Ricarda Huch

Ricarda Huch: Deutsche Geschichte – Untergang des Römischen Reiches Deutscher Nation – bei Jürgen Ruszkowski


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infolge des Todes seines geliebten ältesten Sohnes in Schwermut versunken gewesen war. Nicht nur die Fürsten im Reich, ganz Europa wurde durch die bevorstehende Kaiserwahl in Aufregung versetzt.

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      Jules Mazarin, eigentlich „Giulio Mazzarino“, er unterzeichnete aber bis zu seiner Übersiedlung nach Frankreich als „Giulio Mazzarini“, (* 14. Juli 1602 in Pescina, Königreich Neapel; † 9. März 1661 im Schloss Vincennes, Königreich Frankreich), war ein französischer Diplomat und Kardinal italienischer Abstammung, seit 1659 Herzog von Nevers und Rethel sowie von 1642 bis 1661.

       Mazarin, damals leitender Minister in Frankreich, hätte die Kaiserkrone am liebsten seinem König, dem jungen Ludwig XIV., zugewendet, allein er sah ein, dass das trotz aller Versprechungen, die die Kurfürsten ihm gelegentlich machten und die Karl Ludwig von der Pfalz vielleicht sogar ernst meinte, nicht durchzusetzen sein werde.

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      Karl I. Ludwig (Pfalz) Karl I. Ludwig (* 22. Dezember 1617 in Heidelberg; † 28. August 1680 bei Edingen) aus der pfälzischen Linie der Familie der Wittelsbacher.

      Da die Politik der deutschen Fürsten von jeher bezweckte, die Macht des Kaisers zu schwächen, hätten sie sich den größten Tort angetan, wenn sie den mächtigsten Monarchen Europas sich zum Herrn gesetzt hätten.

      Gegen Karl V., so gewaltig er war, hatten sie Frankreich aufbieten können; wer sollte sie vor einem Kaiser schützen, der zugleich König von Frankreich war? Wenn der König von Frankreich aber für sich selbst verzichten musste, sollte wenigstens ein von ihm abhängiger Kandidat die Krone erringen, und dazu ersah Mazarin den jungen Kurfürsten von Bayern, Ferdinand Maria. Ausnahmsweise aber verhielt sich Bayern ablehnend gegen Frankreich: unter dem Einfluss seiner Mutter, die eine österreichische Prinzessin war, und seiner Österreich freundlichen Räte verpflichtete sich der noch sehr junge Kurfürst, die Wahl nicht anzunehmen. Mochten auch hie und da Gedanken an ein protestantisches Kaisertum und an die Kurfürsten von Sachsen oder Brandenburg auftauchen, so waren das doch nur Träume ohne Folge. Es war wieder so, dass man aus Verlegenheit an dem verhassten Hause Habsburg hängen blieb. Sehr wichtig war es, dass die Kaiserwahl grade in die Zeit fiel, wo der Kurfürst von Brandenburg sich mit dem Kaiser gegen Schweden verbinden wollte und deshalb dem in Österreich regierenden Herrn seine Stimme nicht entziehen konnte. Der Kurfürst von Köln, ein Wittelsbacher, der seinen bayrischen Verwandten gewählt hätte, ließ sich, da dieser ablehnte, mit einer mäßigen Bestechungssumme, wie die Habsburger sie aufzuwenden pflegten, gewinnen. Mainz war umso eher geneigt, sich für Österreich zu erklären, als es ein Mittel hatte, noch über die Wahlkapitulation hinaus den Kaiser in Schranken zu halten, nämlich den Rheinbund.

       Wenn der König von Frankreich ihm beitrat, so hatte man, meinte der Erzkanzler des Reiches, ein Gegengewicht, das den Kaiser an seine Verpflichtung, Spanien nicht gegen Frankreich zu unterstützen, fest binden und dadurch den Frieden sichern würde. Er glaubte, trotz des Königs von Frankreich, die leitende Macht im Bunde zu bleiben und dadurch die ausschlaggebende Macht im Reich werden zu können, der Friedensbringer.

      Eine ganz uneigennützige Friedensliebe war von allen diesen Herren, auch von Johann Philipp von Schönborn, nicht zu erwarten. Den unersättlichen Geldhunger der deutschen Fürsten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts konnte nur Frankreich befriedigen. Ist es immer schwer, die ineinander verschlungenen Fäden des Guten und Bösen zu entwirren, so lässt sich auch nicht leicht beurteilen, wieweit Geldgier und wieweit vernünftige politische Gründe für die Handlungen der Fürsten maßgebend waren. Point d'argent point de Mayence pflegte man in Frankreich zu sagen. Alle fanden es selbstverständlich, dass sie für ihre Dienste gut bezahlt wurden. Die Kaiser wandten viel weniger auf Bestechung als die französischen Könige, teils weil sie kein Geld hatten, teils weil sie zu stolz waren, um sich die Anhängerschaft der Reichsstände zu erkaufen.

      In den Jahren 1658 bis 1666 traten dem Bunde nacheinander bei: Frankreich, Kur-Mainz, Kur-Köln, Schweden, Pfalz-Neuburg, Braunschweig, beide Hessen, Württemberg, Zweibrücken, der Bischof von Basel, der Bischof von Straßburg, Kur-Brandenburg, der Markgraf von Brandenburg. Der Kurfürst von Brandenburg war einer der letzten, der sich anschloss; nicht die Mitgliedschaft Frankreichs schreckte ihn ab, mit dem er ohnehin verbündet war, wohl aber die Mitgliedschaft Schwedens, dem er das fast schon eroberte Pommern wieder hatte herausgeben müssen.

       Es wäre ein Wunder gewesen, wenn so viele deutsche Fürsten sich längere Zeit miteinander vertragen hätten. Der Gegensatz zwischen Kurfürsten und Fürsten, zwischen Katholiken und Protestanten machte sich bald bemerkbar. Dass der Kurfürst von Mainz sich mit Hilfe französischer Truppen der protestantischen Stadt Erfurt bemächtigte, auf die er Ansprüche hatte, gab den Protestanten gerechten Anlass zum Unwillen. Es zeigte sich bei dieser Gelegenheit, welches eigennützige Interesse der Kurfürst an der Verbindung mit Frankreich hatte: er, der Friedensstifter, der so eifrig daran gearbeitet hatte zu verhindern, dass spanische Truppen den Reichsboden beträten, erlaubte sich, mit französischen Truppen den Frieden zu brechen.

      Übrigens war die Sorge, der Kaiser möchte trotz eingegangener Verpflichtungen Spanien gegen Frankreich unterstützen und dadurch das Reich in Krieg verwickeln, schon hinfällig geworden, als im Jahr 1659 der Pyrenäische Friede zustande kam und einen Krieg abschloss, der 24 Jahre gedauert hatte. Er entschied das Übergewicht Frankreichs in Europa und das endgültige Abgleiten Spaniens von der gebietenden Stellung, die es zur Zeit Karls V. und Philipps II. eingenommen hatte.

      * * *

      Ludwig und Leopold

       Ludwig und Leopold

      Bald nach dem Abschluss des Pyrenäischen Friedens starb Mazarin, der Nachfolger Richelieus, und an die Spitze Frankreichs trat der junge König Ludwig XIV. mit der Absicht, die Regierungsgeschäfte selbst in die Hand zu nehmen.

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      Ludwig XIV., französisch Louis XIV (* 5. September 1638 in Schloss Saint-Germain-en-Laye; † 1. September 1715 in Schloss Versailles)

      Er war der erste Monarch in Europa, der die neue Staatsrechtslehre von der Unteilbarkeit und Allmacht der Staatsgewalt bewusst und mit dem Einsatz einer starken Willenskraft verwirklichte. Er war durchaus kein Genie, aber erfüllt von Selbstbewusstsein und Ruhmsucht war er höchst geeignet, die Kräfte eines blühenden, geeinigten Landes in sich zusammenzufassen und blendend darzustellen. Die Art, wie er sich selbst als Idol setzte, so dass die persönliche Eigenart sich verflüchtigte, gab ihm etwas Starres; vielleicht aber war es gerade das, dass er mehr götzenhaft als gottähnlich war, was ihm damals und später so viele Bewunderer verschaffte.

      Der historische Gegner Frankreichs war der Kaiser. Karl V. hatte einst dem König Franz I. als Mensch und Fürst überlegen gegenübergestanden, Leopold stand in mancher Hinsicht hinter Ludwig zurück.

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      Kaiser Leopold I. (1672) Leopold I. (* 9. Juni 1640 in Wien; † 5. Mai 1705 ebenda), VI. aus dem Hause Habsburg, geboren als Leopold Ignaz Joseph Balthasar Franz Felician, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

      Er war so verschieden von ihm wie das bunte, mannigfaltige Völkerreich Österreich von dem geschlossenen Staat Frankreich.

      Als er im Jahr 1659 zur Regierung kam, war er erst 18 Jahre alt, eine äußerlich etwas kümmerliche Erscheinung. Er hatte nicht das blonde Haar, das eigentliche Kennzeichen der Habsburger, er war dunkel, und nur die außergewöhnlich dicke hängende Unterlippe, die unverschämt große Goschen, wie Karl Ludwig von der Pfalz sagte, konnte als Familienmerkmal angesprochen werden. Als jüngerer Sohn war er zum Geistlichen bestimmt und jesuitisch erzogen worden, seine natürliche Anlage zum Jähzorn, zum Selbstbewusstsein und zum Stolz hatte man unterdrückt.