den Jungen gehörig durch.
"Mach endlich den Mund auf, sonst kannst du was erleben!"
"Ich - ich weiß nichts!", japste Mark und spürte dabei, wie ihm langsam die Luft knapp wurde.
"Lassen Sie meinen Freund los!", schrie Tom und packte den Verbrecher mutig an den Armen.
Doch dieser schüttelte Tom wie ein lästiges Insekt ab, sodass der Junge einige Schritte nach hinten geschleudert wurde und unsanft am Boden landete.
Schnell rappelte sich Tom wieder auf, wollte erneut seinem besten Freund beistehen, doch nun handelte der Unheimliche mit tödlicher Entschlossenheit. Er ließ Mark los und holte aus seinem Gürtel ein langes, blitzendes Messer!
"Also gut, ich kann auch anders!", schäumte der Mann, und seine Augen funkelten noch gefährlicher als je zuvor. "Eigentlich ist es völlig egal, was ihr beide gehört habt. Denn sterben müsst ihr sowieso! Ich kann keine Zeugen gebrauchen. Das werdet ihr sicher verstehen!"
Und schon holte der Unheimliche aus.
Das Messer reflektierte einen grellen Sonnenstrahl.
Mark und Tom wussten, dass es jetzt um Bruchteile von Sekunden ging.
Kapitel 3
Noch ehe die Hand mit der Waffe heruntersausen konnte, trat Mark zu.
Der Unheimliche heulte auf, krümmte sich vor Schmerzen.
"Los, nichts wie weg!", stieß Tom hervor, und nun nahmen die beiden Freunde ihre Beine in die Hand.
Sie jagten über den verdreckten Hinterhof, an den Mülltonnen vorbei hinaus auf die verlassene Straße.
Der Verbrecher folgte ihnen fluchend.
Mark und Tom rannten so schnell wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Vorbei an verrosteten Peitschenleuchten, die verbogen am Straßenrand standen, und an Plakatwänden entlang, die mit Tusche besprüht waren.
Die Angst saß ihnen im Nacken.
Ihr Verfolger ließ nicht locker. Er rannte ebenso schnell wie die beiden Freunde.
Mark kam eine rettende Idee! Als er zusammen mit Tom gerade einige Mülltonnen passiert hatte, die am Gehsteigrand standen, blieb er plötzlich stehen, warf einen kurzen Blick nach hinten und stieß dann eine um, dass sie scheppernd zu Boden krachte.
Gerade in dem Moment, als ihr Verfolger heran war.
Der Unheimliche konnte nicht mehr ausweichen und stieß mit voller Wucht dagegen. Ein röhrender Schrei erklang. Der Mann ging zu Boden. "Los, weiter!", drängte Mark, und die beiden Freunde setzten die Flucht fort.
Die Aktion hatte ihnen wieder wertvolle Sekunden Vorsprung verschafft.
Tom blickte kurz zurück.
Der Unheimliche war gerade dabei, sich aufzurichten. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
"Hier durch!", befahl Mark und deutete auf einen schmalen Hausdurchlass. Die beiden Freunde tauchten weg von der Straße, liefen durch einen modrig riechenden Gang und erreichten eine Querstraße.
Im Zickzackkurs ging es weiter, an ausgebrannten Häusern vorbei, bis sie plötzlich eine andere Gegend erreichten.
Hier gab es Menschen!
Sie wohnten in baufälligen Buden, die sie besetzt hatten. Die meisten lebten illegal in New York, stammten aus verschiedenen südamerikanischen Ländern.
Ein paar alte, fast schon schrottreife Autos standen am Straßenrand. Musik hallte aus unzähligen Lautsprechern auf die Straße. Heiße, südländische Rhythmen.
Dazwischen hörte man das Geschrei einiger Kinder und das lautstarke Gezänke der Erwachsenen.
Coladosen lagen verstreut auf der Straße.
Mark und Tom verhielten schnaufend. Die Anstrengung hatte ihre Gesichter gerötet. Ihre T-Shirts waren schweiß-durchnässt. Die Angst saß ihnen noch in den Knochen. Doch zugleich hatten sie das Gefühl, das Ärgste überstanden zu haben.
Den Unheimlichen hatten sie abgehängt.
Durch ihr Kreuz- und Querlaufen musste ihr Verfolger die Orientierung verloren haben.
Meinten sie ...
Und sie hielten Ausschau nach einem fahrbaren Untersatz, damit sie von hier fortkommen konnten. Hinein in die City, hinein ins pulsierende Leben der Innenstadt.
Dort, wo sie zuhause waren, wo ihre Eltern wohnten ...
Wo alles ruhig und geordnet zuging. So ruhig und geordnet, dass die beiden Freunde manchmal aus ihrem goldenen Käfig ausbrachen und das Abenteuer suchten.
Ein dunkelgrüner Buick näherte sich mit quietschenden Stoßdämpfern. Dicke Rußwolken stoben aus dem knatternden Auspuff.
Mark hob die Hand. Der Wagen hielt.
Ein junger Mann saß hinter dem Steuer. Eine modische Lederjacke bedeckte seinen Oberkörper.
Die Freunde baten darum, mitgenommen zu werden.
"Okay, steigt ein, Jungs!", sagte der Fahrer, und Mark öffnete die Beifahrertür. Aufseufzend ließ er sich in die weiche Polsterung sinken. Aus den Augenwinkeln heraus nahm er dann etwas wahr, was ihm das Blut in den Adern förmlich gefrieren ließ!
Der junge Mann hinter dem Lenkrad trug unter seiner Lederjacke ein schwarzes T-Shirt!
Und darauf leuchtete ein Totenkopf!
Der gleiche, den der Unheimliche auf seinem T-Shirt gehabt hatte!
Mark drehte sich um.
Sein Freund war gerade dabei, in den Fond zu steigen, wo eine bunt karierte Decke lag.
"Nicht, Tom!", schrie Mark gellend, der mit einem Mal erkannte, in welcher Gefahr sie beide schwebten.
Die bunt karierte Decke flog zur Seite, und darunter richtete sich ein Mann auf, der sich hier versteckt hatte.
Der Unheimliche!
Noch ehe Tom zurückweichen konnte, hatte ihn der Mann gepackt und zerrte ihn mit aller Gewalt ins Innere des Wagens.
Der Fahrer gab Gas. Aufheulend schoss der Buick davon. Reifen quietschten. Mark war nicht mehr dazugekommen, die Tür auf der Beifahrerseite zu öffnen. Zu schnell war alles gegangen.
Tom wehrte sich, aber der Unheimliche drückte den Jungen brutal nach unten.
Dabei lachte er scheppernd. Der Buick raste dahin, tauchte immer wieder in Schlaglöcher ein, dass der Wagen ächzte und krachte. Die beiden Freunde wurden wie wild durcheinandergeschüttelt.
Schmerzhaft knallte Mark mit seinem Kopf gegen das Wagendach, das nur mehr aus dem bloßen Blech bestand. Und dann drückte es ihn wieder in den weichen Sitz hinein.
Die Höllenfahrt begann ...
Kapitel 4
Der Buick näherte sich immer mehr dem Harlem River, der die Grenze zwischen der Bronx und Manhattan bildete, und kam somit der City von New York immer näher.
Die Elendsviertel mit den ausgebrannten Häuserruinen lagen weit zurück. Hier zeigte sich New York von seiner besten Seite. Riesige Schaufensterfronten säumten die Straßen, und der Verkehr nahm immer mehr zu.
Der Fahrer mit der Lederjacke drosselte die Geschwindigkeit des klapprigen Wagens.
Bei einer Ampel, die auf Rot stand, wollte Mark die Gelegenheit zur Flucht nutzen.
Doch die hämische Stimme des Unheimlichen hielt ihn zurück.
"Ich an deiner Stelle würde lieber hier bleiben. Denn sonst geht es deinem Freund an den Kragen!"
Mark blickte sich um.
Sein Freund