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Walter Brendel
Vom Pagen zum Premierminister
Der Sündenbock der Wettiner
Vom Pagen zum Premierminister
Walter Brendel
Der Sündenbock der Wettiner
Impressum
Texte: © Copyright by Walter Brendel
Umschlag: © Copyright by Walter Brendel
Verlag: Das historische Buch, 2021
Mail: [email protected]
Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH,
Berlin
Inhalt
Ist Brühl mehr als die Brühlsche Terrasse?
Karrieresprung mit Anfang dreißig
Mit alter Flagge unter neuem Kapitän
Brühl – Muster eines Staatsmannes von Augusts Gnaden
Persönlicher Abdruck eines Staatenlenkers
„Du weißt, anbetungswürdigstes Herz …“
Hubertusburg und seine Vorboten
Zehn Aktenfolianten
Gemeines Sächsisch Recht und Carolina
Wandel des gesellschaftlichen Ideals
Verfahren gegen Heineken und Konsorten
Kriminalverfahren gegen Staatsverbrecher
Der Prozess, der nicht stattfand
Glanz und Scheitern – dicht beieinander
Im Innern
Ist Brühl mehr als die Brühlsche Terrasse?
Heinrich Graf von Brühl, Kabinettsminister unter August dem Starken und Premierminister seines Nachfolgers Friedrich August II., zählt zu den bekanntesten, aber auch widersprüchlichsten Persönlichkeiten der sächsischen Geschichte. Sein Name wird oft mit Korruption, Misswirtschaft und Verschwendungssucht in Verbindung gebracht. Sein offizielles wie literarisches Bild erhielt im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte immer mehr negative Facetten, während sein wichtigster Gegenspieler, Friedrich der Große, glorifiziert wurde. So heißt es zum Beispiel in der „Deutschen Geschichte“, Bd. 1, S. 508: „Der gewissenlose Minister Brühl“ schädigte „das Land durch seine Misswirtschaft aufs äußerste“.
Wie war es möglich dass ein derart nachteiliges Porträt des ranghöchsten sächsischen Regierungsbeamten die Zeiten überdauerte?
Zunächst war da die Meinung des sächsischen Herrscherhauses selbst. Die bankrotte Staatskasse und der verlorene Siebenjährige Krieg hatten das Ansehen Sachsens gründlich ramponiert. Dass ein gekröntes Haupt keine Schuld daran tragen konnte, verstand sich von selbst. Auch das absolutistische Herrschaftssystem an sich konnte und durfte nicht in Frage gestellt werden. Also musste ein Schuldiger gefunden werden – und der hieß Brühl.
Zum Zweiten nahm Preußen starken Einfluss auf das öffentliche Bild von Brühl. Damit wollte man versuchen, das eigene Negativimage aufzupolieren, das sich durch den Überfall auf Sachsen ohne Kriegserklärung am 29. August 1756 die gnadenlose Ausplünderung des Landes und den darauf folgenden Handelskrieg herausgebildet hatte. Friedrich II. leitete bekanntermaßen eine Annexions- und Eroberungspolitik im großen Stil ein, die erst 1945 mit der Auflösung des Königreichs Preußen ihr Ende fand. Der schlechte Ruf Brühls hatte sich da allerdings in aller Ruhe bereits von Generation zu Generation weiterverbreiten können.
Dabei ist – zum Dritten – der Einfluss der Literaten nicht zu unterschätzen. Aus der Feder einer gewissen Rita Sonneck floss der Roman „Graf von Brühl Der Roman eines Mächtigen“, welcher 1920 beim Verlagshaus Bong/Berlin erschien. Von dem schlechten Schreibstil einmal ganz abgesehen, verharrte dieses Werk fern jeder historischen Wahrheit und hatte nur ein Ziel: Brühl weiter zu verunglimpfen. Fortsetzung der preußischen Geschichtsschreibung in der Literatur? Dieser Roman jedenfalls prägte besonders in der Weimarer Republik das Bild von Brühl und von Sachsen. Zum Glück ist er heute fast vergessen.
Ein weiterer Literat hatte sich zuvor schon an Brühl versucht, 111 Jahre nach dessen Tod, in seiner Wahlheimat Dresden: der Pole Józef Ignacy Kraszewski. Zweifellos einer guter Romancier, aber nicht mit dem Anspruch einer objektiven historischen Darstellung ausgestattet, hat Kraszewski insbesondere in seinen Romanen „Brühl“ und „Aus dem Siebenjährigen Krieg“ leider ein Zerrbild von Sachsen und Brühl gezeichnet.
Mit leichter Feder, lebenspraller Charakterzeichnung und spannungsreicher Handlung gelingt dem seit 1863 zunächst als politischer Flüchtling, danach als sächsischer Staatsbürger in Dresden lebenden Autor 1874 dann ein weiterer Band seiner Sachsen-Trilogie, bei einem großen Leserkreis bis heute beliebt. Die auf der Trilogie fußende DEFA-Produktion „Sachsens Glanz und Preußens Gloria“ mit Straßenfeger-Qualitäten schrieb – wenngleich aus einem anderen ideologischen Blickwinkel – dieses mitunter deutlich von den wahren Fakten und Begebenheiten abweichende Bild fort und in die Herzen und Hirne von neuen Generationen, und so tut man Brühl – wissentlich oder aus Unkenntnis – weiterhin unrecht.
Erst Ende des 20./Anfang des 21. Jahrhunderts