Andrea Shija'Estrana Wobmann

Ich rocke den Lake Viktoria!


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Strecke registriert und hat somit in fremdem Hoheitsgebiet geangelt! Wir müssen den Daladala wechseln. Die Polizei fährt mit dem Sünderbus zur Station. Oder bis um die Ecke, sofern das Schmiergeld stimmt? Hier folgt eine zweite Auseinandersetzung zwischen zwei Busguides, welche die Mzungu in ihrem Gefährt wollen. Tatkräftig, wie kleine Jungs raufen sie sich im Gras darum - eine ganz schöne Weile mit ganz schön Angeheuere! Als ich heiter eigens die Entscheidung fälle, geht die Partie zwischen den beiden parolenmässig an den zeitgleich frequentierten Halteplätzen lauthals weiter. Soviel Aufmerksamkeit!

      Dem nicht genug, werde ich ‘Opfer’ eines Verrückten. Es geschieht in derselben Aussenareal Marktstrasse, wo der Taschendieb hinter mir her war. Aus dem Augenwinkel heraus nehme ich rechts eine schmuddelig schwarz gekleidete, vollbärtig wuschelhaarige Kreatur wahr. Aaaii, reflexrichtig geduckt, kommt die Faust geschossen! „Eeehh“, klingt es aus den Marktfrauenmündern. Ich holpere im Zickzack über die ausgelegte Ware. Der Typ verfolgt mich schattenboxmässig auf mich einprügelnd! Crazy Gefühl, auch wenn’s von einem Verrückten kommt. Mein innerer Kampf wird folglich sein, diesen farbenprächtigen Weg zu meiden, zwei Winks genügen.

      Dem scheinbar nicht genug, werde ich ‘Opfer’ eines Verrückten. Es geschieht in der einen ungedeckten Marktstrasse, wo schon der Taschendieb hinter mir her war. Aus dem Augenwinkel heraus nehme ich rechts von mir eine schmuddelig schwarz gekleidete, vollbärtig wuschelhaarige Kreatur wahr. Aaaii, reflexrichtig ducke ich mich, als die Faust geschossen kommt! "Eeehh", klingt es aus den Marktfrauenmündern. Ich holpere etwas im Zickzack über die ausgelegte Ware. Der Typ verfolgt mich und prügelt schattenboxmässig auf mich ein! So crazy! Komisches Gefühl, auch wenn’s von einem Crazy kommt. Auf diese Art von Fights kann ich verzichten. Meine innere Auseinandersetzung wird folglich sein, diese farbenprächtige Strasse zu meiden, zwei Winks genügen.

      Da haben wir den kaum begonnenen, schon gewonnenen Kampf – zumindest die erste Runde. Mary und ich entdeckten bei der Tour mit dem deutschen Missionar Father George ein Bijou, welches sich hervorragend als Museum eignen würde. Eine unserer Ideen, was Mwanza (noch) fehlt. Diverse Erkundigungen ergeben uneinig, das Gebäude aus der deutschen Kolonialzeit sei verkauft, werde verkauft, soll abgerissen werden, wird abgerissen, wir hätten so oder so keine Chance, und und und blabliblabla. Als kurzfristig mal ein Meeting ausfällt, sprechen Mary und ich direkt beim City Council vor. Ideenzugänglich schickt er uns an eine Adresse gegenüber vom kolonialen Bahnhof (welcher bis vor zwei Jahren auch Personen beförderte). In einem eisfrierfachkaltgeblasenem Büro stossen wir desgleichen auf offene Ohren und erhalten eine konkrete Postadresse in Dar-es-Salaam. Ich schreibe eine lange Liste, mit ’why-a-museum’. Jetzt, nach unserem ersten schriftlichen Gesuch, steht es innert Wochenfrist schwarz-auf-weiss: Das Gebäude wird offiziell durch den tanzanischen Staat beglaubigt unter Denkmalschutz gestellt! Die Nutzung zum Museum ist greifbar nahe! Wow, so macht Kämpfen Spass!

      Zurück zu unserer Entdeckung ‘Museum’. Nach diversen Erkundigungen heisst es uneinig, das Gebäude aus der deutschen Kolonialzeit sei verkauft, werde verkauft, soll abgerissen werden, wird abgerissen und wir hätten so oder so keine Chance, und und und blabliblabla. Als kurzfristig darauf ein Meeting ausfällt, schnappe ich mir Mary. Wir sprechen direkt beim City Council vor. Der zeigt sich unerwartet zugänglich und schickt uns an eine Adresse gegenüber vom Bahnhof (welcher ebenfalls aus der deutschen Kolonialzeit original steht und bis vor ein paar Jahren nicht nur Güter transportierte). In einem eiskaltgeblasenen Büro stossen wir ebenfalls auf offene Ohren und erhalten sogar eine konkrete Postadresse in Dar-es-Salaam. Ich schreibe Mary eine lange Liste, mit „why-a-museum“. Und jetzt, nach unserem ersten schriftlichen Gesuch, haben wir es innert Wochenfrist schwarz-auf-weiss: Das Gebäude wird sogar offiziell durch den tanzanischen Staat beglaubigt und unter Denkmalschutz gestellt! Die Nutzung zum Museum ist greifbar nahe! Wow, so macht Kämpfen Spass!

      Father George zeigte uns sozusagen einen After-Workfight-Place, einen versteckten, deutschen Friedhof. Dort machen sich über hundertjährige Grabmäler von deutschen Soldaten, Admirälen und Schatzmeister aus. Father George kaufte starken Patex-Klebstoff, damit er, beziehungsweise ich, einige der zerfallenen Gedenktafeln zusammenfügen kann. Heutzutage ist der Ruheplatz den betuchten Mwanzaner vorbehalten - RIP inmitten in der Stadt kostet was.

      Eine noch bevorstehende Herausforderung ist vielleicht die, der MTTF meinen rockigen Brand für Mwanza zu verkaufen. Ich bin zuversichtlich, wie auch, dass es bald die ersten Postkarten von dieser anziehenden Gegend geben wird! Let's rock, noch fünf Monatszyklen Zeit.

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      Bukumbi und Kigongo Anfang Mai

      Bukumbi und Kigongo. Auf den Spuren der ersten Missionare Tanzanias, Potentialtest für Reisende. Father George wurde während meinem Geburtsjahr von Kenya nach südlich Tanzania versetzt. Seit einer handvoll Jahren lebt er in Mwanza. Der eifrige deutsche Missionar ist flott unterwegs in europäisch geschnittenen Afrikahemden; um den Hals baumelt ein kleines schlichtes Holzkreuz. Seit er von der MTTF erfuhr, ist er erpicht, uns alle Funde zu zeigen. Father George weiss wahrhaftig Wissenswertes, geschichtlich Spannendes zu erzählen. Zudem gibt es jeden Tag heiliggesprochene Christen, das zelebriert Father George ritualmässig, indem er ab Zenithstunde mit höchstem Genuss sein erstes Bierchen zu dessen namentlichen Ehren trinkt. Der noch quicklebendige Father Jesuit Professor James Spillane (Irländer, in Boston aufgewachsen, erworbene Nationalität Indonesier, seit 40 Jahren aktiv all-around-the-Globe) sowie die brighte Delphine (Uni-Teacherin, James Assistentin, a local one) sind heute mit von der Party. Auf dem Weg Richtung Bukumbi präsentiert sich steiles, weites verwinkeltes Felsplateau mit traumhaftem Panorama auf wie über Steinformationen, See und Natur. Diese leichte Klettertour wäre super mit vorherigem kurzen ’Baiskeli-’Tourteil anzubieten. Wir bräuchten vor Ort brauchbare Fahrräder. Mary freut sich aufs Radeln - ich mich auf die verstecke Picknicküberraschung zum Sunset.

      Besuch in einer Missionsstation, sie ruht ruhig, die Geistlichen flogen in die Districts aus. Trotzdem kommen wir in den soften Genuss von selbstgebackenem Cake. Dazu trinken wir gesegnetes Wasser (ohne Geist). Die historischen Geschichten muss Father George aufschreiben, da erzählt er Zuvieles am Stück. Geblieben ist, dass es die Schweizer wenn auch nicht erfanden, trotzdem von Anbeginn an dabei waren. 1878 traf die erste von zehn Karawanen der Afrikamissionare ’Weisse Väter’ ein. Tanzania war Durchgangsland nach Uganda sowie Kongo. Nachdem die Missionare darauf aus Uganda fliehen mussten, gründeten sie 1883 in Bukumbi die überhaupt erste Missionsstation in Tanzania. Die Sukuma hiessen die Weissen Väter wie selbstverständlich willkommen. In den Stammgebieten der Wasekuma und Wanyamwnzi entstanden in Iboja und Ushirombo Schulen. Die ersten grosszähligen Taufbewerber kamen aus der nördlichen Region Bukoba. Nebenbei: aus Bukoba stammt der erste schwarzafrikanische Kardinalpriester: Laurean Rugambwa wurde 1960 vom Papst Johannes XXIII dazu ernannt. Laurean Rugambwa ist clanseitig mit Mary verwandt.

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      Nun in einer kleinen achteckigen Kapelle schaue ich auf den Ehrengemälden den weissen Missionaren in die blauen Augen. Im Hauptkirchenschiff grüsse ich die andächtig stehende Virgin Maria mit Babyboy Jesus auf dem Rücken. Beide sind dunkelschwarz – als Kompromiss musste einfach eine ‘europäische’ Nase her.

      Einige Missionsgründer wurden, wie Brüder teils heute noch, innerhalb dieses Geländes begraben. In Stein gemeisselt lese ich vor den Namen ’Bruda’, heute würde wohl ’Bro’ stehen. Father George besteht darauf, dass beim Ausdruck ‘weisse Väter’ die Hautfarbe keine Rolle spielt. Dieses Thema sei annodazumal in (Nord/Schwarz)Afrika, keines gewesen. Die Namensgebung geht daher hervor, weil die Missionare lange helle Gewänder trugen!

      Neben Geschichten und Blumen in Weiss und vollendeten Formen zäumen den heutigen Weg leuchtende Kinderaugen: Knallbunte Luftballone sind das beste Mitbringsel!

      In Kigongo begrüsst uns die verarmte Chieffamilie. Sie zeigt uns ihr kleines grosses Reich. Als sein Vater urplötzlich verstarb, bekam das heute 81-jährige Oberhaupt mit unvorbereiteten 18 Lenzen das Zepter in die Hand gedrückt,