Aber warum nicht? Was war der Grund?
Barry und Laurel kannten sich jetzt schon sechs Jahre und seit fünf Jahren waren sie ein Paar. Sie lernten sich in der Firma von Barrys Vater kennen. Laurel bewarb sich damals als Reisejournalistin. Als Barry ihr, im Büro seines Vaters, bei ihrem Vorstellungsgespräch begegnete, war er sofort von ihr fasziniert. Laurel hatte eine ganz besondere Ausstrahlung, was ihm nicht entgangen war. So sorgte Barry mit dafür, dass sie die Stelle bekam. Er suchte gerade nach einer neuen Partnerin, die mit ihm auf Reisen ging. Vorher war er öfter mit Carolina unterwegs, doch als er Laurel sah, wollte er sie unbedingt als neue Partnerin. Die Firma seines Vaters war bekannt für tolle, ausführliche und spannende Broschüren und Bücher über Reisen, neue besondere Reiseziele und Kurztrips in die ganze Welt, die mit außergewöhnlichen Fotos versehen waren. Barry war ein hervorragender Fotograf und er hatte schon mehrere Preise mit seinen Bildern gewonnen, die wirklich etwas ganz besonderes waren. Jedem Betrachter viel das sofort auf. Er hatte ein Händchen dafür, das Licht und die Farben einzufangen, so dass jedes Foto eine, für
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die Betrachter, besondere Ausstrahlung hatte. Nach ein paar Wochen nahm Barry Laurel zum erste mal mit auf eine Reise. Sie hatte sich vorher schon durch sehr gute Berichte dafür qualifiziert. Auf dieser Reise kamen sie sich dann zum ersten mal näher. Als Laurel zum ersten mal seine Fotos sah, war sie sofort begeistert. Und Barry fand ihre Reiseberichte und Informationen hervorragend. Sie waren ein echt gutes Team, was auch der Firma zu Gute kam. Nach einem Jahr zogen sie zusammen in eine Wohnung. Da Barry viele Freunde hatte, die alle ungefähr in seinem Alter waren, lernte auch Laurel sie nach und nach kennen. Sie freundete sich mit ihnen an. Aber viel Zeit für die Freunde blieb ihnen nicht. Barry und
Laurel waren viele Monate unterwegs und wenn sie zu Hause waren, musste das Buch, mit den dafür vorgesehenen Fotos und Berichte über die Reise, fertiggestellt werden. Die nächste Reise war da schon wieder in Planung. So sah man die Freunde nur selten. In ihrer Abwesenheit änderte sich ständig etwas in deren Leben. So staunten sie jedes mal darüber, wenn einer ihrer Freunde ihnen freudestrahlend mitteilte, dass sie Nachwuchs erwarteten. Als sie diesmal von ihrer Reise zurückkamen und bei David und Katie eingeladen wurden, waren beide wirklich überrascht, dass Katie wieder schwanger war und ihr zweites Kind erwartete.
So richtig konnte Laurel es nicht verstehen, dass Barry sich so gegen Kinder wehrte. Er ist ja selbst in einer glücklichen Familie, mit seiner jüngeren Schwester Lexi, aufgewachsen. Es war ja nicht so, als würde Barry nie Rücksicht auf jemanden nehmen. Ganz im Gegenteil. Er nahm stets Rücksicht auf sie, auf seine Eltern und seine jüngere Schwester. Als diese vor einiger Zeit diesen Autounfall hatte und im Krankenhaus lag, verschob er sogar die Reise und saß jeden Tag an ihrem Bett, bis es ihr wieder besser ging. Er war nicht rücksichtslos. Barry war ein liebevoller, fürsorglicher Sohn, Bruder und Lebensgefährte. Warum aber sträubte er sich so dagegen, einmal selbst Kinder zu haben? Laurel konnte es nicht nachvollziehen. Damals waren sie beide noch sehr jung, als sie sich so entschieden. Aber mittlerweile waren Jahre vergangen und sie spürte, dass diese Entscheidung ein Fehler war. Irgendwann, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war, musste Laurel mit Barry nochmal darüber reden. Vielleicht änderte er seine Meinung ja doch. Immer wieder dachte sie in letzter Zeit an ihre eigene Familie. Sie wuchs mit vier Geschwistern auf, zwei Brüdern, die älter als sie waren und zwei jüngere Schwestern. Ihre Brüder hatten jeweils schon zwei Kinder. Deshalb konnten sie erst recht nicht verstehen, als sie davon erfuhren, dass sich Laurel gegen Kinder entschieden hatte. Auch ihre Schwestern schüttelten nur den Kopf, zumal sie sich erinnerten, dass Laurel früher ständig von Kindern sprach. Sie mochte Kinder und sie fand es zu Hause immer lustig, mit so vielen Geschwistern. Es gab nie
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Langeweile. Alle verstanden sich sehr gut und hielten fest zusammen. Sie hätte es sich nicht vorstellen können, ohne Geschwister aufzuwachsen. In ihrem Elternhaus war immer was los, aber ihre Eltern hatten die Ruhe weg. Wenn es einmal Streit gab, was ab und zu vorkam, wurde sofort der Familienrat einberufen. Alle setzten sich dann an einen Tisch und klärten die Angelegenheit. An diese wunderbare Zeit musste Laurel nun immer öfter denken.
„Lass uns zu Bett gehen, mein Liebling. Es ist schon spät“, legte Barry den Arm um Laurel und zog sie mit sich.
„Was hast du vor? Du schaust so eigenartig?“, lächelte sie ihn verliebt an.
„Das wirst du schon sehen. Lass dich überraschen. Ich möchte dafür sorgen, dass du nichts vermisst. Ich liebe dich.“
Mit diesen Worten hob er sie hoch und trug sie ins Schlafzimmer. Nein sie wollte und konnte nicht auf ihn verzichten. Das wurde ihr wieder klar. Vor allem, nach dieser Nacht. Laurel konnte sich ein Leben ohne Barry einfach nicht vorstellen. So beschloss sie das Thema Kinder auf Eis zu legen. Sie wollte mit Barry zusammen sein. Vor langer Zeit hatten sie eine Entscheidung getroffen. Dabei sollte es bleiben. Oder? Hatte sie sich nur wegen Barry so entschieden, oder war es ihr eigener Wunsch? Zweifel plagten sie.
„Guten Morgen, Süße“, weckte Barry sie mit Küssen.
„Guten Morgen, Barry“, strahlte sie ihn an.
„Habe ich deine Zweifel beseitigt?“, fragte er.
„Das hast du. Es war falsch überhaupt darüber nur nachzudenken.“
„Hast du Hunger? Ich habe uns Frühstück gemacht.“
„Bist du etwa schon länger auf?“, staunte Laurel.
„Ich konnte nicht mehr schlafen, da dachte ich, dass ich dich mit einem leckeren Frühstück überrasche“, lächelte er.
„Du bist einfach fantastisch. Oh, ja, ich habe Hunger. Ich springe noch schnell unter die Dusche“, umarmte sie ihn.
„Weißt du, was ich mir überlegt habe?“, schaute Barry sie an, als sie mit nassen Haaren in die Küche kam.
„Nein? Du wirst es mir sicher gleich sagen.“
„Du siehst zum Anbeißen aus“, kam er auf sie zu.
„Das war es aber nicht, was du dir überlegt hast?“, grinste sie.
„Nein. Wir laden heute alle unsere Freunde ein. Was hältst du davon?“
„Willst du das wirklich? Ist es nicht etwas kurzfristig? Hast du nicht die Befürchtung, dass alle wieder von ihren Kindern sprechen?“
„Kann schon sein, aber, dass ist egal. Wir beide wissen, was wir wollen.“
„Wenn du das sagst. Warum heute?“, stellte sie ihm die Frage.
„Na, viel Zeit bleibt uns nicht mehr. In drei Tagen gehen wir wieder auf Tour. Bevor noch etwas anderes dazwischen kommt, wäre es schön, uns von ihnen zu verabschieden. Meinst du nicht auch?“
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„Das ist eine schöne Idee. Aber, sie kommen doch immer mit zum Flughafen?“
„Stimmt. Aber da ist nie genug Zeit. So können wir noch länger miteinander reden.“
„Was hast du vor?“, wollte sie wissen.
„Wir grillen. Das Wetter ist noch super und wir haben eine große Terrasse, da ist genug Platz für alle.“
„Ok. Jeder kann etwas mitbringen. Wir kümmern uns um das Grillgut. Ich rufe nachher alle an. Aber jetzt lass uns frühstücken. Mir knurrt schon der Magen“, lächelte sie ihn an.
„Ich freue mich schon auf heute Nachmittag und auf unsere nächste Reise“, nickte Barry zufrieden.
Laurel beobachtete ihn ganz genau. Ja, Barry war mit diesem Leben zufrieden und glücklich, dass sah man ihm an. Er war jemand, der nie still sitzen konnte. Barry war immer in Bewegung. Ein Leben, nur an einem Ort, würde ihn unglücklich machen. Es kam ihr manchmal so vor, als wäre er auf der Suche. Aber nach was? Er hatte alles, einen tollen Beruf, eine wunderschöne Wohnung, konnte ständig auf Reisen gehen und war mit ihr, Laurel, glücklich zusammen. Was fehlte in seinem Leben noch?
„Was ist los? Warum siehst du mich