Henry Rider Haggard

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      Henry Rider Haggard

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      Inhaltsverzeichnis

       Einleitung

       1 Ein Besucher

       2 Die Jahre vergehen

       3 Die Amenartasscherbe

       4 Die Bö

       5 Der Kopf des Aethiopiers

       6 Ein frühchristlicher Brauch

       7 Ustane singt

       8 Das Fest und was danach geschah

       9 Ein kleiner Fuß

       10 Betrachtungen

       11 Die Ebene von Kôr

       12 Sie

       13 Ayesha entschleiert sich

       14 Eine Seele in der Hölle

       15 Ayesha hält Gericht

       16 Die Gräber von Kôr

       17 Eine Wendung

       18 »Hinweg mit dir, Weib!«

       19 »Bringt mir eine schwarze Ziege!«

       20 Triumph

       21 Der Tote und der Lebende begegnen sich

       22 Job hat eine Vorahnung

       23 Der Tempel der Wahrheit

       24 Über die Schlucht

       25 Der Geist des Lebens

       26 Was wir sahen

       27 Wir springen

       28 Über den Berg

       Impressum

       Einleitung

      Bevor ich der Welt von einem der seltsamsten und geheimnisvollsten Abenteuer berichte, die je von Menschen erlebt worden sind, halte ich es für meine Pflicht, zu erklären, in welcher Beziehung ich dazu stehe. Vor allem möchte ich darauf hinweisen, daß ich nicht der Erzähler, sondern nur der Herausgeber dieser ungewöhnlichen Geschichte bin, und kurz schildern, auf welche Weise sie in meine Hände gelangte.

       Als ich vor einigen Jahren in einer Universitätsstadt, die ich für den Zweck dieser Geschichte Cambridge nennen will, bei einem mir befreundeten Professor zu Besuch weilte, fielen mir eines Tages auf der Straße zwei Herren auf, die Arm in Arm gingen. Der eine war, ohne Übertreibung, der hübscheste junge Mann, den ich je gesehen habe: hochgewachsen und stattlich, kraftvoll und anmutig. Hinzu kam, daß sein Gesicht nicht nur schön, sondern auch edel war, und als er vor einer vorübergehenden Dame den Hut zog, sah ich, daß dichte goldene Locken seinen Kopf bedeckten.

       »Du meine Güte!« sagte ich zu meinem Freund. »Dieser Mann sieht ja aus wie eine zum Leben erwachte Apollostatue. Welch herrliche Erscheinung!«

       »Ja«, erwiderte er, »er ist der schönste Mann von Cambridge und zugleich einer der liebenswürdigsten. Man nennt ihn den ›Griechengott‹. Doch sieh dir auch den anderen an; er ist Vinceys – so heißt der Gott – Vormund und angeblich ein sehr gescheiter Kopf. Er wird ›Charon‹ genannt – ob seines Äußeren wegen oder weil er seinen Schützling über die tiefen Wasser der Examen geleitet hat, weiß ich nicht.«

       Als ich ihn betrachtete, fand ich ihn auf seine Art nicht weniger interessant als den jungen Apoll an seiner Seite. Er war etwa vierzig Jahre alt und ebenso häßlich wie sein Begleiter schön. Er war ziemlich klein, hatte krumme Beine, eine breite, kräftige Brust und ungewöhnlich lange Arme, dunkles Haar und kleine Augen. Das Haar wuchs ihm tief in die Stirn hinein, und sein Bart reichte bis zum Haar hinauf, so daß von seinem Gesicht nicht viel zu sehen war. Alles in allem erinnerte er mich stark an einen Gorilla, und dennoch wirkte er überaus sympathisch und anziehend auf mich. Ich bat meinen Freund, mich ihm bekannt zu machen.

       »Aber gern«, erwiderte mein Freund, »nichts leichter als das. Ich kenne Vincey und will dich ihm gern vorstellen.« Er tat es, und wir standen eine Weile beisammen und unterhielten uns – soviel ich mich entsinne, über die Zulus, denn ich war vor kurzem erst aus Südafrika zurückgekommen. Kurz darauf näherte sich uns jedoch eine korpulente, von einem hübschen jungen Mädchen begleitete Dame, und Mr. Vincey, der die beiden anscheinend gut kannte, schloß sich ihnen an und entfernte sich mit ihnen. Bereits beim Nahen der Damen änderte sich in auffallender Weise die Miene des älteren Herrn, der, wie ich indessen erfahren hatte, Holly hieß. Er verstummte plötzlich, warf seinem Begleiter einen vorwurfsvollen Blick zu, wandte sich, mir kurz zunickend, ab und ging hinüber auf die andere Straßenseite. Wie ich später hörte, stand er in dem Ruf, Frauen ebenso zu fürchten wie andere Leute einen tollwütigen Hund, was seinen hastigen Rückzug zu erklären schien. Vincey hingegen schien dem weiblichen Geschlecht durchaus nicht abgeneigt; jedenfalls erinnere ich mich, daß ich damals lachend zu meinem Freund sagte, er sei nicht gerade ein Mann, den ich der Dame meines Herzens gern vorstellen würde, denn die Wahrscheinlichkeit, daß sie ihre Zuneigung ihm zuwenden könnte, sei doch überaus groß. Er sah einfach gar zu gut aus, und dabei fehlten ihm gänzlich jene Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit, welche die meisten hübschen Männer bei ihren Geschlechtsgenossen mit Recht unbeliebt machen.

       Mein Besuch endete an diesem Abend, und ich habe danach lange Zeit nichts von ›Charon‹ und dem ›Griechengott‹ gesehen oder gehört. Genauer gesagt, ich habe bis zu dieser Stunde keinen der beiden wiedergesehen und werde es wohl auch kaum. Vor einem Monat jedoch erhielt ich einen Brief und zwei Pakete, deren eines ein Manuskript enthielt, und als ich den Brief öffnete, sah ich, daß er die Unterschrift ›Horace Holly‹ trug – ein Name, der mir im ersten Augenblick nichts sagte. Der Brief hatte folgenden Wortlaut:

      »College, Cambridge, 1. Mai 18..