hörte einen schlurfenden Schritt aus dem Flur und ein alter Mann, vom Alter gebeugt, mit einem langen weißen Bart betrat den Raum.
„Wir haben keine Betten für Fremde“, rief er in einem lauten und aggressiven Tonfall. „Hat Ihnen das meine Frau nicht gesagt? Wir vergeben keine Zimmer hier.“
„Wenn das der Fall ist, sollten Sie keinen Wegweiser am Ende des Pfades aufstellen“, entgegnete ich. „Ich bin nicht in der Stimmung, noch einmal acht Meilen durch unbekanntes Gelände zu laufen, um einen anderen Unterschlupf zu finden. Können Sie mich nicht irgendwie unterbringen?“
„Ich habe dem Gentleman alles erzählt, Sam“, sagte seine Frau. „Er ist genauso wie der junge Mr. Wentworth und fürchtet sich kein bisschen.“
Der alte Wirt kam näher und schaute mich an.
„Passen Sie gut auf,“ sagte er, „Sie bleiben auf eigenes Risiko. Ich möchte Sie nicht hier haben, und meine Frau auch nicht. Also ja oder nein?“
„Ja“, sagte ich.
„Es gibt nur ein Zimmer, in dem Sie schlafen können.“
„Ein Zimmer ist ausreichend.“
„Es ist das, in dem Mr. Wentworth gestorben ist. Wollen Sie nicht lieber Ihre Sachen nehmen und gehen?“
„Nein, ich werde bleiben.“
„Dann gibt es nichts mehr zu sagen.“
„Lauf, Liz“, sagte die Frau, „und zünde den Kamin im Salon an.“
Das Mädchen verließ den Raum und die Frau nahm eine Kerze in die Hand und sagte, sie würde mir die Kammer zeigen, in der ich schlafen sollte. Sie führte mich einen langen engen Flur entlang und öffnete eine Tür. Zwei Stufen führten in den eigenartigsten Raum hinunter, den ich je gesehen hatte. Die Wand war komplett rund und mit einer grotesk gemusterten Tapete ausgekleidet. Ein schmales Bettgestell aus Eisen fand sich in der Mitte und der Boden war bis auf eine kleine Fußmatte neben dem Bett blank. Ein billiger Waschplatz, zwei Stühle und ein kleiner Tisch mit einer stumpfen Glasplatte standen an der Wand neben einer tiefen Schießscharte, die das Fenster bildete. Der Raum befand sich offensichtlich in einem der Rundtürme. Ich hatte noch nie ein weniger einladendes Quartier bezogen.
„Ihr Abendessen wird sofort fertig sein, mein Herr“, sagte die Frau und stellte die Kerze auf den kleinen Tisch, bevor sie mich alleine ließ.
Dieser Ort fühlte sich klamm und zugig an. Die Flamme der Kerze flackerte und brachte den Talg einseitig zum Schmelzen. Es gab keinen Kamin im Zimmer und oben verjüngten sich die Wände zu einem Punkt hin, was dem ganzen Raum den Anschein eines riesigen Trichters gab. Ich machte mich kurz frisch, so gut es mir gelang, und ging in den Salon. Dort stand ich beim Feuer, dass nur ärmlich brannte, als sich die Tür öffnete und das Mädchen Liz hereinkam, ein Tablett in der Hand. Sie stellte es auf den Tisch und näherte sich mit leisen Schritten.
„Nur Narren kommen in dieses Haus“, sagte sie, „und Sie sind einer von ihnen.“
„Lass mich bitte mein Abendessen einnehmen, ohne zu reden“, antwortete ich. „Ich bin müde und hungrig und möchte zu Bett gehen.“
Liz stand für einen Moment völlig still.
„Das ist es nicht wert“, erwiderte sie wie zu sich selbst. „Nein, das ist es nicht wert. Aber ich sage nichts mehr. Die Leute nehmen meine Warnungen nie an!“
Die Stimme ihrer Großmutter, die sie rief, veranlasste sie, aus dem Raum zu eilen.
Mein Abendessen war besser als erwartet. Nachdem ich es beendet hatte, wanderte ich in die Küche in der Hoffnung, ein weiteres Gespräch mit dem alten Mann führen zu können. Er saß alleine am Feuer, ein riesiger Mastiff lag zu seinen Füßen.
„Können Sie mir sagen, warum man dem Haus nachsagt, es sei verflucht?“, fragte ich plötzlich, während ich mich zu ihm hinunterbeugte.
„Woher soll ich das wissen?“, fragte er heiser. „Das Weib und ich, wir sind seit zwanzig Jahren hier und haben nie etwas gehört oder gesehen, außer dass bestimmte Leute im Haus gestorben sind. Das ist ziemlich unangenehm für mich, denn sowohl Ärzte als auch der Gerichtsmediziner kommen hierher und es gibt unzählige Verhöre und viel Wirbel. Die Leute sterben, obwohl niemand Hand an sie gelegt hat. Die Ärzte können nicht herausfinden, warum sie tot sind, aber sie sind tot. Nun, es macht keinen Sinn noch mehr zu erzählen. Sie sind hier und vielleicht überstehen Sie die eine Nacht ja heile.“
„Ich sollte gleich zu Bett gehen“, sagte ich, „aber ich hätte gerne ein paar Kerzen. Könnten Sie mir welche geben?“
Der Mann drehte sich um und schaute zu seiner Frau, die gerade in die Küche gekommen war. Sie ging zur Kommode, öffnete eine Holzkiste und legte mir drei oder vier Talgkerzen in die Hand. Ich stand mit einem demonstrativen Gähnen auf.
„Gute Nacht, mein Herr“, sagte der alte Mann, „Gute Nacht. Ich wünsche Ihnen alles Gute.“
Einen Moment später war ich auf meinem Zimmer und schloss die Tür. Ich unterzog es einer gründlichen Untersuchung. Sofern ich auf den ersten Blick erkennen konnte, gab es keinen anderen Zugang außer der Tür, die passend zu der runden Wand geformt war. Ich bemerkte jedoch einen minimalen Luftzug und fand schließlich heraus, dass er hinter der eichenen Wandvertäfelung hervorkam. Ich konnte zunächst keine Ursache für den Luftzug entdecken, aber er war auf unangenehme Weise da. Ferner fiel mir auch, dass das Bett recht eigenartig war. Es hatte nicht, wie üblich, Rollen an den vier Beinen, stattdessen waren diese etwa einen halben Inch in dafür gedachte Sockel im Holzboden eingelassen. Diese Entdeckung erweckte weiteres Misstrauen in mir. Es war offensichtlich, dass das Bett dazu gedacht war, in einer bestimmten Position zu bleiben. Ich sah, dass es direkt zu dem kleinen, tief in der Wand versunkenen Fenster zeigte. Als ich auf die Uhr schaute, stellte ich fest, dass es bereits nach elf war, und platzierte zwei Kerzen auf einem kleinen Tischchen neben dem Bett. Dann legte mich hin, ohne zuvor meine Kleidung abzulegen. Ich lauschte gespannt, um auch nur das leiseste Geräusch zu erhaschen, aber die Stunden vergingen und nichts geschah.
Im Haus war alles still und von draußen konnte ich deutlich das Wasser hören, wie es über das Mühlrad plätscherte.
Ich lag die ganze Nacht wach, aber als die Morgendämmerung hereinbrach, fiel ich in einen unruhigen Schlaf. Ich erwachte vom grellen Tageslicht, dass durch das schmale Fenster hereinfiel.
Nach einer schnellen Morgentoilette machte ich einen Spaziergang und begab mich anschließend zum Frühstück. Dieses war für mich in der großen Küche vorbereitet worden und der alte Mann saß beim Ofen.
„Nun“, sagte die Frau, „ich hoffe, Sie haben gut geschlafen, mein Herr.“ Ich bejahte und mir fiel auf, dass der alte Bindloss und seine Frau jetzt wesentlich besser gelaunt waren. Sie sagten, dass ich, wenn ich mit dem Zimmer zufrieden sei, eine weitere Nacht im Gasthaus bleiben könne. Ich verriet ihnen, dass ich eine Menge Fotos aufnehmen müsse und mir das sehr gelegen käme. Während ich sprach, sah ich mich nach dem Mädchen um, Liz. Sie war nirgends zu sehen.
„Wo ist Ihre Enkeltochter?“, fragte ich die alte Frau.
„Sie ist den Tag über unterwegs“, war die Antwort. „Es ist zu viel für Liz, Fremde zu treffen. Sie regt sich auf und dann bekommt sie Anfälle.“
„Was für Anfälle?“
„Ich kann Ihnen nicht sagen, wie man sie nennt, aber sie sind übel und schwächen sie. Armes Ding! Liz darf sich nicht zu sehr aufregen.“ An dieser Stelle warf Bindloss seiner Frau einen warnenden Blick zu. Sie schaute zu Boden und ging auf die andere Seite des Raumes, um etwas in einem Topf umzurühren.
Am Nachmittag lieh ich mir, unter dem Vorwand, Hechte angeln zu wollen, ein paar Schnüre von Bindloss und außerdem ein altes Boot, das am Ufer des Mühlweihers festgemacht war. Das Wetter war perfekt für diese Zeit des Jahres.
Auf meine Gelegenheit wartend, steuerte ich mit dem Boot das Ufer des Dammes an, der den Weiher vom Fluss trennte, und ging