Laurin J. Langmann

Morin, die Blume und der Traummacher


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jungen Mann, der erwartungsvoll zu ihm aufblickte. Eine Spur führte vom Abgrund bis zu der Stelle, wo der Fremde begonnen hatte, im Schnee nach Steinen zu buddeln.

      Der Traummacher öffnete das Fenster. Die beiden schwiegen. Erst jetzt bemerkte der Traummacher, wie erschöpft und dürr der Fremde wirkte, wie er schwankte. Ihm musste schrecklich kalt sein! Wie war er auf die Insel gekommen?

      Der Traummacher sah sich im Raum um und suchte nach etwas, was er dem Mann zuwerfen konnte. Das einzige, was sich dafür zweckentfremden ließ, waren die schweren Vorhänge, also riss er einen nach dem anderen Ab und verknotete die Ecken. Ob das halten würde?

      Das tat es, doch erkannte der Traummacher gleich darauf das nächste Problem: Der Mann war wirklich bis aufs äußerste erschöpft. Zu etwa einem Viertel konnte er sich hochziehen, dann blieb er kraftlos an dem improvisierten Seil hängen. Der Traummacher musste nachhelfen. Zuerst glaubte er fast nicht, es schaffen zu können, aber letztendlich stürzte der Fremde durch das Fenster herein und wurde zum Teil von den Vorhängen begraben. Er versuchte sich am Boden abzustützen und blickte zum Traummacher auf, doch dann drehten sich seine Augen verstörend langsam nach hinten, bis die Iris hinter den Liedern verschwand und sein Kopf schlug auf den Boden. Der Fremde war bewusstlos.

      Und der Traummacher war wach.

      Beware of the quiet ones.

      We hide our strength until we need it.

      Beware of the wild ones.

      We are unpredictable.

      Beware of the thinking ones.

      We can see clearly, but we talk in riddles.

      Beware of the dreaming ones.

      We don´t know any borders.

      Beware of the hoping ones.

      We will never give up.

      Das war nicht sein Name.

      Trotzdem bemerkte Morin, wie er erwartungsvoll angesehen wurde, als schuldete er jemandem eine Antwort. Noch während er zögerte, hörte er, wie ein anderer Mann an seiner Stelle antwortete. Er nutzte die Ablenkung und ging erneut durch den offenen Wintergarten in die Küche. Hinter ihm brachen die Leute am Tisch in Gelächter aus.

      „Soll ich noch etwas raustragen?“, fragte er und bekam von einer Fremden einen Brotkorb und einen Wasserkrug in die Hand gedrückt. Also ging er wieder hinaus und stellte Korb und Krug in die Mitte des gedeckten Tisches. Die Kinder begannen bereits zu essen, während die Erwachsenen noch in ihre Gespräche vertieft waren. Wieder hörte er einen Namen und wieder erwartete jemand eine Antwort. Er setzte sich und versuchte sich kurz zu halten, damit niemand den Betrug merkte.

      Er schlief in einem Bett, das nicht seines war, in einem Haus voll fremder Menschen, wurde einen Namen gerufen, den er nicht kannte und musste einer Arbeit nachgehen, von der er nichts verstand – und bisher hatte es niemand gemerkt. Er sollte überhaupt nicht hier sein, aber er wusste nicht, wie er wieder fortgehen konnte. Ein paar Mal hatte er es versucht, er hatte versucht, so viel Abstand wie möglich zwischen sich und diesem verdammten Ort zu bringen, aber immer, wenn er woanders schlafen ging, wachte er hier, in diesem Bett auf. Anscheinend hatte er den Platz von jemand anderem eingenommen, in einer Welt, die ihm kaum vertraut war.

      Hatte es mit der Leiche zu tun? Wahrscheinlich. Morin hatte sie in dem Zimmer im oberen Stock eingesperrt, da der Gedanke sie nochmal sehen zu müssen zu verstörend gewesen war. Wenn er sie frei ließ, würde sie dann wieder ihren Platz einnehmen, sodass er von hier verschwinden konnte? Würde sie das in ihrem Zustand schaffen? Und würde der erneute Tausch jemandem auffallen? Falls ja, wäre es dann zumindest nicht mehr sein Problem.

      „Was ist los mit dir?“, und wieder wurde dieser Name gesagt. Eine Frau hatte ihn angesprochen, eine Verwandte, hatte sie einmal behauptet, aber er hatte vergessen, wie sie zueinanderstanden. Die Familienfeier hätte eigentlich ganz nett sein können, wäre es seine Familie gewesen.

      „Alles in Ordnung?“, fragte eines der Kinder.

      Wenn man davon absieht, dass ich in einem Leben feststecke, dass nicht meines ist, mit Menschen die ich nicht kenne, während auf dem Dachboden eine atmende Leiche liegt, die wohl mein Vorgänger zu sein scheint? Dann ist alles bestens.

      Stattdessen zuckte er mit den Schultern und meinte: „Die Arbeit nervt.“

      Sie schienen sich mit der Antwort zufrieden zu geben und mehrere Personen begannen wieder durcheinander zu sprechen.

      Wie konnte er also von hier wegkommen? Jedes Mal, wenn er zu Bett ging, hoffte er, wo anders aufzuwachen – deshalb schlief er sehr, sehr viel – aber es funktionierte einfach nicht. Jemand – oder etwas? – hielt ihn hier fest.

      Wenn es also nicht gelang, an einem Ort aufzuwachen, an dem er sein sollte, so wollte er als nächstes versuchen, überhaupt nicht mehr aufzuwachen.

      Prinzessin!

      Folge deinem Weg.

      Vergiss Schwert und Schild nicht.

      Lege deine teuren Kleider ab - damit reist es sich nicht gut.

      Lass deine Gefolgschaft zurück - damit kämpft es sich nicht gut.

      Vergiss sowohl Ehre als auch Stolz zusammen mit deinem alten Leben - damit siegt es sich nicht gut.

      Der Weg wird lang und beschwerlich und dein Pferd wird dich nicht immer tragen können, aber es muss sein. Die Zeiten haben sich verändert. Die Prinzessin ist nicht mehr wert, gerettet zu werden.

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