahmen gehabt, doch habe ich kaum mehr als 300 Fotos mitgebracht. Dank meiner Allwetterjacke und meiner TuS-Koblenz-Regenjacke hatte ich das Wetter jedoch voll im Griff. Der einzige Vorteil des schlechten Wetters war, dass sich mein Mückenspray als Fehlinvestition entpuppt hat, denn es waren weit und breit keine bösen Mykkän zu sehen. Auch sonst habe ich von meiner Reiseapotheke nichts benötigt - und was ich dann doch brauchte, hatte ich natürlich nicht dabei. Doch darauf komme ich erst zu sprechen, wenn wir auf den Lofoten angekommen sind…

      Im Rückblick habe ich mich entschieden, die Reise doch als lohnendes Abenteuer zu werten, denn sie war von Anfang bis Ende gut organisiert, die Hotels und das Essen waren überwiegend sehr gut, die Atmosphäre war angenehm und letztendlich gab es so doch viel zu sehen und zu erleben, dass man sich gar nicht alles über die gesamte Reisezeit hin merken konnte, weil jeder Tag neue Höhepunkte brachte. Anhand meiner gesammelten Unterlagen, Fotos und Notizen werde ich jedoch das Wesentlichste und Interessanteste rekonstruieren können.

      Was ich nicht wusste ist, dass alle Nordlandrundreisen durch eine Agentur in Gießen zentral organisiert werden, die auf Jahre im Voraus die Hotel- und Fährschiffkontingente bucht und die Reisen an verschiedene Reiseunternehmen weiter verkauft, die solche Reisen aus eigener Kraft nicht zu diesem Preis anbieten könnten. Dafür ist an jedem Ort eine Reiseleitung aus Gießen wohnhaft und anwesend, die sich vorort um alles kümmern kann und oft genug auch muss. Diese Zentralisierung bringt es auch mit sich, dass man in allen Städten, an allen Sehenswürdigkeiten und Rastplätzen immer wieder denselben Bussen und Reisegruppen aus dem In- und Ausland begegnet, was jedes Mal ein großes Hallo gab, an den Hotelbuffets jedoch zu merklichen Engpässen führte.

      Der gewählte Veranstalter brachte es mit sich, dass alle Mitreisenden mindestens fünfzehn Jahre älter waren als ich. Dadurch gab es jedoch wenig Stress und Hektik, und ich wurde auch in keine gruppendynamischen Spielchen und ähnliches hinein gezogen, sondern verstand mich eigentlich mit allen anderen ganz gut, zumal ich nicht nur durch meine Kenntnisse in skandinavischer Geschichte und Geographie helfen konnte (in einigen Fällen war es sogar eher Anfängerschulung), sondern einigen sogar beibringen musste, wie man mit einer Digitalkamera und den damit erzielten Ergebnissen umgeht, obwohl ich doch eigentlich selbst als Nicht-Techniker bekannt bin. Außerdem war es eine angenehme Abwechslung zu den jungen angetrunkenen Prolls und Flegeln auf den Fußballtouren. Und es war wirklich ein positives Erlebnis feststellen zu dürfen, wie jung und fit ich doch eigentlich noch bin, während ich mich sonst oft so unendlich alt und verbraucht fühle! Die gelegentlich eingespielte Musik war erwartungsgemäß nicht mein Fall, aber dafür hatte ich ja meinen neuen mp3-Player mit reichlich Ersatzbatterien dabei.

      Der Bus war sehr komfortabel und auch für die Verpflegung war durch eine mitreisende 21-jährige Hostess gesorgt. Der Busfahrer kam aus Bayern und hatte neben Informationen und teils unglaublichen Reiseerlebnissen auch viele Witze zu erzählen, von denen einige tatsächlich für mich neu waren. Er machte diese Tour übrigens bereits zum neunzehnten Mal und wird direkt im Anschluss zum zwanzigsten Mal starten, gefolgt von einer neuntägigen Reise durch die norwegischen Fjorde! Ich kann jedenfalls nach fast 7.000 Kilometern auf Skandinaviens Straßen (hauptsächlich folgten wir den Europastraßen E4 und E6) erst einmal keine Busse mehr von innen sehen...

      Auf der Fahrt nach Norden konnte man beobachten, wie die Tage immer länger, die Straßen immer leerer und die Bäume immer kleiner wurden. Allen Ländern im Norden ist gemeinsam, dass es wenig Eisenbahnverkehr gibt und der Personen-, Fracht- und auch Postverkehr zwischen allen größeren Städten hauptsächlich durch häufig verkehrende zuverlässige Überlandbusse abgewickelt wird. Außerdem müssen alle Fahrzeuge immer mit Licht fahren, was aber auch in Deutschland bald so sein wird.

      Dafür können die Landschaften kaum unterschiedlicher sein: während in Finnland alles endlos flach geradeaus geht und sich riesige Wälder und Seen mit gelegentlichen meist roten Holzhäusern abwechseln, wird man in Norwegen von der Natur regelrecht erschlagen, denn dort ist alles gewaltig: gewaltige Berge und Gletscher fallen steil in gewaltige tiefe Fjorde mit klarem blauem oder grünem Wasser ab, während man unten ganz winzig in unzähligen Kurven drum herum fahren muss, weshalb die Rückfahrt durch Norwegen auch deutlicher länger ausgelegt war. Unter Europastraßen darf man sich in Norwegen keine vierspurigen Autobahnen vorstellen, sondern meist schmale schlecht gesicherte Landstraßen, auf denen vor allem die Lastwagenfahrer wie Verbrecher um die Kurven gedonnert kommen! Zu Dänemark und Schweden kann ich wenig sagen, denn davon haben wir eigentlich nur große Städte und die Autobahnen dazwischen gesehen. Von Norwegen habe ich erst einmal genug, aber von Finnland möchte ich gern noch mehr sehen. Nur die seltsame Sprache ist fürchterlich, vor allem aus dem Mund junger Damen.

      Eine Enttäuschung war für mich das Thema Sprache, denn ich wollte ordentlich und oft Englisch sprechen und zwar nicht nur, um nach Briefmarken oder Mineralwasser zu fragen. Doch wenn ich lostextete, stellte sich in den meisten Fällen heraus, dass ich es mit anderen Deutschen zu tun hatte oder mit Skandinaviern, die zeigen wollten, wie gut sie Deutsch sprechen können. Selbst der Zahnarzt auf den Lofoten konnte Deutsch, aber ich will ja nicht vorgreifen. Nur auf die Amerikaner ist Verlass, denn die wissen und halten ja bekanntlich wenig vom Rest der Welt. Unangenehm waren die Kontakte mit den auch im Norden allgegenwärtigen Japanern [Anm.: Nach den Erfahrungen auf späteren Reisen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es wohl eher Chinesen waren.], denn die drängeln sich überall vor und dazwischen ohne Rücksichtnahme auf Warteschlangen oder nicht-japanische Fotografen. Man könnte meinen, die Japse hätten den letzten Weltkrieg gewonnen! Dagegen waren die Norweger stets freundlich zu uns Deutschen, obwohl wir ihnen seinerzeit das halbe Land kaputt gemacht hatten, und die schon recht alte finnische Reiseführerin hat uns sogar ausdrücklich gedankt, weil wir ihr Land vor mehr als sechzig Jahren vor den Russen gerettet hatten!

      Ich komme nun zur Einzelwertung der bereisten skandinavischen Länder in verschiedenen Kategorien, wobei zu berücksichtigen ist, dass ich von Dänemark und Schweden deutlich weniger gesehen habe als von Finnland und Norwegen.

      Kategorie Wetter: Hierzu habe ich mich ja bereits anfänglich geäußert. Das war ziemlich einheitlich eine Katastrophe.

      Platz 1: nicht belegt

      Platz 2: nicht belegt

      Platz 3: Norwegen

      Platz 4: Dänemark, Schweden, Finnland

      Kategorie Hauptstädte: Hier ist die Bewertung deutlich momentspezifisch, wobei Kopenhagen sicherlich durch das schlechte Wetter erheblich an Punkten verloren hat. Die inoffiziellen Hauptstädte Rovaniemi von Lappland und Mariehamn von den Ălandinseln habe ich nicht aufgenommen, weil ich von diesen fast nichts gesehen habe. [Anm.: Stockholm habe ich erst auf einer weiteren Reise schätzen gelernt.]

      Platz 1: Oslo

      Platz 2: Helsinki

      Platz 3: Kopenhagen

      Platz 4: Stockholm

      Kategorie Hotels: Hier ist keine Länderwertung möglich, weil die Hotels einfach zu unterschiedlich waren und sich sowohl die besten als auch die schlechtesten Hotels in Norwegen befinden. Sehr wohl habe ich mich jedenfalls in dem einzigen dänischen Hotel gefühlt. Neu für mich war, dass in vielen der Hotels Chipkarten als Zimmerschlüssel fungierten und in einem Hotel damit sogar das Licht angeschaltet werden musste. Aufgefallen ist mir außerdem die Anzahl und Größe der Spiegel in den Hotelzimmern. Erstaunlich ist auch, wie viele unterschiedliche